Cruel World
sondern er deutete ständig nach oben zu den dichten Blättern der Bäume und fragte mich, ob ich jemals dies und das Tier gesehen habe. Ich verneinte das meiste, weil diese Wesen, die uns mit ihren gelben Augen nur stumm anschauten, eine Ähnlichkeit mit Affen hatten. Allerdings fehlten ihnen der Schwanz hinten und sie besaßen furchtbar große Ohren. Außerdem sprangen sie nicht, nein sie
flogen
mit ihren kleinen, dünnen Engelsflügeln durch die Lüfte. Es sah magisch und faszinierend aus und machte mir aber auch irgendwie Angst. Ich wusste nicht, was für Wesen das waren, während Cooper alle verschiedenen Namen in einem Zug hinunter ratterte. Ein paar mal huschten schwarze Schatten an uns vorbei, die mich so dermaßen erschreckten, dass ich beschloss, Coopers Arm nicht mehr loszulassen. Er erklärte mir sanft, dass das die Geister der Dunkelheit waren. Sie konnten im Tageslicht nicht gesehen werden. Nur, wenn es dunkel war, waren alle nichtmenschlichen Wesen in der Lage sie zu erkennen. Es verwirrte mich ein paar mal, dass meine Augen dazu imstande waren, obwohl ich doch keine Unsterbliche mehr bin. Cooper war der Meinung, dass in meiner Seele die Wahrheit über mich nicht genommen werden konnte. Das war weder Aaran, noch sonst irgendjemand anderem möglich. Ein bisschen beruhigend war das schon.
Ich sah hinauf und erkannte den Mond, der immer wieder von den grauen Wolken und dem Nebel verdeckt wurde. Was für ein Glück, dass ich einen Krieger bei mir hatte, der mich beschützen kann.
Cooper schien überhaupt keine Angst zu haben. Im Gegeteil - er rief sogar eines dieser merkwürdigen Affen nach unten, das sofort hinuntersprang und direkt vor meinen Füßen landete.
Kreischend sprang ich einen Schritt zurück und wusste plötzlich nicht mehr, was ich tun soll.
Das Wesen sah mich mit seinen großen, glänzenden Augen an, in denen man wirklich versinken konnte. Solch eine Farbe hatte ich noch nie zuvor gesehen. Sie bestand aus einer Mischung von Gold, Silber und grün. Die Pupille hatte keine runde Form, sondern sie erinnerte mich an einen Stern. Für einen Moment bekam ich das Gefühl in die unendlichen Weiten des Weltalls schauen zu können. Das war mehr al nur faszinierend.
Chalina, das ist ein simia angelus, also ein von den Engeln geschaffener Affe des Himmels.
Wow. hauchte ich und nahm die ausgestreckte Hand des Wesens, das mir gerade so bis zu meinem Bauchnabel reichte, entgegen.
Diese Tiere sind völlig harmlos. sagte Cooper, weil er anscheinend noch immer glaubte, ich hätte Angst. So war es aber nicht. Ich fühlte mich vollkommen wohl und bekam sogar den Drang zu lachen.
S-Sind wir jetzt Freunde? fragte ich vorsichtig mit einem kurzen Blick zu Cooper, der sich augenblicklich zu dem Wesen hinunter kniete.
Est hoc pulchellus mulier ex te nunc girlfriend?
Auf welcher Sprache redete er denn da? Es hörte sich ein bisschen wie Latein an, aber ich war mir nicht ganz sicher.
Das Wesen strahlte plötzlich und schlang seine haarigen Arme um meine Taille, um sich mit seinem breiten, runden Kopf an mich zu schmiegen.
Etiam. Nos sumus amici.
Ich hielt inne und starrte mit offenem Mund hinunter. Es hatte gesprochen! Wie ein richtiger Mensch! Was für Wunder es auf dieser Welt gab! Seine Stimme war rau und tief, klang aber kein bisschen böse, sondern total liebevoll.
Ich konnte nicht anders, als zu lächeln. Und, Cooper? Was hat es gesagt?
Du bist seine Freundin. sagte er Schultern zuckend und erhob sich wieder.
Das Wesen stieß einen belustigten Ton aus und sprang ein paar mal umher - wie ein richtiger Affe.
Meine Freundin. sagte es plötzlich ganz langsam und legte meine Hand in seine. Mich überkam daraufhin ein überwältigendes Gefühl. Es schien, als würde die gesamte Welt um uns herum anfangen zu leuchten. Mit einem mal nahm ich alles viel klarer wahr. Ich sah kleine, leuchtend blaue Vögel neben den angelus simiae oben sitzen. Sie flogen durch die Lüfte und verschwanden dann in den Löchern der Baumhöhlen. Das war jedoch nicht alles. Ich hörte Geräusche. Geräusche, die eigentlichnicht hörbar waren für menschliche Ohren. Es waren Stimmen. Der Wald sprach mit den Tieren. Die Bäume lebten also tatsächlich und erkannte sogar ihre Augen. Sie waren pechschwarz steckten tief in der Rinde. Aber sie waren da! Ich hätte so gerne erfahren, auf welcher Sprache sie redeten und vor allem, was sie sagten. Redeten sie über ganz alltägliche Dinge oder ging es um den Himmel oder um die grausame Welt? Verstand
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