Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Crystall (German Edition)

Crystall (German Edition)

Titel: Crystall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrico Mahler
Vom Netzwerk:
verlieren.“
    „Auch du hast keine Armee mehr.“
    Der Reiter lachte spöttisch. „Das ist auch gar nicht nötig.“
    Mandy verzog bitter das Gesicht. Der Fremde hatte Recht, dieser Kampf war unnütz gewesen. Der Kristall gehörte immer noch nicht ihnen. Unter ihren eigenen Leuten gab es keine zu Pferde mehr und niemand hatte noch genügend Kraft, um sich jetzt einen kurzen Sprint zu leisten. Die Reiter würden einfach fliehen.
    „Meinst du?“, fragte diesmal Sator. „Du hast verloren, gib uns einfach den Kristall und erspar dir die Mühe.“
    „Sei still!“ Die Stimme des Reiters war schneidend scharf. „Wir sehen uns wieder. Nawarhon, du kämpfst auf der falschen Seite, auf der Verliererseite.“
    „Was soll das bedeuten?“, rief der junge Prinz aufgebracht. Er verstand den Sinn der Worte nicht.
    „Hast du dich niemals gefragt, warum all deine klugen Pläne fehlschlagen? Warum habt ihr in Nectar den Kampf verloren, in der eigenen Festung?“
    „Sprich nicht in Rätseln.“
    „Wie du meinst.“ Und damit griff der Reiter nach seinem Helm und hob ihn vom Kopf. Er grinste.
    „Was zur Hölle...?“ Nawarhon verlor die Fassung und seine Schwester zuckte zusammen.
    „Du warst naiv, mein Sohn.“ Der Mann packte die Zügel und sprengte in Begleitung der zwei Teufelskrieger davon.
    Der Prinz stand fassungslos da und starrte vor sich ins Leere. Hinter ihm wurde panikerfülltes Gemurmel laut. Auch Mandy konnte es nicht glauben. Man hatte sie die ganze Zeit über verraten.
    Der Führer der schwarzen Armee war niemand anderer als der Satyr, der König von Nectar – Nawarhons Vater.

Der letzte Akt

    Ihr Atem funktionierte nur noch stoßweise und erinnerte an ein rasselndes, von den Jahren gezeichnetes Uhrwerk, dessen Lebensdauer längst überschritten war. Jedes Luftholen wurde zu einem Stück Qual und blähte den Brustkorb so gewaltig, dass es schmerzte. Sie spürte Stiche in der Seite und erlag mehr und mehr dem Gefühl, als wolle ihr jemand die Kehle abschnüren. Sie war am Ende ihrer Kräfte. Die Stirn glänzte vor Nässe im fahlen Licht des Mondes, der höhnisch vom Nachthimmel über den Dächern herab spähte. Vielleicht war es nichts weiter als dumme Einbildung, aber zum ersten Mal schien der Mond nicht nur ein sonnenreflektierender Himmelskörper in den Weiten des Universums, sondern etwas Eigenständiges, Lebendes. Fast kam es ihr vor, als wäre dieser Vollmond heute Nacht der Kopf eines Ungeheuers, dessen Licht nur dazu diente, sie für Gefahren sichtbar zu machen und seine Flächenkonturen und Maare spiegelten sich ihr als dämonische Fratze wider.
    Schaudernd löste Mandy ihren Blick vom Nachthimmel, sie hatte weiß Gott andere Probleme. Seit annähernd einer viertel Stunde lief sie nun bereits durch die schmalen Straßen der Stadt, die sie nicht einmal kannte. Sie war durchzogen von einem Irrgarten an Gassen und ein Winkel glich dem anderen. Zu beiden Seiten säumten gewaltige, baufällige Gebäude ihren Weg, deren ungesehene Höhe tiefe Schatten in die Straßen warfen. Aber nicht etwa, dass sie mit Leben gefüllt wären, im Gegenteil erinnerten sie Mandy höchstens an verlassene, halb zerstörte Fabrikhallen, in denen sich – wenn überhaupt – maximal Gesindel herum trieb.
    Mandy verscheuchte auch diesen Gedanken und ging schneller. Sie war noch weit davon entfernt zu rennen, trotzdem glich ihr Laufen schon eher einer überstürzten Flucht und sie verlor auch so stetig an Ausdauer. Aber schließlich legte sie nicht grundlos dieses panikerfüllte Tempo ein. Immer häufiger flog ihr Kopf zurück und die Augen tasteten die Straße ab, die sie gerade gekommen war. Nicht, dass sie unmittelbar bedroht wurde, aber da war so ein Gefühl ... Mandy konnte es kaum in Worte fassen. Sie spürte einfach, dass sie nicht alleine war und gleichzeitig erkannte sie auch, wenn da jemand sein sollte, dann musste er mit ihr spielen. Und das war grauenerregender als eine Gefahr, die ihr persönlich gegenüber stand. Ihre Angst war hundert Mal größer, wenn sie sich gejagt und bedroht fühlte, den Grund aber nicht sehen konnte. Das ging bereits seit einigen Minuten so und in dieser Zeit hatte es Mandy nicht ein Mal geschafft, logisch zu denken.
    Mandy starrte nervös voraus und eilte die gepflasterte Straße weiter entlang, ohne sich darüber Gedanken oder Sorgen zu machen, was vor ihr sein könnte. Einzig die Gefahr im Nacken machte sie unruhig. Angefangen hatte dieses Gespür mit dem Eindruck, nur beobachtet zu

Weitere Kostenlose Bücher