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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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nächsten Monaten sprechen, oder zumindest die Niederschriften davon lesen. Und Sie und Cantrell und die anderen ununterbrochen über Arethusa jammern zu hören wäre mehr, als er ertragen könnte. Ein schreckliches Déjà-vu. Unerträglich kafkaesk. Deshalb meine Bitte: Lassen Sie die Finger davon.«
    »Danke für den Tipp.«
    »Gern geschehen, Randy. Und darf ich Ihnen noch einen Rat geben?«
    »Das ist ja die Aufgabe von Pontifex.«
    »Erst noch eine Gegenerklärung: Ich war eine Zeit lang in der Versenkung verschwunden. Habe die postmoderne Abneigung gegen jegliches Werturteil nicht übernommen.«
    »Gut, ich bin gewappnet.«
    »Mein Rat: Bauen Sie die bestmögliche Krypta! Ihre Kunden – jedenfalls einige von ihnen – sind praktisch Ureinwohner. Sie werden Sie entweder reich machen oder umbringen, so als entstammte das Ganze einer Fußnote von Joseph Campbell.«
    »Meinen Sie damit die kolumbianischen Drogenbarone?«
    »Ja. Ich denke aber auch an gewisse weiße Männer in Anzügen. Es bedarf nur einer Generation, um wieder in die Barbarei zu verfallen.«
    »Also, wir bieten allen unseren Kunden – sogar denen, die Knochen durch die Nase tragen – die modernsten Verschlüsselungstechniken.«
    »Ausgezeichnet! Und jetzt muss ich mich – so sehr ich es hasse, ein Gespräch in düsterem Ton zu beenden – von Ihnen verabschieden.«
    Randy legt auf und fast im selben Moment klingelt das Telefon wieder.
    »Was sind Sie denn für einer?«, sagt Doug Shaftoe, »ich rufe Sie im Flugzeug an und bekomme ein Besetztzeichen.«
    »Ich muss Ihnen eine witzige Geschichte erzählen«, antwortet Randy, »über einen Typen, dem Sie beim Skilaufen einmal zufällig begegnet sind. Aber das muss leider warten.«

Glory
    Mit bloßer Brust, den Körper mit Tarnfarbe beschmiert, in der Hand das Kampfmesser, die 45er Colt in den Bund seiner Kakihose gesteckt, bewegt sich Bobby Shaftoe wie eine Dunstwolke durch den Dschungel. Als er den japanischen Armeelastwagen, der von den faserigen, eng beieinander stehenden Stämmen einiger Dattelpalmen eingerahmt wird, deutlich sehen kann, bleibt er stehen. Eine Schützenlinie von Ameisen krabbelt über die Haut seines in einer Sandale steckenden Fußes. Er ignoriert sie.
    Das Ganze sieht sehr nach einer Pinkelpause aus. Zwei japanische Gefreite steigen aus dem Lkw und besprechen sich kurz. Einer von ihnen watet in den Dschungel. Der andere lehnt sich an den Kotflügel des Lkw und zündet sich eine Zigarette an. Ihre glühende Spitze ist ein Widerschein des Sonnenuntergangs hinter ihm. Der im Dschungel lässt die Hose herunter, hockt sich hin und lehnt sich an einen Baumstamm, um zu scheißen.
    In diesem Moment sind sie überaus verwundbar. Der Gegensatz zwischen der Helligkeit des Sonnenuntergangs und der Düsternis des Dschungels macht sie fast blind. Der Scheißende ist hilflos, der Rauchende wirkt erschöpft. Bobby Shaftoe streift seine Sandalen ab. Er tritt hinter dem Lkw aus dem Dschungel auf die Straße hinaus, macht auf von Ameisen zerbissenen Füßen ein paar rasche Schritte vorwärts, duckt sich hinter der Stoßstange des Lkw. Leise gleitet die Waffe aus seinerTasche. Ohne den Blick von den Füßen des Rauchenden zu wenden – sie sind unter dem Fahrgestell des Lkw zu sehen -, zieht er die Rückseite der Waffe ab und klatscht sie an die Ladeklappe des Lkw. Dann klebt er, bloß um es ihnen ganz deutlich unter die Nase zu reiben, gleich noch eine daneben. Auftrag ausgeführt! Da hast du, Tojo!
    Gleich darauf ist er wieder im Dschungel und schaut dem japanischen Lkw nach, der nun zwei rot-weiß-blaue Aufkleber mit der Aufschrift ICH KOMME WIEDER! spazieren fährt. Bobby beglückwünscht sich zu einem weiteren erfolgreichen Einsatz.
    Lange nach Einbruch der Dunkelheit erreicht er das Hukbalahap-Lager auf dem Vulkan. Er arbeitet sich zwischen den Sprengfallen des äußeren Sicherheitsrings hindurch und macht, während er sich nähert, viel Lärm, damit die Huk-Wachen nicht im Dunkeln auf ihn schießen. Aber er hätte sich die Mühe sparen können. Die Disziplin ist zusammengebrochen, sie sind alle betrunken und werden immer betrunkener, und zwar wegen einer Meldung, die sie über Funk gehört haben: MacArthur ist wiedergekommen. Der General ist auf Leyte gelandet.
    Bobby Shaftoes Reaktion besteht darin, dass er einen Topf starken Kaffee braut und ihn ihrem Funker Pedro einzuflößen beginnt. Während das Koffein seine Zauberwirkung entfaltet, schnappt sich Shaftoe einen Notizblock samt

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