Cryptonomicon

Arbeitspläne und so weiter geht.« Noda richtet diese Worte an beide Männer; falls Goto Dengo geschwätzig wird, so die eindeutige Implikation, soll Mori ihn verpfeifen. »Leutnant Mori, Sie können wegtreten!«
    Mori grunzt erneut »Hai!« und macht sich rar.
    Leutnant Goto verbeugt sich. »Hauptmann Noda, bitte erlauben Sie mir zu sagen, dass ich mich geehrt fühle, dass man mich auserwählt hat, diese Befestigungen zu bauen.«
    Einen Moment lang löst sich der stoische Ausdruck in Nodas Gesicht auf. Er wendet sich von Goto Dengo ab, geht ein paarmal nachdenklich im Zelt hin und her und wendet sich wieder dem anderen zu. »Es geht nicht um eine Befestigung.«
    Goto Dengo kippt vor Überraschung praktisch aus den Stiefeln. Dann denkt er: eine Goldmine! Sie müssen in diesem Tal ein riesiges Goldvorkommen entdeckt haben. Oder Diamanten?
    »Sie müssen sich von der Vorstellung freimachen, dass Sie eine Befestigung bauen«, sagt Noda feierlich.
    »Eine Mine?«, fragt Goto Dengo. Aber er fragt es ohne rechte Überzeugung. Ihm wird bereits klar, dass es keinen Sinn ergibt. Es wäre abwegig, zu diesem Zeitpunkt des Krieges derart viel Arbeit in den Abbau von Gold oder Diamanten zu investieren. Japan braucht Stahl, Gummi und Öl, keinen Schmuck.
    Vielleicht irgendeine neue Superwaffe? Ihm birst schier das Herz vor Erregung. Aber Hauptmann Nodas Blick ist so düster wie die dicke Mündung einer Maschinenpistole.
    »Es geht um eine langfristige Lagermöglichkeit für hochwichtige Kriegsmaterialien«, sagt Hauptmann Noda schließlich.
    Dann erklärt er in allgemein gehaltenen Begriffen, wie die Einrichtung beschaffen sein soll. Es soll ein Netz sich schneidender Schächte entstehen, die durch hartes Vulkangestein getrieben werden. Angesichts der Arbeit, die man in ihren Bau stecken wird, sind die Abmessungen überraschend klein. Man wird hier nicht viel lagern können: vielleicht so viel Munition, dass ein Regiment eine Woche lang kämpfen kann, vorausgesetzt, es macht minimalen Gebrauch von schweren Waffen und ernährt sich vom Land. Aber diese Nachschubgüter werden fast unvorstellbar gut geschützt sein.
    Goto Dengo schläft in dieser Nacht in einer Hängematte, die zwischen zwei Bäumen gespannt und von einem Moskitonetz geschützt ist. Aus dem Dschungel dringt ein fantastischer Lärm.
    Hauptmann Nodas Skizzen kamen ihm vertraut vor und er versucht, sie unterzubringen. Gerade als er einschläft, erinnert er sich an Schnittdiagramme der Pyramiden von Ägypten, die sein Vater ihm in einem Bilderbuch gezeigt hat und die den Bau der Pharaonengräber verdeutlichten.
    Da kommt ihm ein schrecklicher Gedanke: Er baut ein Grabmal für den Kaiser. Wenn Nippon an MacArthur fällt, wird Hirohito das Ritual des Seppuku vollziehen. Man wird seinen Leichnam aus Japan ausfliegen, nach Bundok bringen und in der Kammer beisetzen, die Goto Dengo baut. Er hat einen Albtraum, in dem er lebendig in einer schwarzen Kammer begraben wird und das graue Bild des kaiserlichen Antlitzes sich schwärzt, während der letzte Ziegelstein auf seinem Mörtelbett festgedrückt wird.
    Er sitzt in absoluter Dunkelheit, weiß, dass Hirohito hier bei ihm ist, und hat Angst, sich zu bewegen.
    Er ist ein kleiner Junge in einem aufgelassenen Bergwerk, nackt und von eisigem Wasser durchnässt. Seine Taschenlampe ist ausgegangen. Ehe sie flackernd erlosch, war ihm, als sähe er das Gesicht eines Dämons. Nun hört er nur noch das stete Tropfen des Grundwassers in den Sumpf. Er kann hier bleiben und sterben oder er kann erneut in das Wasser tauchen und zurückschwimmen.
    Als er aufwacht, regnet es und irgendwo ist die Sonne über den Horizont geklettert. Er wälzt sich aus seiner Hängematte und tritt nackt in den warmen Regen hinaus, um sich zu waschen. Goto Dengo hat eine Aufgabe zu erledigen.

Rechner
    Lieutenant Colonel Earl Comstock von der Electrical Till Corporation und der United States Army (in dieser Reihenfolge) bereitet sich auf die heutige Routinebesprechung mit seinem Untergebenen Lawrence Pritchard Waterhouse ganz ähnlich vor wie ein Testpilot, der mit einem heißen Raketentriebwerk unterm Hintern in die Stratosphäre geschossen werden soll. Er geht am Abend vorher zeitig schlafen, steht spät auf, spricht mit seinem Adjutanten und stellt sicher, dass (a) reichlich heißer Kaffee verfügbar sein und (b) Waterhouse nichts davon bekommen wird. Er lässt zwei Drahttongeräte im Zimmer anschließen, falls eines davon kaputtgeht, und holt ein Team aus