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Cruzifixus

Cruzifixus

Titel: Cruzifixus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Dinesh Bauer
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Unwesen trieb. Er kam jedenfalls nur ungern hierher. Simon parkte den Wagen neben einem Stapel halb verfaulten Brennholzes und stieg aus. Die Mühle sah von außen wie eine verfallene Ruine aus: grüner Schimmel fraß sich in das feuchte Gemäuer, schwärzliche Moos- und Flechtenflecken spreizten sich auf den Dachziegeln. Eine schmale Schneise führte durch hüfthohe Brennnesseln bis zur Haustür. Simon wurde bereits erwartet. Vinzenz rief ihm aufmunternd zu:
                „Den Schrottkübel hört man ja schon auf zwei Kilometer Entfernung. Nur herein in die gute Stube!“
                In der Diele war es stockfinster. Aus der Küche roch es penetrant nach angebrannten Zwiebeln und selbst in dem einzig beheizbaren Raum, der Kaminstube, lag die Temperatur bei maximal 10 Grad. Simon fror wie ein Schneider. Er setzte sich auf die Ofenbank und wickelte sich in eine graue Wolldecke, die so speckig und spindig aussah, als ob sie zu Vorväters Zeiten gewirkt worden war. Vinzenz war in der Küche verschwunden, um Teewasser aufzusetzen. Durch die offene Tür hörte er wie er mit dem Schürhaken in der Feuerklappe herumstocherte:
                „Was verschafft mir die unverhoffte Ehre?“
                Simon sah sich genötigt, die Ereignisse jenes denkwürdigen Maifeiertags haarklein zu schildern und die mysteriösen Begleitumstände von Dirrigls „Absturz“ zur Sprache zu bringen. Derweil fuhrwerkte Vinzenz in der Küche ungerührt mit Töpfen und Tiegeln herum. Als er mit seinem Bericht zu Ende war, bemerkte er nur kurzerhand:
                „Was soll man sagen: Pfaffen sterben bringt kein Verderben!“
                Vinzenz verzog seinen Mund zu einem boshaften Lächeln und entblößte ein lückenhaftes Hackgebiss. Simon grinste zurück, entschlossen dem alten Schlawiner auf den Zahn zu fühlen:
                „Die Sache stinkt zum Himmel wie eine randvolle Odelgrube. Vor seinem Tod hat sich Dirrigl mir anvertraut!“
                Vinzenz bemerkte anzüglich:
                „War die fette Schwuchtel scharf auf deinen Knackarsch?“
                Simon bleckte seine beim Dentisten auf Hochglanz polierten Zähne:
                „Der Arsch deines Onkels wäre ihm lieber gewesen.“
                Vinzenz sah aus, als ob er in einen fauligen Apfel gebissen hatte. Die Maske gelangweilter Gleichgültigkeit fiel von ihm ab wie der bröckelnde Putz vom Mauerwerk. Sein Hals schwoll puterrot an:
                „Dieser Schweinehund, dieser fette Fack! Diese Blutsauger, diese dahergelaufenen Hanaken und Herrgottshändler! Das verlogene Pfaffengschwerl lässt keine Gelegenheit aus, um den armen alten Mann mürbe zu machen! Und warum?“
                Simon mimte den Verständigen, Mitfühlenden:
                „Wolltest du nicht ein Date arrangieren? Dein Onkel sollte sich zu den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen äußern!“
                Vinzenz ging auf wie eine Dampfnudel. Sein Kopf leuchtete wie eine Signalboje:
                „Wie denn? Ich weiß auch nicht wo er steckt. Simon, ich hab langsam wirklich Angst um ihn! Der Ägid nimmt kein Blatt vor den Mund. Und er weiß wo der Teufel hockt. In seinen Büchern steht es schwarz auf weiß: der Antichrist geht um!“
                Simon hob die Hände zu einer beschwichtigenden Geste:
                „Jetzt mal nicht den Teufel an die Wand! Am Schluss sitzt dein Onkel irgendwo und meditiert.“
                Genervt verdrehte Vinzenz die Augen:
                „Red keinen Stuss! Du weißt doch gar nicht worum es geht. Diese Camorra Christi ist zu allem fähig! Mein Onkel wäre nicht der Erste der spurlos verschwindet!“
                Simon betrachtete seinen Kumpan durch die Brille eines Psychiaters, der bei seinem Patienten eine schwere Form von Paranoia diagnostiziert: als Vertreter abstruser Verschwörungstheorien neigte Vinzenz dazu, irgendwelche konspirativen Geheimbünde für sämtliche ungeklärten Unglücks- und Mordfälle verantwortlich zu machen. Simon setzte eine sarkastische Spitze:
                „Die Camorra Christi? Bitte, das sind doch Hirngespinste.“
                Vinzenz stand mit hochrotem Schädel da und wusste nicht wohin mit seinen Händen, wohin mit seiner Wut:
                „Die Adjunkten

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