Cryptonomicon
geht er schnurstracks auf den nächsten Ausgang zu, setzt sich draußen in sein Auto und fährt los. Er schlängelt sich durch die Berge über der San Andreas Fault zum Skyline Boulevard und fährt dann Richtung Süden. Zehn Minuten später heult Avis Auto mit neunzig oder hundert Sachen auf der Überholspur an ihm vorbei. Randy hat kaum Zeit, den Aufkleber zu lesen: KNAUSER SIND DOOF.
Randy hält Ausschau nach einem absolut anonymen Ort, wo er sich ins Internet einklinken kann. Ein Hotel geht nicht, weil dort über Telefongespräche nach draußen genau buchgeführt wird. Eigentlich müsste er das Interface für die Paket-Funkübertragung an seinem Laptop benutzen, aber selbst dafür bräuchte er einen Platz, um sich hinsetzen und eine Weile ungestört arbeiten zu können. Was ihn auf einen Fast-Food-Laden bringt, von denen es aber in der Einöde der Mid-Peninsula keine gibt. Als er den nördlichen Rand des Valley – Menlo Park und Palo Alto – erreicht, hat er bereits beschlossen, dass ihn alle mal kreuzweise können und er direkt zum Ort des Geschehens fahren wird.Vielleicht kann er sich ja dort nützlich machen. Also nimmt er die Ausfahrt El Monte und fährt ins Geschäftsviertel von Los Altos, ein ziemlich typisches amerikanisches Stadtzentrum aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, das durch Franchiseunternehmen nach und nach ein anderes Gesicht bekommt.
Eine Hauptstraße kreuzt in nicht ganz rechtem Winkel eine kleinere Geschäftsstraße und begrenzt damit zwei (kleinere) spitzwinklige und zwei (größere) stumpfwinklige Grundstücke. Das stumpfwinklige Grundstück auf der einen Seite der Hauptstraße wird von einem zweistöckigen Bürogebäude eingenommen, in dem sich die Ordo-Büros und Tombstone befinden. Auf dem spitzwinkligen Grundstück steht das McDonald’s-Restaurant. Auf dem spitzwinkligen Gelände jenseits der Hauptstraße steht merkwürdigerweise ein 24 Jam, der einzige, den Randy je in der westlichen Hemisphäre gesehen hat. Das stumpfwinklige Grundstück ist ein öffentlicher Parkplatz, auf dem man, was völlig aus der Mode gekommen ist, parken kann, um in dem Geschäftsviertel von Schaufenster zu Schaufenster zu bummeln.
Der McDonald’s-Parkplatz ist voll und so fährt Randy an das Drivein-Fenster, wählt n aus, wobei n eine Zufallszahl zwischen eins und sechs ist, und fragt nach Spar-Menü n mit extragroßen Pommes. Nachdem das Essen gesichert ist, steuert Randy seinen Acura mit aufheulendem Motor schnurstracks über die große Straße auf den öffentlichen Parkplatz, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie ein Minivan mit dem Logo eines Fernsehsenders aus San Jose in die letzte freie Parklücke fährt. Da Randy nicht vorhat, sich weit von seinem Auto zu entfernen, stellt er sich einfach vor ein anderes Auto. Doch gerade als er die Handbremse anzieht, bemerkt er darin eine Bewegung, und als er etwas genauer hinsieht, wird ihm klar, dass er einen Mann mit langen Haaren und Bart dabei beobachtet, wie er systematisch Patronen in eine Pumpgun stopft. Der Mann entdeckt Randy in seinem Rückspiegel und dreht sich mit einem überaus höflichen »Entschuldigen Sie, Sir, aber Sie scheinen mich zugeparkt zu haben«-Blick um. Randy erkennt ihn als Mike oder Mark, einen Grafikkartenhacker, der in Gilroy Straußen züchtet (absonderliche Hobbys sind in der Hightech-Welt ein Muss!). Er fährt den Acura ein Stück weiter und stellt sich vor ein Gefährt, das wie ein verlassener Lieferwagen aus Starsky and Hutch -Zeiten aussieht.
Mit seinem Laptop und seinem Spar-Menü n steigt Randy auf das Dach seines Wagens. Bis vor kurzem hatte er sich nie auf seinen Acura gesetzt, denn sein beachtliches Gewicht hätte das Blech eingedellt. Doch nachdem Amy ihn mit dem Lastwagen gerammt hatte, wurde Randy weniger anal, und jetzt betrachtet er ihn als ein Werkzeug, das er benutzt, bis es nur noch eine Moräne aus verrosteten Scherben ist. Zufällig hat er einen Zwölf-Volt-Adapter für seinen Laptop, den er in seinen Zigarettenanzünder steckt. Endlich kann er sich niederlassen und sich einmal richtig umschauen.
Der Parkplatz des Bürogebäudes von Novus Ordo Seclorum ist voll mit Polizeiwagen, außerdem mit BMWs und Mercedes Benz, von denen Randy annimmt, dass sie Anwälten gehören. Avi hat seinen Range Rover frech auf irgendeinem Beet geparkt, und ein paar Fernsehkamerateams haben auch Stellung bezogen. Vor dem Haupteingang des Gebäudes drängen sich eine Menge Leute auf engstem Raum und schreien sich
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