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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Bett kaufen. Da es um meinen Rücken ging, zog ich los und kümmerte mich um den Kauf.
    Eher würde ich Zigaretten auf meiner Zunge ausdrücken, als freiwillig einkaufen gehen. Schon die Vorstellung, alle großen Möbelgeschäfte der Umgebung abzuklappern und Betten zu vergleichen, machte mich völlig fertig. Ich wollte in einen einzigen Laden gehen, dort ein Bett kaufen, und damit sollte die Sache erledigt sein. Andererseits wollte ich kein beschissenes Bett, von dem ich nach einem Jahr schon genug hätte, oder eine billige Matratze, die mir in fünf Jahren wieder Rückenschmerzen bereiten würde.
    Also fuhr ich schnurstracks runter zu unserer Gomer Bolstrood Home Gallery. Ich hatte Leute über Gomer-Bolstrood-Möbel reden hören. Insbesondere Frauen schienen mit gedämpfter, andächtiger Stimme davon zu sprechen. Ihre Fabrik, sagte man, hätten sie in irgendeiner Stadt oben in Neuengland, ihrem Stammsitz seit dreihundert Jahren. Es hieß, Walnuss- und Eichenspäne von Gomer Bolstroods Stirnhobel seien als Zunder unter den Scheiterhaufen verurteilter Hexen verwendet worden. Gomer Bolstrood war die Antwort auf eine Frage, über die ich seit Grannys Beerdigung nachgegrübelt hatte, nämlich: Woher kommen diese ganzen hochwertigen Oma-Möbel? In jeder Familie besuchen die jungen Leute zu Thanksgiving oder anderen Pflichtterminen ihre Oma, betrachten mit gierigem Blick die hübschen antiken Möbel und fragen sich, welche Stücke sie wohl mit nach Hause nehmen werden, wenn die alte Dame einmal ins Gras beißt. Manche verlieren auch die Geduld und besorgen sich das Zeug bei Nachlassverkäufen oder in Antiquitätengeschäften.
    Wenn aber der Nachschub an alten, hochwertigen Möbeln von Familienerbstückqualität begrenzt ist, wo werden dann die Grannys der Zukunft herkommen? Ich malte mir aus, wie in fünfzig Jahren Virginias und meine Nachkommen sich allesamt um diese eine schwarze Walnusskommode zankten, während sie bei Ryder Lastwagen mieteten, um den Rest unserer Sachen schnurstracks auf den Müll zu befördern. Da die Bevölkerung wächst und der Bestand an alten Möbeln konstant bleibt, ist eine solche Situation unausweichlich. Es muss eine Quelle für neue Möbel mit Omaqualität geben, sonst werden die Amerikaner von morgen am Ende alle auf Vinyl-Sitzsäcken hocken, aus denen kleine Schaumstoffperlen sich über den Fußboden ausbreiten.
    Die Antwort lautet Gomer Bolstrood, und der Preis ist hoch. Jeder Gomer-Bolstrood-Stuhl und -Tisch müsste eigentlich wie ein Schmuckstück in einer kleinen mit Filz ausgekleideten Kiste geliefert werden. Aber damals war ich reich und ungeduldig. Also fuhr ich zu Gomer Bolstrood und stürmte durch die Eingangstür, wurde aber sofort von einer Empfangsdame angehalten. In meinen Jeans und den weißen Tennisschuhen kam ich mir schäbig vor. Sie hatte sicher schon eine Menge Hightech-Millionäre durch diese Tür kommen sehen und nahm es ziemlich gelassen. Bevor ich es recht begriffen hatte, war eine Frau mittleren Alters aus dem hinteren Teil des Geschäfts gekommen und stellte sich als meine persönliche Designberaterin vor. Sie hieß Margret. »Wo sind die Betten?«, fragte ich. Sie wurde förmlich und klärte mich darüber auf, dass man hier nicht wie in bestimmten Läden in einen Bettenraum gehen könne, wo die Betten wie Schweinsfüße in einer Metzgereiauslage nebeneinander aufgereiht stünden. Eine Gomer Bolstrood Home Design Gallery bestehe aus verschiedenen geschmackvoll eingerichteten Räumen, von denen manche eben auch Schlafzimmer seien und Betten enthielten. Nachdem wir das geklärt hatten, zeigte Margret mir die Schlafzimmer. Während sie mich von einem Zimmer zum nächsten führte, konnte ich nicht anders, ich musste einfach bemerken, dass sie schwarze Nylonstrümpfe mit Nähten – vollkommen geraden Nähten – hinten trug. Meine erotischen Gefühle für Margret waren mir peinlich. Eine Zeitlang musste ich den Impuls unterdrücken, zu sagen: »Verkaufen Sie mir einfach das größte, teuerste Bett, das Sie haben.« Margret zeigte mir Betten in verschiedenen Stilrichtungen, deren Namen mir nichts sagten. Manche sahen modern aus und manche altmodisch. Ich zeigte auf ein sehr breites, hohes Himmelbett, das nach Granny-Möbeln aussah, und sagte: »Ich werde so eins nehmen.«
    Die Lieferzeit betrug drei Monate, in denen das Bett in Neuengland von Handwerkern, die für dasselbe Gehalt wie Klempner oder Psychotherapeuten arbeiteten, handgeschnitzt wurde. Dann traf es bei uns

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