einem Dateisystem, das einige Zehntausend verschiedene Dateien, zumeist in reinem ASCII-Textformat, enthält. Es gibt viele verschiedene Programme, mit denen man diese Dateien öffnen, auf den Bildschirm holen und editieren kann. Randy hat vor, ein Perl-Skript zu schreiben, das durch das Dateisystem streift, wahllos Dateien herausgreift, jede davon in einem Fenster von beliebiger Größe und Lage öffnet, eine Weile darin herumblättert und sie wieder schließt. Lässt man das Skript schnell genug laufen, werden, gleichsam als rechtwinklig geformte Lichteffekte eines ewig andauernden Feuerwerks, ständig irgendwo auf dem Bildschirm Fenster aufgehen. Wird dieses Skript nun anstelle des einfarbigen Indigoblau als Bildschirmhintergrund benutzt, läuft das alles hinter dem einen Fenster, in dem Randy gerade arbeitet. Die Leute, die seine Arbeit überwachen, werden bei dem Versuch, die einzelnen Spuren zu verfolgen, den Verstand verlieren. Vor allem, wenn Randy ein Skript schreibt, das alle paar Sekunden für eine beliebige Veränderung der Größe und Lage des eigentlichen Fensters sorgt.
Die Arethusa-Funksprüche in einem Fenster zu öffnen, wäre wirklich dumm – das wird er nicht tun. Mithilfe dieser Technik kann er jedoch verschleiern, was immer er sonst an Entschlüsselungsarbeit macht. Als er ein paar Zeilen des Perl-Skripts geschrieben hat, wird ihm allerdings klar, dass, wenn er in einem so frühen Stadium seiner Haftzeit eine solche Nummer abzieht, die Leute, die ihn überwachen, gleich wissen werden, dass er ihnen auf die Schliche gekommen ist. Vielleicht ist es besser, wenn er sie noch eine Weile in dem Glauben lässt, er hege keinerlei Verdacht. Deshalb hebt er sich das Perl-Skript auf und beendet erst einmal die Arbeit daran. Wenn er es schubweise schreibt, indem er es nur ein- oder zweimal am Tag öffnet, um ein paar Zeilen zu tippen, und es dann wieder schließt, werden seine Überwacher wahrscheinlich nicht in der Lage sein nachzuvollziehen, was er treibt, selbst wenn sie zufällig Hacker sein sollten. Als besonders fiesen Trick verändert er die X-Windows-Optionen noch so, dass keins der Fenster oben eine Titelleiste hat. Auf diese Weise werden die Überwachungsfuzzis nicht sagen können, an welcher Datei er zu einem gegebenen Zeitpunkt arbeitet, was es ihnen wesentlich erschweren wird, sich aus einer langen Reihe von Beobachtungen ein kohärentes Bild vom Inhalt seines Perl-Skripts zu machen.
Außerdem öffnet er die alte Nachricht von
[email protected] mit der Pontifex-Transformation, ausgedrückt in ein paar Zeilen Perl Code. Die einzelnen Schritte, die, von einem Computer ausgeführt, so schwerfällig wirkten, erscheinen jetzt, wo er sie als Manipulationen eines Spiels Karten konstruiert, klar, um nicht zu sagen einfach.
»Randy.«
»Hmm?« Verblüfft darüber, dass er sich in einem Gefängnis auf den Philippinen befindet, schaut Randy vom Bildschirm auf.
»Das Abendessen ist serviert.«
Es ist Enoch Root, der ihn durch die Gitterstäbe ansieht. Er deutet auf den Boden von Randys Zelle, wo gerade ein neuer Napf mit Essen hereingeschoben worden ist. »Eigentlich ist es schon vor einer Stunde serviert worden – vielleicht möchten Sie sich darüber hermachen, bevor die Ratten kommen.«
»Danke«, sagt Randy. Nachdem er sich davon überzeugt hat, dass alle Fenster auf seinem Bildschirm geschlossen sind, geht er hinüber und nimmt sein Abendessen von dem mit Spritzern alter Rattenscheiße befleckten Fußboden. Es ist Reis und Lechon, ein einfaches, traditionelles Schweinefleischgericht. Enoch Root ist schon lange mit dem Essen fertig – er sitzt auf seinem Bett gleich neben Randy und spielt ein ungewöhnliches Solitaire-Spiel, bei dem er hin und wieder innehält, um einen Buchstaben aufzuschreiben. Randy beobachtet aufmerksam, wie er die Karten handhabt, und ist sich immer sicherer, dass er genau die Folge von Operationen durchführt, über die er gerade etwas in der alten E-Mail gelesen hat.
»Weswegen sind Sie hier drin?«, fragt Randy.
Enoch Root zählt den Stapel Karten fertig, wirft einen raschen Blick auf eine Piksieben, schließt für einen Augenblick die Augen und schreibt ein W auf seine Serviette. Dann sagt er: »Ungebührliches Benehmen. Unbefugtes Betreten. Anstiftung zum Aufruhr. Der ersten beiden bin ich vermutlich schuldig.«
»Erzählen Sie mir davon.«
»Sagen Sie mir erst, weshalb Sie hier sind.«
»Am Flughafen wurde in meiner Tasche Heroin gefunden. Ich bin angeklagt,