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Cruzifixus

Cruzifixus

Titel: Cruzifixus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Dinesh Bauer
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Asraels, die Brüdergemeinde der schwarzen Sonne, die Societas Judas – alle sind hinter meinem Onkel her. Und warum? Weil er ihre verbrecherischen Absichten durchschaut und ihre finsteren Pläne durchkreuzen könnte. Ja, er hat Beweise in der Hand, die die Kirche bis in ihre Grundfeste erschüttern würden.“
                Wenn es noch Zweifel gab, dann waren sie jetzt beseitigt. Vinzenz litt definitiv unter zwanghaften Wahnvorstellungen:
                „Welche Beweise denn? Das Jesus ein Phantasieprodukt ist?“
                Vinzenz verschwand in die Küche und kam mit einer Teekanne  und zwei Blechtassen zurück. Wie ein Philosoph, der eben dabei war den Schlussstein in sein Gedankengebäude zu fügen, strich er sich über seinen von bläulichen Adern durchflochtenen Zinken:
                „Vergiss Jesus! Du musst bloß Eins und Eins zusammenzählen. Der Panther wird an der Marter niedergemetzelt, mein Onkel wird entführt und dieser Drecksack von Dirrigl stürzt in unmittelbarer Nähe der Einsiedelei in den Tod. Geht dir langsam die Stalllaterne auf? Alles dreht sich um den Glauben, um die Kirche. Und was folgerst du daraus? Jemand ist hinter einem sakralen Gegenstand her: ein religiöses Relikt, eine Art von Reliquie. Ein Span vom wahren Kreuz, ein altes Pergament, mit dem sich der Geist Jesu beschwören lässt. Oder ein Ring, der einen unsichtbar werden lässt und hellseherische Fähigkeiten verleiht!“
                Hatte Dirrigl etwa im Rausch eine Wunderdroge ausprobiert, die ihn in die Lage versetzen sollte, sich wie Simon der Magier in die Lüfte zu erheben? Warum musste immer alles so kompliziert sein? Weshalb bekam er keinen simplen Mord aus Habgier, Hass oder Eifersucht auf den Schreibtisch? Doch wie hieß es so schön: Der forschende Geist gleicht einem Blinden, der sich durch die Nebel einer formlosen, schemenhaften Welt tastet.
     
    Mit der Virtuosität eines in Ehren ergrauten Chefkellners goss Vinzenz den Tee in die verbeulten Emailbecher:
                „Meine Spezialmischung: Spitzwegerich, Ringelblume, Zitronenmelisse. Nach dem Mondphasenkalender im Wald gepflückt.“
                Wie befürchtet kam er auf sein Lieblingsthema zurück:
                „Eigenlob stinkt. Aber wie du weißt, widme ich mich seit geraumer Zeit dem Studium grenzwissenschaftlicher Disziplinen wie der Dämonologie, Diabolistik und Konspirologie.“
                Er senkte seine Stimme, so als ob er seinem Adlatus ein seit Jahrhunderten streng gehütetes Geheimnis anvertrauen wollte:
                „Schau dir die elitäre Gesellschaft der Arkadier oder die diversen Großlogen der Freimaurer an – sie sind samt und sonders hierarchisch aufgebaut. Trotz ihrer strengen Regeln und den zahllosen Meistergraden waren die Geheimbünde in früheren Zeiten von ihrer Zielsetzung her, egalitär und revolutionär! Wie die Illuminati oder die Bruderschaften des freien Geists erwärmten sich die Logenbrüder für die jakobitischen Forderungen nach Freiheit und Gleichheit. Im Prinzip ging es um eine neue Weltordnung – getreu der Devise: Novo ordo saeculorum!“
                Einmal in Fahrt, war Vinzenz nicht mehr zu bremsen:
                „Die heutigen Geheimgesellschaften haben ihre Ideale verloren und sind zu Handlangern global agierender Plutokraten-Cliquen verkommen. Ziel dieser mafiaartigen Bünde ist es, hinter einer demokratischen Fassade die Strippen zu ziehen und sich auf Kosten anderer schamlos zu bereichern. Daneben existiert eine Unzahl von spirituellen Splittergruppen, die ihre wirren, nebelhaften, irgendwo zusammen geklauten Lehren im Netz verbreiten und beim Druiden-Kongress in Glastonbury oder beim Messias-Meeting am See Genezareth das neue Äon des Aquarius verkünden. Du glaubst nicht wie viele Idioten es gibt, die steif und fest behaupten, dass ihnen ein Erzengel erschienen ist, um ihnen das Strafgericht Gottes anzukündigen.“
                Simon nippte an dem nach wilden Kräutern duftenden Gesöff:
                „Und was wollen die Spinnschädel von deinem Onkel?“
                Sein Gegenüber musterte ihn mit gestrengen Blicken:
                „Der Ägid ist in dieselbe Falle wie Jesus getappt. Seine Jünger wie seine Gegner verdrehen ihm das Wort im Mund. Die einen rufen Hosianna und die anderen ans Kreuz mit

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