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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Marcos-Ära legten nicht die vorsichtige Skepsis an den Tag, die man von Menschen mit schärferem Verstand vielleicht erwartet hätte. Viele Löcher wurden gegraben. Gold wurde keins gefunden. Alles beruhigte sich. Im Lauf der letzten paar Jahre traten dann die Chinesen auf den Plan.«
    »Filipinos chinesischer Abstammung, oder -«
    »Chinesen chinesischer Abstammung«, sagt Enoch Root. »Nordchinesen. Kräftige, die gerne stark gewürzt essen. Nicht die gewohnten zierlichen, Kantonesisch sprechenden Fischesser.«
    »Woher kommen diese Leute denn – aus Schanghai?«
    Root nickt. »Ihr Unternehmen ist eine dieser post-maoistischen Monstrositäten. Angeführt von einem echten Veteran des Langen Marsches. Einem gerissenen Überlebenden vieler Säuberungsaktionen. Wing mit Namen. Mr. Wing – oder General Wing, wie er sich gerne nennen lässt, wenn ihn die Nostalgie befällt – hat den Übergang zum Kapitalismus recht geschickt bewerkstelligt. Hat während des Großen Sprungs nach vorn mit Sklavenarbeit Wasserkraftwerke gebaut und das ganze zum Machtbereich eines sehr großen Regierungsministeriums ausgedehnt, das inzwischen eine Art Unternehmen geworden ist. Mr. Wing ist imstande, nahezu jedem Haus, jeder Fabrik, sogar jedem Militärstützpunkt in China den Strom abzudrehen, was ihn nach chinesischen Maßstäben zu einem angesehenen, erfahrenen Staatsmann macht.«
    »Was will Mr. Wing dort?«
    »Land. Land. Und noch mal Land.«
    »Was für Land?«
    »Land im Dschungel. Seltsamerweise.«
    »Vielleicht will er ein Wasserkraftwerk bauen.«
    »Ja, und vielleicht sind Sie ein Heroinschmuggler. Hören Sie, Randy, halten Sie mich bitte nicht für unverschämt, wenn ich das sage, aber Sie haben Sauce im Bart.« Enoch Root streckt eine Hand durch die Gitterstäbe und bietet ihm eine Papierserviette an. Randy nimmt sie, hebt sie ans Gesicht und bemerkt, dass die folgenden Buchstaben darauf geschrieben stehen: AGKDW ZRNCQ JIOXW. Randy tut, als tupfe er sich Sauce vom Bart.
    »Jetzt ist’s passiert«, sagt Enoch Root, »jetzt hab ich Ihnen meinen ganzen Schmierpapiervorrat gegeben.«
    »Niemand hat größere Liebe«, sagt Randy. »Und wie ich sehe, haben Sie mir auch Ihr anderes Spiel Karten gegeben – Sie sind zu großzügig.«
    »Überhaupt nicht – ich dachte, Sie hätten vielleicht Lust, Solitaire zu spielen, so wie ich es gerade getan habe .«
    »Von mir aus«, sagt Randy, stellt seine Essensschale beiseite und greift nach dem Spiel.
    Die Karte oben auf dem Stapel ist eine Pikacht. Nachdem er sie und ein paar weitere Karten abgenommen hat, stößt er auf einen Joker mit kleinen Sternen in den Ecken; Bemerkungen zufolge, die Enoch bereits fallen gelassen hat, ist das der Joker A. Blitzschnell hat er ihn unter die darunter liegende Karte geschoben, die zufällig ein Kreuzbube ist. Nach ungefähr zwei Dritteln des Stapels findet er einen Joker mit großen Sternen, das ist der Joker B; den schiebt er zwei Karten weiter unten wieder in den Stoß, unter die Kreuzsechs und die Karoneun. Nachdem er den Kartenstapel wieder auf Kante gestoßen hat, geht er ihn erneut durch, steckt jeweils da, wo die Joker liegen, Finger hinein und hat schließlich gut die Hälfte des Stapels – alle Karten zwischen den Jokern und die beiden Joker selbst – zwischen Zeigefingern und Mittelfingern eingeklemmt. Die dünneren Stapel darüber und darunter zieht er heraus und vertauscht sie miteinander. Enoch schaut sich das alles an und scheint einverstanden zu sein.
    Jetzt schiebt Randy die unterste Karte heraus, die sich als Kreuzbube erweist. Nach reiflicher Überlegung nimmt er den Buben in die Hand und legt ihn einstweilen auf sein Knie, damit er beim nächsten Schritt nicht durcheinander kommt. Laut den auf seine Fingernägel gemalten Erinnerungshilfen beträgt der numerische Wert dieses Buben lediglich 11. Also zählt er von oben bis zur 11. Karte durch, hebt den darunter liegenden Stapel einmal ab, vertauscht die beiden Hälften miteinander und nimmt schließlich den Kreuzbuben von seinem Knie, um ihn wieder unter den Stapel zu legen.
    Die oberste Karte ist jetzt ein Joker. »Welchen Wert hat ein Joker?«, fragt er, und Enoch Root sagt: »Jeweils dreiundfünfzig.« Damit bekommt Randy einen Schritt geschenkt; er weiß, dass er, wenn er von oben zu zählen beginnt und bei 53 anlangt, die letzte Karte vor sich hat. Und die ist zufällig der Kreuzbube, mit einem Wert von 11. Elf ist also die erste Zahl im Schlüsselstrom.
    Nun ist der erste

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