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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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haben und plötzlich ins All hinausgeschossen sind.Vor diesem Hintergrund ist der Berg, in dem die Krypta liegt, nur ein Stück Holzkohle. Randy ärgert sich über den Sonnenuntergang, denn dadurch ist die Baustelle schwerer zu erkennen. Die Narbe in dem Wolkenwald ist mittlerweile weitgehend verheilt oder zumindest ist irgendein grünes Zeug an die Stelle des nackten, lippenstiftfarbenen Schlamms getreten. Ein paar GOTO ENGINEERING-Container leuchten noch in dem farbverfremdenden Licht der Quecksilberdampflampen am Eingang, aber die meisten von ihnen sind entweder in die Krypta hinein- oder nach Japan zurückgebracht worden. Randy kann die Scheinwerfer eines hausgroßen Goto-Lastwagens erkennen, der sich die Straße hinunterwindet, vermutlich mit Schutt für eins der Landgewinnungsprojekte des Sultans beladen.
    Randy, der aufgerichtet im Bug des Flugzeugs sitzt, kann durch sein Fenster vorne hinausschauen und sehen, dass sie auf der neuen, zum Teil auf solchem Füllmaterial erbauten Rollbahn landen. Die Gebäude der Innenstadt bilden zu beiden Seiten des Flugzeugs Streifen aus blaugrünem Licht und in ihrem Inneren sind wie erstarrt kleine schwarze menschliche Gestalten zu sehen: ein Mann mit einem Telefonhörer zwischen Ohr und Schulter und eine Frau im Rock, die einen Stapel Bücher an ihre Brust drückt, aber an etwas ganz anderes denkt. Als der Bug des Flugzeugs sich zur Landung hebt, ist plötzlich nichts mehr zu sehen, nur noch Indigoblau, und dann blickt Randy über die Sulusee in der Dämmerung, wo die mit Drachensegeln betriebenen Fischerboote der Badjaos , an denen überall ausgenommene Stachelrochen hängen und frische Haifischschwänze wie Fahnen flattern, von ihrem Tagesfang in den Hafen gleiten. Noch vor nicht allzu langer Zeit war ihm das lächerlich exotisch vorgekommen, doch jetzt fühlt er sich hier heimischer als in Kalifornien.
    Für Passagiere der Sultanklasse geht alles so schnell wie im Film, mit nahezu bildsprungartiger Geschwindigkeit. Das Flugzeug landet, eine hübsche Frau reicht einem das Jackett und man steigt aus. Die von asiatischen Fluggesellschaften benutzten Maschinen müssen im Heck eine besondere Rutsche haben, zu der Flugbegleiterinnen an ihrem achtundzwanzigsten Geburtstag in die Stratosphäre hinausgeschleudert werden.
    Die Fluggäste der Sultanklasse werden in der Regel erwartet. An diesem Abend ist es John Cantrell, immer noch mit Pferdeschwanz, aber mittlerweile glatt rasiert; am Ende schafft die Hitze jeden. Er ist sogar so weit gegangen, sich im Nacken zu rasieren, ein guter Trick, um zusätzlich noch ein paar Kalorien loszuwerden. Cantrell begrüßt Randy mit einem linkischen Manöver aus Handschlag und gleichzeitiger bodycheckartiger Umarmung mit dem anderen Arm.
    »Schön, dich zu sehen, John«, sagt Randy.
    »Dich auch, Randy«, sagt John, und beide Männer wenden schüchtern den Blick ab.
    »Wer ist wo?«
    »Du und ich sind hier am Flughafen. Avi hat sich bis zum Abschluss des Projekts ein Hotelzimmer in San Francisco City genommen.«
    »Gut. Ich glaube, allein wäre er in diesem Haus auch nicht sicher gewesen.«
    Cantrell sieht aufgebracht aus. »Aus einem bestimmten Grund? Hat es Drohungen gegeben?«
    »Nicht dass ich wüsste. Aber man kann nicht über die große Anzahl mehr oder minder unheilvoller Gestalten hinwegsehen, die darin verwickelt sind.«
    »Avi ist also sicher. Beryl fliegt von Amsterdam aus nach S. F. zurück – wahrscheinlich ist sie jetzt sogar schon dort.«
    »Ich habe gehört, dass sie in Europa war. Warum?«
    »Da passieren merkwürdige Sachen auf Regierungsebene. Davon erzähle ich dir später.«
    »Wo ist Eb?«
    »Eb hat sich schon vor einer Woche mit seinem Team in der Krypta verschanzt und eine unglaubliche D-Day-artige Großoffensive gestartet, um das biometrische Identifizierungssystem zu vervollkommnen. Ihn werden wir nicht stören. Tom ist ständig zwischen seinem Haus und der Krypta hin- und hergependelt und hat die verschiedensten Belastungstests an den internen Netzwerksystemen der Krypta vorgenommen. Die inneren Grenzen des Vertrauens ausgetestet. Dorthin werden wir jetzt gehen.«
    »Zu den inneren Grenzen des Vertrauens?«
    »Nein! Entschuldige. Zu seinem Haus.« Cantrell schüttelt den Kopf. »Es ist... nun ja. Es ist nicht das Haus, das ich bauen würde.«
    »Das möchte ich sehen.«
    »Seine Paranoia gerät im Moment ein bisschen außer Kontrolle.«
    »Ach, wo wir gerade dabei sind...« Randy hält inne. Er wollte Cantrell gerade

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