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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Transept: Chattan hat den südlichen Arm für sich allein, im anderen haben Waterhouse, Root und die Lieutenants von SAS bzw. USMC Etagenbetten. Dann hat man einen kleinen Bruchteil des erstaunlichen Planenvorrats von Abteilung 2702 quer ins Ostende gehängt und so den Altarraum abgeteilt, das Allerheiligste, das einst Leib und Blut Christi beherbergte. Nun enthält es einen S-27 Zwischenfrequenz-Empfänger der Firma Hallicrafters mit fünfzehn Röhren und einem VHF-Bereich von 27 bis 143 Megahertz, der AM, FM und CW empfangen kann und mit einem Signalstärkemesser ausgestattet ist, der gut zu gebrauchen wäre, wenn sie wirklich eine Huffduff-Station betrieben, was sie aber nicht tun.
    Hinter diesen Planen brennt Licht und einer der Marines schnarcht in einem Stuhl vor dem Altar vor sich hin. Waterhouse weckt ihn und schickt ihn ins Bett. Der Marine schämt sich. Er weiß, dass er hätte wach sein und überzeugend an der Antenne kurbeln müssen.
    Der Empfänger selbst ist kaum benutzt worden – sie schalten ihn nur ein, wenn jemand zu Besuch kommt, der nicht in das Geheimnis eingeweiht ist. Er steht so unberührt auf dem Altar, als wäre er soeben von den Hallicrafters-Werken in Chicago, Illinois, gekommen. Sämtlicher Zierrat des Altars (so es denn je welchen gab) ist längst Feuer, Fäulnis, Plünderung oder den Nagezähnen Nest bauender Skerries zum Opfer gefallen. Übrig geblieben ist ein quaderförmiger Basaltblock, der bis auf ein paar Spuren der Werkzeuge, mit denen er gebrochen und geformt wurde, keine besonderen Merkmale aufweist. Die perfekte Grundlage für das heutige Experiment.
    Auf Kosten der Bandscheiben und Bänder in seinem Kreuz wuchtet Waterhouse den Safe hinauf. Er ist röhrenförmig und gleicht einem Segment eines Schiffsgeschützrohrs.Waterhouse stellt ihn auf das hintere Ende, sodass die runde Tür mit dem Skalenring in der Mitte wie ein blindes Auge zur Decke hoch starrt, zumal die radialen Linien des Skalenrings stark den Streifen einer Iris ähneln.
    Hinter diesem Skalenring versteckt sich eine Mechanik, die Waterhouse schwer verstimmt und in einen Zustand fiebriger Aktivität versetzt hat. Indem er diesen Skalenring auf irgendeine Weise manipuliert, müsste er die Mechanik in irgendeine Konfiguration fieseln können, in der sich die Tür öffnen lässt. Das ist alles. Dass die Tür zu bleibt, ist empörend. Warum sollte sich der winzige Raum in diesem Safe – keine dreißig Kubikzentimeter – so sehr von dem Raum unterscheiden, durch den sich Waterhouse nach Lust und Laune bewegt? Was zum Teufel ist da drin?
    Der Leim sieht aus wie minderwertiger Bernstein, getrübt und blasig, aber trotzdem schön. Waterhouse entzündet die kleine Lötlampe und bewegt die Flamme über ein Ende des Klumpens. Der Leim wird weich, schmilzt und tropft neben dem Skalenring auf die Safetür, wo er eine kleine Pfütze, ungefähr so groß wie ein Silberdollar, bildet.
    Waterhouse, der rasch arbeitet, drückt die beiden einschneidigen Rasierklingen so in den Leim, dass sie in einem Abstand von gut zwei Zentimetern parallel zueinander stehen und die Schneiden gefährlicherweise nach oben zeigen. Er hält sie ein paar Augenblicke in dieser Lage fest, während das eiskalte Metall des Safes die Hitze aus dem Leim zieht und ihn wieder hart werden lässt. Er hat zwei Zahnstocher als Abstandhalter verwendet, um sicherzustellen, dass die stumpfen Rücken der Klingen die Safetür nicht berühren; er will keine elektrische Verbindung zwischen ihnen.
    Er lötet ein Kabel an jede Rasierklinge und führt die Kabel über den Altar zu dem Empfänger. Dann nimmt er ein kleines Stückchen Kohle und legt es quer über die beiden Klingen, sodass es eine Brücke zwischen ihnen bildet.
    Er öffnet die Rückseite des Empfängers und verdrahtet einiges neu. Das Gerät ist schon weitgehend so eingestellt, wie er es braucht; im Wesentlichen sucht er nach etwas, das elektrische Impulse in Geräusch umwandelt und dieses Geräusch in die Kopfhörer leitet – nichts anderes tut ein Empfänger. Aber der Ursprung des Signals ist nicht mehr ein Funkgerät auf einem Unterseeboot, sondern der Strom, der durch eines von Waterhouses Kabeln in die linke Rasierklinge, über die Kohlenbrücke, in die rechte Rasierklinge und durch das andere Kabel zurückfließt.
    Das Ganze so anzuschließen, wie er es haben will, ist aufwändig. Wenn er in eine Sackgasse tappt und nicht weiterkommt, geht er eine Weile zur Antenne hinüber und kurbelt daran herum,

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