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Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Titel: Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vitali Sertakov
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Müllabfuhr. Vor dem Laden saßen ein paar Jugendliche auf einer Bank und haben Bier getrunken, die haben mir das später erzählt. Erst hat Natascha noch auf mich gewartet, aber dann hat sie ein paar Runden im Kreis gedreht. Das klappte ganz gut, sie wusste bloß nicht, wie man die Scheinwerfer bedient. Der Schalter war nämlich schon vor ewigen Zeiten abgebrochen und man musste die Drähte per Hand verbinden. Deshalb ist sie also ohne Licht losgefahren. Die große Straße wurde ja von Lampen beleuchtet, wahrscheinlich wollte sie einfach nur ein bisschen rumkurven, so wie wir es vorher auch gemacht hatten. Vielleicht konnte sie auch nicht richtig wenden, sodass sie auf die Straße abbiegen musste. Der Fahrer vom Müllwagen hatte den Rückwärtsgang eingelegt, mit seinem Wagen war auch alles in Ordnung. Der Mann hat einfach nicht damit gerechnet, dass ihm jemand von hinten direkt vor die Räder fahren würde. Er hat sie noch gesehen, als das Motorrad schon explodiert war …« Artur nippte an dem Minztee aus dem großen Kupfersamowar.
    »Du hast noch nicht alles erzählt.«
    »Fast alles. Meine Mutter war der Ansicht, ich würde nicht so leiden, wenn ich erfahren würde, dass … In diesem Monat, in dem wir alle zusammengelebt haben, hat sie meinen Vater zweimal allein mit Natascha in der Küche erwischt, und ein Mal hat sie gesehen, wie die beiden zusammen Eis gegessen haben. Mehr nicht! Sie haben bloß in der Küche gesessen, gegessen und gelacht. Aber meine Mutter und mein Vater haben viele Jahre zusammengelebt. Ihr ist aufgefallen, dass er anfing, sich sorgfältiger zu rasieren, und zu Hause nicht mehr im Trainingsanzug rumlief. Und beim zweiten Mal haben die beiden sogar Wein getrunken und sich fast umarmt, sagte sie. Und in der Eisdiele …«
    »Was ist eine Eisdiele?«
    »Es ist ein Ort, zu dem die Leute gehen, um Eis zu essen.«
    »Eine Gemeinschaftsküche?«
    »Nicht ganz. Dort gibt es nur süße gefrorene Milch zu essen, die mit Beeren und Nüssen vermischt wurde.«
    »Das ist ein guter Gedanke. Aber das Essen von gefrorener Milch gehörte sich bei euch nicht?«
    »Wie kommst du denn darauf? Außerdem war es auch kein teures Café, sondern bloß ein paar Tische und Stühle in einem Laden. Mein Vater saß da, mit seinen Einkäufen, dem Brot und was weiß ich noch alles, und hat sich überhaupt nicht versteckt. Im Gegenteil, er hat meine Mutter bemerkt und ihr zugewinkt. Aber es war … Wie soll ich das erklären? Mein Vater hat nichts Schlimmes getan, ihn trifft keine Schuld. Verstehst du, was ich meine?«
    »Ich glaube schon, ja …« Die Hüterin dachte nach. »Deine Frau hat deine Gefühle verletzt. Du liebst sie immer noch, nicht wahr, Schwert?«
    »Inzwischen habe ich ihren Tod einigermaßen verkraftet. Aber damals … damals wollte ich nicht mehr weiterleben. Vor ihr hatte ich noch nie eine Frau geliebt. Sicher, ich hatte ein paar Affären, aber nichts Ernstes … Frauen fand ich langweilig, die hockten doch eh nur mit dem Strickzeug vorm Fernseher. Natascha war da ganz anders, mit ihr war es nie langweilig. Nach ihrem Tod wusste ich nicht weiter. Deshalb habe ich mich an diese Idee geklammert, einfach zwanzig Jahre einzuschlafen. Für einen solchen Zeitraum hatten wir nämlich keinen Freiwilligen gefunden. Im Grunde bin ich ein Versager, der vor seiner Schuld davongelaufen ist und sich in eine Kapsel gelegt hat. Meine Kollegen hätten mich zu der Zeit wirklich gebraucht, doch statt weiterzuforschen, habe ich mich aufs Ohr gehauen …«
    »Bist du mit deiner Familie zufrieden?«
    »Ja, Mam Rita. Nadja ist eine gute Frau, das letzte Jahr mit ihr war sehr schön. Außerdem hat sie mir einen Sohn geboren. Ehrlich gesagt, bin ich Ismail inzwischen sogar dankbar. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte ich weiter wie bisher gelebt …«
    »Ich habe versprochen, dir keine klugen Ratschläge zu erteilen«, sagte sie, wobei ein Lächeln ihre trockenen Lippen umspielte. »Aber ich sage immer, was ich denke. Du glaubst, es sei ungerecht, dass du im Jahr des Großen Todes nicht gestorben bist. Aber die Hüter des Gedächtnisses haben deinen Namen vor fast siebzig Jahren in das Buch geschrieben. Sie können in die Zukunft blicken, leben aber sehr zurückgezogen, du wirst sie nicht aufsuchen können«, kam sie seiner Frage zuvor. »Sie haben es nicht leicht im Heute, lauschen sie doch anderen Zeiten. Du hast richtig gehandelt und Mut bewiesen. Der Älteste aus deinem Institut – habe ich das richtig ausgedrückt?

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