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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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deutete nach unten.
    Die Henschel änderte ihr gewohntes Suchmuster und brach den Überflug ab, um zu wenden und erneut den Standort von Abteilung 2702 zu passieren.
    »Das war’s«, sagte sich Shaftoe. Er stand auf und ging auf die verfallene Scheune zu. »Das war’s!«, brüllte er. »Ausführung!«
    Die SAS-Jungs waren auf der Ladefläche des Lkw, unter einer Plane, mit ihren Schraubenschlüsseln zugange. Bei einem flüchtigen Blick in ihre Richtung sah Shaftoe schimmernde Teile der Vickers, ausgelegt auf sauberem weißem Tuch. Wo zum Teufel hatten die Kerle sauberes weißes Tuch her? Wahrscheinlich hatten sie’s für heute aufgespart. Warum hatten sie die Vickers nicht schon vorher in betriebsfähigen Zustand versetzen können? Weil sie Befehl hatten, sie hastig zusammenzusetzen, in allerletzter Minute.
    Corporal Benjamin zögerte, eine Hand tippbereit über der Taste seines Funkgeräts. »Sarge, sind Sie sicher, dass die wissen, dass wir hier sind?«
    Alles drehte sich zu Shaftoe hin, um mitzukriegen, wie er auf diese kleine Herausforderung reagieren würde. Er hatte sich ganz allmählich den Ruf eines Mannes erworben, auf den man ein Auge haben musste.
    Shaftoe machte auf dem Absatz kehrt und spazierte mitten auf eine Lichtung, die ein paar Meter entfernt lag. Hinter sich konnte er hören,wie die anderen Männer von Abteilung 2702 um die Plätze in der Tür rangelten, um ihn besser im Blick zu haben.
    Die Henschel kam gerade zu einem erneuten Überflug zurück und befand sich mittlerweile so dicht über dem Boden, dass man ihr wahrscheinlich einen Stein durch die Windschutzscheibe hätte werfen können.
    Shaftoe nahm seine MP von der Schulter, zog den Spannknopf zurück, klemmte sich die Waffe an den Körper, schwang sie hoch und herum und eröffnete das Feuer.
    Nun könnte man sich darüber beschweren, dass es der Bleispritze an Durchschlagskraft fehlte, aber Shaftoe war sich absolut sicher, dass er Stücke aus dem Motor der Henschel fliegen sah. Die Henschel geriet fast sofort außer Kontrolle. Sie ging in Querlage, bis ihre Flügel senkrecht standen, drehte ab, kippte noch weiter über, bis sie verkehrt herum flog, verlor das bisschen Höhe, das sie gehabt hatte, und landete keine hundert Meter weiter in den Olivenbäumen platt auf dem Rücken. Sie ging nicht sofort in Flammen auf: Das war eine kleine Enttäuschung.
    Die anderen Männer blieben vollkommen stumm. Das einzige andere Geräusch war das bip-bip-bip-biep von Corporal Benjamin, der nun, da seine Frage beantwortet war, seine kleine Meldung losschickte. Shaftoe war ausnahmsweise einmal imstande, dem Morsecode zu folgen – die Nachricht ging im Klartext hinaus. »WIR SIND ENTDECKT STOP AUSFUEHRUNG PLAN TORUS.«
    Der erste Beitrag der anderen Männer zu Plan Torus bestand darin, dass sie auf den Lkw kletterten, der aus seinem Versteck in der Scheune herausstieß und im Leerlauf unter den Bäumen wartete. Als Benjamin fertig war, ließ er sein Funkgerät stehen und schloss sich ihnen an.
    Shaftoes erste Aufgabe im Rahmen von Plan Torus dagegen bestand darin, dass er in einem ordentlichen Zickzackmuster, das dem der Aufklärungsflugzeuge nachempfunden war, durch das Gebäude ging. Dabei hielt er einen Benzinkanister ohne Deckel verkehrt herum in der Hand.
    Als der Kanister noch ungefähr ein Drittel voll war, stellte er ihn mitten in der Scheune ab. Er zog den Stift einer Granate, ließ sie in das Benzin fallen und rannte aus dem Gebäude. Der Lkw fuhr bereits an, als er ihn erreichte und in die wartenden Arme seiner Einheit hechtete, die ihn an Bord zog. Er schaffte es gerade noch rechtzeitig, sich auf der Ladefläche des Lkw einzurichten, um das Gebäude in einem zufrieden stellenden Feuerball hochgehen zu sehen.
    »Okay«, sagte Shaftoe zu seinen Leuten. »Wir haben ein paar Stunden totzuschlagen.«
    Sämtliche Männer auf dem Lkw – außer den SAS-Jungs, die an der Vickers arbeiteten – sahen einander an, als trauten sie ihren Ohren nicht.
    »Äh, Sarge«, sagte schließlich einer von ihnen, »könnten Sie das mit dem Zeittotschlagen noch mal erklären?«
    »Das Flugzeug kommt erst später. Befehle.«
    »Hat’s ein Problem gegeben oder -«
    »Nein. Alles läuft wie am Schnürchen. Befehle.«
    Weiter wollten die Männer nicht herummeckern, aber es wurden auf der Lädefläche des Lkw noch viel mehr Blicke gewechselt. Schließlich meldete sich Enoch Root zu Wort. »Ihr fragt euch wahrscheinlich, wieso wir nicht ein paar Stunden Zeit totschlagen

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