damals, wenn er in Wisconsin verrottete Baumstümpfe umdrehte und, auf die dunkle Erde gesät, Tausende vor Verheißung schimmernde Insekteneier fand.
Einen Moment lang ist er in Versuchung. Die Masse von Geld da unten entzieht sich jeder Berechnung. Wenn er bloß einen dieser Barren in die Finger bekäme -
Die Sprengkörper müssen explodiert sein, denn Bobby Shaftoe ist gerade taub geworden. Das liefert ihm sein Stichwort, auf dem schnellsten Wege von hier abzuhauen. Er vergisst das mit dem Gold – Morphium ist für einen Tag Beute genug. Halb krabbelnd, halb kletternd gelangt er das Gitter und den Durchgang hinauf zur Kapitänskajüte, aus deren Luke Rauch dringt und deren Schotts von der Druckwelle seltsam gewölbt sind.
Der Safe hat sich losgerissen! Und das Kabel, das er und Harvey daran befestigt haben, ist zwar beschädigt, aber nicht kaputt. An Deck muss jemand daran zerren, denn es ist hartnäckiger- und lästigerweise straff gespannt. Im Augenblick hängt der Safe an gezackten Hindernissen fest. Shaftoe muss ihn loshebeln. Von dem straffen Kabel gezogen, ruckt der Safe vorwärts und aufwärts, bis er erneut an irgendetwas hängen bleibt. Shaftoe folgt dem Safe zur Kabine hinaus und den Durchgang und die Leiter des Turms hinauf, wo er sich schließlich unter begeistertem Hurrageschrei der wartenden Seeleute aus dem Unterseeboot und in den schneidenden Sturm stemmt.
Keine fünf Minuten später verschwindet das Unterseeboot. Shaftoe stellt sich vor, wie es, sich überschlagend, den Hang des Riffs hinab auf einen unterseeischen Canyon zustürzt und dabei wie Feenstaub Goldbarren und Quecksilberkügelchen im Wasser verstreut. Shaftoe ist auf die Korvette zurückgekehrt und alles klopft ihm auf die Schultern und prostet ihm zu. Er will bloß einen ruhigen Winkel finden, wo er die purpurrote Flasche aufmachen kann.
ANZUG
Randy wirkt solide und aufgeweckt: Das liegt nur an seinem Anzug.
Es ist eine Binsenweisheit, dass Hacker schicke Kleidung nicht mögen. Avi hat die Erfahrung gemacht, dass gute Kleidung sogar bequem sein kann – Anzughosen zum Beispiel sind wirklich viel bequemer als Bluejeans. Und er hat genug Zeit mit Hackern verbracht, um zu der Einsicht zu gelangen, dass sie sich im Grunde nicht gegen das Tragen von Anzügen, sondern gegen das Anziehen derselben wehren. Und dazu gehört nicht nur der Vorgang des Hineinschlüpfens, sondern auch, dass sie sie aussuchen, in Ordnung halten und sich darüber Gedanken machen müssen, ob sie noch in Mode sind – was für Männer, die alle fünf Jahre einmal einen Anzug anziehen, ein besonders schwieriges Problem darstellt.
Deshalb läuft es folgendermaßen: Avi hat auf einem seiner Computer eine Tabelle, in der die Kragenweiten, Schrittlängen und andere lebenswichtige Maße all seiner Mitarbeiter aufgelistet sind. Einige Wochen vor einem wichtigen Meeting faxt er sie einfach an seinen Schneider in Schanghai. Dann kommen die Anzüge in einer klassischen Demonstration des von Toyota eingeführten asiatischen Systems der einsatzsynchronen Lieferung vierundzwanzig Stunden vor der Zeit an, sodass sie automatisch in die Hotelwäscherei weitergeleitet werden können. Als Randy an diesem Morgen aus der Dusche kam, hörte er ein Klopfen an der Zimmertür, riss sie auf und stand vor einem Hausdiener, der ihm einen frisch gereinigten und gebügelten Straßenanzug, komplett mit Hemd und Krawatte, brachte. Er zog alles an (aufmerksamerweise war ein zehnmal weiterkopiertes schlechtes Schaubild des halben Windsorknotens beigelegt). Alles saß perfekt. Jetzt steht er in einem der Korridore des Foote Mansion Hotels, sieht zu, wie die elektrische Anzeige über einem Aufzug abwärts zählt und schaut sich immer wieder verstohlen in einem großen Spiegel an. Randys Kopf, der aus einem Anzug herausragt, ist ein Gag, der zumindest beim Mittagessen einiges Grinsen auslösen wird.
Er denkt über die morgendliche E-Mail nach.
An:
[email protected]Von:
[email protected]Betreff: Re: Warum?
Lieber Randy,
ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus,
wenn ich Sie mit Randy anspreche, da es,
obwohl Sie eine anonyme Adresse verwenden,
ziemlich offensichtlich ist, dass Sie
es sind. Übrigens ist das eine gute Idee.
Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Vorsicht.
Was die Möglichkeit betrifft, dass ich
»ein alter Feind« von Ihnen bin, erschreckt
es mich, dass jemand, der so jung
ist, bereits alte Feinde haben kann.
Oder meinen Sie vielleicht einen kürzlich
erworbenen Feind in