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Crystall (German Edition)

Crystall (German Edition)

Titel: Crystall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrico Mahler
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Hände, die sich um ihre Glieder wanden. Sie fühlte eine lähmende Kälte und schrie schließlich aus Leibeskräften. Der Ruf hallte durch die ganze Stadt, blieb trotzdem das einzige Geräusch weit und breit.
    Mandy prallte einen Schritt zurück und schnappte nach Luft. Noch niemals zuvor hatte sie eine derartige Angst gespürt und sie wollte nur noch sterben, einfach umfallen und nichts mehr wahrnehmen.
    „Kann ich helfen, junges Mädchen?“
    Wie unter einem Hammerschlag zuckte sie zusammen und fuhr in der selben Sekunde herum. Diesmal waren es keine Einbildungen gewesen. Halb im Mondlicht und teils verborgen in den Schatten der gigantischen Häuser stand eine alte Frau.
    Mandy schwieg und starrte gebannt auf die Fremde, deren Gesicht nur so von Runzeln und Falten übersät war. Die Alte stützte auf einem Stock und sah Mandy aus fast geschlossenen Augen entgegen. Dann kicherte sie plötzlich.
    Mandy schluckte und sie spürte, wie sich ihr ganzer Körper versteifte. „Was...?“
    „Habe ich dich“, grinste die Alte höhnisch und ihr Gesicht begann zu zerfließen. Nein, sie löste sich nicht auf, sondern mit ihr ging eine Verwandlung vor. Die Haut wurde zu einer lebenden, wabernden Masse, hob und senkte sich, floss umher, als bewege sich etwas unter der Haut. Dann glätteten sich die Züge und von einem Schlag auf den anderen stand dort eine jüngere Frau. R´Ryah.
    „Du ... du bist hier?“, keuchte Mandy und ihr Atem schien auszusetzen. Fassungslos blickte sie Ry entgegen.
    „Ja ... kleines Mädchen.“ Ry lächelte und streckte ihre Hand nach Mandy aus. „Komm zu mir“, hauchte ihre Stimme, als käme sie aus dem Jenseits.
    „Aber ... was soll das?“
    Ry blieb stehen und vollführte mit ihren Armen schlangenhafte Bewegungen, dann löste sich auch ihr Körper auf, verfloss zu einer schwarzen, rauchigen Gestalt mit einem Gesicht, das keine Züge besaß, sie dennoch anzugrinsen schien.
    Mandy schrie in wilder Verzweiflung auf und ...

    ... erwachte endlich. Weder brüllte sie, noch schlug sie um sich. Sie setzte sich ganz einfach auf, atmete tief durch und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Diese Bewegungen waren rein instinktiv, denn in Wahrheit benötigte Mandy einige Minuten, um zu begreifen, dass sie geträumt hatte und wieder wach war. Verstört sah sie sich um.
    Das Lager befand sich in demselben Zustand wie schon vor ihrem Traum und hatte sich nicht verändert. Weder hingen Schatten wie fetzige, düstere Nebelschwaden in der Luft, noch fühlte sie irgendeine Art der Bedrohung. Alles war friedlich und fast still.
    Dennoch verstrichen ganze Minuten, bis sie soweit klar denken konnte, um das zu begreifen. Ihr Puls schlug wieder regelmäßiger und sie vermochte den Unterschied zwischen Realität und Traumwelt allmählich auseinander zu halten. Es war zumindest anfangs gar nicht so leicht, wie sie immer gedacht hätte. Selbst mit offenen Augen spürte sie die Nachwirkungen des Albtraumes deutlich und ihr Blick zeigte eine diesige Atmosphäre, in der sie nicht die Wirklichkeit zu sehen im Stande war, sondern fremde Bilder wie das Aufblitzen von Lichtflecken gewahrte.
    Sehr spät, wie Mandy selbst fand, kehrte die Orientierung vollständig zurück. Sie wusste, dass sie geträumt hatte und zwar heftig unangenehm und so real und spürbar, dass sie noch hinterher lange der Annahme war, diese Erlebnisse tatsächlich erlitten zu haben. Für einen winzigen Augenblick dachte sie sogar an etwas wie eine Vision, schlug diese Möglichkeit jedoch beiseite. Wahrscheinlich war sie nervlich nur angekratzt und überspannt.
    Mandy saß nach wie vor auf dem schmalen Bündel Stroh und zog die Knie bis an den Körper, um sie mit den Armen umschlingen zu können. Verzweifelt bemühte sie sich darum, den Traum noch einmal gedanklich nachzuspielen, doch es gelang ihr nicht, wie so ziemlich bei allen Träumen. Es war ein seltsames Gefühl, sowie die Scheinwelt im Schlafe ebenfalls ein Phänomen war. Alle Erinnerungen an den Traum waren vorhanden, verborgen in den hintersten Winkeln des Gehirnes, das wusste und fühlte Mandy mit Sicherheit, aber immer, wenn sie nach den Daten zu greifen versuchte, verschwanden sie – Stück für Stück. Das war so ähnlich, als wolle sie aus einer Distanz, die eine Berührung gerade noch zu ließ, ein Brikett nasse, glitschige Seife fassen, diese jedoch mit jedem neuen Versuch ein weiteres Stück davon rutschte, bis sie schließlich unerreichbar sein würde.
    Mandy gab ihre

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