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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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der dümmste Drogenschmuggler unter der Sonne zu sein.«
    »Ist jemand sauer auf Sie?«
    »Das ist eine lange Geschichte«, erwidert Randy, »aber ich glaube, Sie wissen schon, worum es geht.«
    »Also mein Fall liegt folgendermaßen: Ich habe in einem Missionskrankenhaus oben in den Bergen gearbeitet.«
    »Sind Sie Priester?«
    »Nicht mehr. Ich bin Laienbruder.«
    »Wo ist Ihr Krankenhaus?«
    »Südlich von hier. Draußen in der Wildnis«, sagt Enoch Root. »Dort bauen die Leute Ananas, Kaffee, Kokosnüsse, Bananen und ein paar andere für den Handel bestimmte Feldfrüchte an. Aber ihr Land wird von Schatzsuchern zerpflügt.«
    Seltsam , dass Enoch Root plötzlich auf das Thema vergrabene Schätze zu sprechen kommt. Wo er doch so verschlossen gewesen ist. Randy vermutet, dass er die Absicht hatte, sich dumm zu stellen. Er startet einen Versuchsballon: »Soll da unten irgendein Schatz liegen?«
    »Die Alten sagen, in den letzten paar Wochen vor MacArthurs Rückkehr seien viele japanische Lastwagen eine bestimmte Straße entlanggefahren. Ab einem gewissen Punkt sei es unmöglich gewesen herauszubekommen, wohin sie fuhren, denn die Straße sei gesperrt worden und man habe Minenfelder gelegt, um die Neugierigen abzuschrecken.«
    »Oder zu töten«, sagt Randy.
    Darauf geht Enoch Root gar nicht ein. »Diese Straße führt in ein ziemlich ausgedehntes Gebiet, in dem durchaus Gold versteckt worden sein könnte. Aberhunderte von Quadratkilometern. Ein großer Teil davon ist Dschungel. Oder hat eine schwierige Topographie. Unmengen von Vulkanen, von denen manche erloschen sind und andere von Zeit zu Zeit Schlammströme ausspucken. Ein Teil ist jedoch flach genug, um tropische Feldfrüchte anzupflanzen, und dort haben sich in den Jahrzehnten seit dem Krieg Menschen angesiedelt und die Grundzüge eines Wirtschaftssystems aufgebaut.«
    »Wem gehört das Land?«
    »Sie kennen die Philippinen mittlerweile wirklich gut«, sagt Enoch Root. »Sie kommen sofort zur zentralen Frage.«
    »So wie man im Mittleren Westen über das Wetter klagt, fragt man hier, wem das Land gehört«, sinniert Randy.
    Enoch Root nickt. »Ich könnte mich eine ganze Weile mit der Beantwortung Ihrer Frage beschäftigen. Die Antwort lautet, dass die Besitzverhältnisse sich unmittelbar nach dem Krieg änderten, dann wieder unter Marcos und noch einmal in den letzten paar Jahren. Das ergibt, wenn Sie so wollen, mehrere Epochen. Erste Epoche: vor dem Krieg. Land im Besitz bestimmter Familien.«
    »Natürlich.«
    »Natürlich. Zweite Epoche: der Krieg. Ein riesiges Gebiet von den Japanern in Beschlag genommen. Manche von den Familien, die Land besaßen, kamen unter den Besatzern zu Reichtum. Andere fielen in Armut. Dritte Epoche: die Nachkriegszeit. Die arm gewordenen Familien gingen fort. Die zu Reichtum gelangten dehnten ihre Besitztümer aus. So wie die Kirche und der Staat.«
    »Wieso?«
    »Der Staat verwandelte einen Teil des Landes – den Dschungel – in einen Nationalpark. Und nach den Ausbrüchen errichtete die Kirche die Missionsstation, in der ich arbeite.«
    »Ausbrüche?«
    »Anfang der Fünfzigerjahre wurden, um die Dinge interessanter zu machen – Sie wissen, auf den Philippinen sind sie nie interessant genug -, die Vulkane wieder aktiv. Ein paar Lahars flossen durch das Gebiet, löschten einige Dörfer aus, leiteten so manchen Fluss um und vertrieben viele Menschen. Um diesen Leuten zu helfen, errichtete die Kirche das Krankenhaus.«
    »Ein Krankenhaus nimmt nicht besonders viel Land in Anspruch«, bemerkt Randy.
    »Wir haben auch Farmen. Wir versuchen, den Einheimischen zu mehr Selbständigkeit zu verhelfen.« Enoch Roots Verhalten ist zu entnehmen, dass er darüber eigentlich nicht sprechen möchte. »Jedenfalls pendelten die Dinge sich in einem Rahmen ein, der mehr oder weniger bis zur Marcos-Ära fortbestand, als verschiedene Leute gezwungen wurden, Teile ihres Besitzes an Ferdinand und Imelda und verschiedene ihrer Cousins, Neffen, Spießgesellen und Speichellecker zu verkaufen.«
    »Sie waren auf der Suche nach japanischem Kriegsgold.«
    »Unter den Einheimischen haben manche ein Geschäft daraus gemacht, so zu tun, als erinnerten sie sich, wo das Gold liegt«, sagt Enoch Root. »Als man erst einmal merkte, wie einträglich das war, breitete es sich aus wie ein Virus. Mittlerweile behauptet jeder, verschwommene Erinnerungen an den Krieg zu haben oder an Geschichten, die Vater oder Großvater erzählt haben. Die Schatzsucher der

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