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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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angemessenes Schweigen in der Runde ein.
    »Als er besserer Stimmung war, hat er Ihre Arbeit am Cryptonomicon in den höchsten Tönen gelobt«, sagt einer von den Anderen, der bis jetzt noch nicht groß den Mund aufgemacht hat. Waterhouse klassifiziert ihn als eine Art nicht genau spezifizierten großen Zampano in der Welt der Maschinenkryptologie.
    »Er ist ein Mordskerl«, sagt Waterhouse.
    Der Obermotz benutzt dies als Anknüpfungspunkt. »Aufgrund Ihrer Arbeit mit Dr. Schoens Indigo-Maschine stehen Sie per definitionem auf der Magic-Liste. Und nun, da sich unser Land und Ihres – zumindest prinzipiell – darauf geeinigt haben, auf dem Gebiet der Kryptoanalyse zusammenzuarbeiten, werden Sie automatisch auf die Ultra-Liste gesetzt.«
    »Ich verstehe, Sir«, sagt Waterhouse.
    »Ultra und Magic sind weitgehend vergleichbar. In beiden Fällen hat eine Krieg führende Macht einen Maschinencode entwickelt, den sie für absolut sicher hält. In beiden Fällen allerdings hat eine alliierte Macht diesen Code geknackt. Dr. Schoen und seine Mannschaft haben Indigo geknackt und die Magic-Maschine konstruiert. Und hier war es Dr. Knox’ Mannschaft, die Enigma geknackt und die so genannte Bombe konstruiert hat. Der maßgebende Mann hier scheint Dr. Turing gewesen zu sein. Der maßgebende Mann bei Ihnen drüben war Dr. Schoen, der, wie Sie schon sagten, nicht ganz auf der Höhe ist. Aber seiner Einschätzung nach sind Sie durchaus mit Dr. Turing vergleichbar.«
    »Das ist verdammt großzügig von ihm«, sagt Waterhouse.
    »Sie haben doch mit Turing in Princeton studiert, nicht wahr?«
    »Wir waren zur gleichen Zeit dort, wenn Sie das meinen. Wir sind zusammen Fahrrad gefahren. Seine Arbeit war sehr viel fortgeschrittener.«
    »Aber Turing war doch schon im Hauptstudium. Und Sie waren bloß ein Erstsemester.«
    »Richtig. Aber er ist trotzdem immer noch viel schlauer als ich.«
    »Sie sind zu bescheiden, Captain Waterhouse. Wie viele Erstsemester haben denn schon Papiere in internationalen Zeitschriften veröffentlicht?«
    »Wir sind bloß zusammen Fahrrad gefahren«, beharrt Waterhouse. »Einstein hat mir nicht mal guten Tag gesagt.«
    »Dr.Turing hat sich mit der Informationstheorie als ziemlich nützlich erwiesen«, sagt ein vorzeitig abgezehrter Bursche mit langem, schlaffem grauem Haar, den Waterhouse als Oxbridge-Lehrer oder etwas in der Art klassifiziert. »Sie müssen mit ihm darüber gesprochen haben.«
    Der Universitätslehrer wendet sich an die anderen und sagt universitätslehrerhaft: »Die Informationstheorie würde sich auf einen mechanischen Rechner ganz ähnlich auswirken wie, sagen wir, die Dynamik der flüssigen Körper auf einen Schiffsrumpf.« Dann wendet er sich wieder an Waterhouse und sagt etwas weniger förmlich: »Dr. Turing hat seine Arbeit zu dem Thema weiterentwickelt, seit er, aus Ihrer Sicht, ins Reich der Verschlusssachen entschwunden ist. Von besonderem Interesse war dabei das Thema, wie viele Informationen sich eigentlich aus vermeintlich beliebigen Daten gewinnen lassen.«
    Plötzlich wechseln alle anderen Anwesenden wieder diese amüsierten Blicke. »Ihrer Reaktion entnehme ich«, sagt der Obermotz, »dass das auch für Sie weiterhin von Interesse gewesen ist.«
    Waterhouse fragt sich, worin seine Reaktion bestanden hat. Sind ihm Fangzähne gewachsen? Hat er in seinen Kaffee gesabbert?
    »Das ist gut«, sagt der Obermotz, ehe Waterhouse antworten kann, »für uns ist es nämlich auch von höchstem Interesse. Sehen Sie, nun, da wir Anstrengungen unternehmen – und ich muss den derzeit noch vorläufigen und unbefriedigenden Charakter dieser Anstrengungen betonen -, die Nachrichtenbeschaffung zwischen Amerika und Großbritannien zu koordinieren, befinden wir uns in der merkwürdigsten Situation, der sich jemals zwei Alliierte in einem Krieg gegenübersahen. Wir wissen alles, Commander Waterhouse. Wir empfangen Hitlers persönliche Mitteilungen an seine Oberbefehlshaber, und das häufig, ehe die Oberbefehlshaber sie bekommen! Es ist klar, dass dieses Wissen ein mächtiges Werkzeug ist. Aber es ist ebenso klar, dass es uns nicht helfen kann, den Krieg zu gewinnen, sofern wir nicht zulassen, dass es unsere Maßnahmen beeinflusst. Das heißt, wenn wir dank Ultra von einem Geleitzug Kenntnis erhalten, der von Tarent aus in See geht, um Rommel mit Nachschub zu versorgen, dann nützt uns dieses Wissen gar nichts, sofern wir nicht losziehen und diesen Geleitzug versenken.«
    »Klar«, sagt

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