Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cruzifixus

Cruzifixus

Titel: Cruzifixus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Dinesh Bauer
Vom Netzwerk:
vincit!“
                Simon brachte kein Wort heraus. Welche Botschaft wollte ihnen der Geist Dirrigls übermitteln? Das er seine Untaten bereute, das er für begangenes Unrecht büßte? Das er zum Mitwisser eines schrecklichen Verbrechens geworden war? Mit steigender Ungeduld verlangte der Meister eine Antwort von dem verängstigt umherhuschenden Schattenwesen:
                „O du Ruheloser sag an, wer hat dir Böses angetan?“
                Ein ersticktes Röcheln drang aus dem entseelten, entstofflichten Leib:
                „Ex fructibus eorum, ex fructibus…!“
                Da fuhr ein Windstoß in die Flammen und - das seltsame Wesen entschwand.
     
    Die Enttäuschung war dem Meister ins Gesicht geschrieben. Er machte ein Gesicht als ob er einen mit Essig und Galle vermischten Becher sauren Weins bis zum Grunde geleert hatte. Gram gebeugt, saß er da wie ein Häufchen Elend. Vinzenz bezichtigte sich selbst, ein „unfähiger Stümper“, ein „Versager“, ein „Winkelnekromant“ zu sein. In seiner Verzweiflung schien er kurz davor sich Asche übers Haupt zu streuen und sich den struppigen Prophetenbart zu raufen. In den Augen des von einer Pechsträhne verfolgten Geisterbeschwörers lag ein mörderisches Funkeln, ein Funke, der jederzeit überspringen und zum Flächenbrand werden konnte. In den vulkanischen Abgründen seines Inneren brodelte und blubberte es wie in den Schlammtöpfen der phlegräischen Felder. Mit der Wut eines in Ketten liegenden Sträflings hämmerte er sich gegen die Brust:
                „Ich Riesenrhinozeros! Ich hirnloser Rammel! So nah waren wir dran, so nah! Und dann? Dann vergess ich den Scheißspruch, um Geist und Flamme zu verfluchten!“
                Simon wusste weder Rat noch Trost zu spenden. Mit hinter dem Rücken verschränkten Armen stand er da wie auf einer leeren Bühne - ein Mime, der auf den Applaus seines aus Mumien und Mausoleumsinsassen bestehenden Publikums wartet. Um nicht reden, nicht den Finger in die schwärende Wunde legen zu müssen, machte er sich mit dem Appetit eines halb verhungerten Grizzlybären über den mitgebrachten Picknickkorb her. Der Akt der Nahrungsaufnahme war für ihn ein Akt der Versöhnung, der Gnade, dazu bestimmt den Menschen über bittere Niederlagen und schmerzhafte Verluste hinwegzutrösten. Umso mehr er von Haus aus ein Schleckermäulchen, eine Naschkatze von lukullischem Libido war. Mit wahrer Hingabe schlug sich Simon den Wanst voll. Die Regeln der Ess-Etikette gröblich missachtend, sprach er mit vollem Mund:
                „Cave ne cadas? Hüte dich vor dem Fall! Was soll das bedeuten?“
                Vinzenz konnte die Enttäuschung über das Scheitern des Experiments nicht verwinden. In Selbstmitleid versunken greinte er:
                „Weißt du wie schwierig es ist, die Geister im Astralstrom aufzustöbern und in den Geflirre und Geflimmer das richtige Mentalmuster zu erkennen?“
                Wild gestikulierend ereiferte er sich:
                „Geister sind mehr als Ausstülpungen in hochenergetischen Partikelströmen! Es sind Lichtwesen, die sich durch ihr sphärisches Fluidum voneinander unterscheiden!“
                Mahnend erhob er seine Stimme:
                „Die Seele ist von schwer fassbarer Konsistenz – eine Geistessenz, die extrem flüchtige Seinssubstanzen enthält. Eine hauchdünne Membran, eine Art Folie umgibt jenes Partikelteilchen der Urenergie. Diese Membran wird in den hermetischen Wissenschaften gemeinhin als Perisprit bezeichnet. Lösen sich Seele und Perisprit vom Leib - dann bezeichnet dies die Geburt eines Geists. Verstehst du?“
                Mit vollen Hamsterbacken würgte Simon mühsam hervor:
                „Klar, ist doch logisch! Geister sind körperlose Wesen, die in der Gegend herumspuken. Ich frage mich allerdings wie man mit solch formlosen, fadenscheinigen Schemen kommuniziern soll?“
                Vinzenz hielt sich nicht mit solch peripheren Randerscheinungen auf, ihm ging es um den Geist im Großen:
                „Geister streifen die Hülle des Körpers ab und häuten sich wie eine Schlange. Befreit von den Beschränkungen der materiellen Existenz gelangt das Ich auf eine höhere Bewusstseinsebene.“
                Von neuer Kraft beseelt, leuchteten seinen Äuglein wie

Weitere Kostenlose Bücher