Crystall (German Edition)
einfach unmöglich, völlig unlogisch. Konnten die hellsehen?
Mandys Gedanken überschlugen sich verzweifelt. Was sollte sie jetzt tun? Sie musste Nawarhon irgendwie warnen. Sobald ihre Kämpfer aus dem Versteck kamen, würde der Rest der schwarzen Armee über sie herfallen. Alles wäre aus.
Sie brüllte hinaus, rief Nawarhons Namen und fuchtelte wie wild mit den Armen herum, doch all das brachte nichts. Als hätte sich das Schicksal gegen sie verschworen, konnte der Sturm nicht unpassender sein. Sie selbst verstand ihre eigenen Worte nur spärlich, der Junge konnte sie also kein Stück hören.
„Verfluchter Wind“, fauchte Mandy und dachte nach. Sie musste ihn irgendwie warnen, bevor es zu spät war. Aber wie denn?
In derselben Sekunde beantwortete sich ihre eigene Frage. Da der Kampf bereits auch im Turm wütete, war es nur annehmbar, dass ihre Wachen fort waren. Ohne Verzögerung sprang sie vom Fensterbrett und hastete auf ihre Waffen zu. Das Schwert schob sie in ihren Gürtel, auch wenn sie damit nicht viel anfangen können würde. Dennoch fühlte sie sich behütet. Zudem steckte sie die Pfeile ein und legte einen in die Armbrust, die sie bereit in die rechte Hand nahm. Den Schild ließ sie zurück.
Ohne Rücksicht auf Verluste trat sie die Tür einfach ein und sicherte den Gang wie ein kleiner Profi. Zielbereit sah sie sich um, keine Spur von Feinden oder Freunden.
Mandy wischte sich den Schweiß von der Stirn und eilte den Gang entlang. An jeder Gabelung machte sie halt und spähte um die Ecke. Aber einmal sollte auch sie Glück haben. Unbekümmert erreichte sie schon einmal die Steiltreppe, die sie dieses Mal sehr viel schneller und geschickter hinunter raste. Wieder auf festem Boden kämpfte sie ihr Schwindelgefühl nieder und hetzte dann die Kellergänge entlang. Aber noch suchte sie nicht den Ausgang, sondern lief in einen anderen Raum, der wie eine Art Gefängniskammer wirkte. Einige Zellen, bunkerartiges Mauerwerk und zwei Feinde.
Mandy blieb wie angewurzelt stehen. Beide hielten sie einen der Kristalle in der Hand. Die rubinförmigen Kostbarkeiten strahlten eine unglaubliche Energie aus. Ein Lichtmantel schien darum zu sein.
Einer der Krieger rannte einfach aus dem Raum und war nicht mehr zu erwischen. Der andere aber starrte das Mädchen fassungslos an.
Mandy kam zu der Erleuchtung, dass die Tyrannen die heiligen Kristalle stehlen wollten und ihr Gehirn sagte, dass das nicht gut war. Fast ohne ihr Zutun fuhr ihr Arm ein Stück hoch und zielte auf das linke Bein des Kriegers. Dann drückte sie ab und der Pfeil schoss davon, dass selbst Mandy erschrak. Das Geschoss bohrte sich in den Oberschenkel und riss den Kämpfer um.
Mandy schüttelte sich und amtete erst mal erleichtert auf, dass sie nicht getötet hatte. Dann eilte sie auf den winselnden Feind zu und zog ihn widerstandslos in einen der Gefängnisräume. Sie nahm ihm den Kristall ab, schloss das Gitter zu und verschwand hinterher. Ungestört kam sie Minuten später hinaus ins Freie.
Was sie hier zu Gesicht bekam, war der reinste Alptraum. Schon von oben hatte die bizarre Schlacht grauenhaft gewirkt, aber hier war es noch hundert Mal schlimmer. Der Staub nahm genug Sicht, dass man durchaus auch einen Freund verletzen konnte. Außerdem roch es bereits nach Schweiß, Dreck und Blut. Die Schreie der Kämpfenden waren ohrenbetäubend.
Nie wieder Krieg! Wenn möglich, würde sie dem nachkommen. Aber nun musste sie erst einmal verhindern, dass schlimmeres geschah. Hastig sah sie sich um und suchte nach Nawarhon. Sie fand ihn schnell. Er war nicht weit weg und gerade mit zwei Feinden beschäftigt.
Mandy hob die Armbrust an und spannte einen weiteren Pfeil ein. In aller Ruhe visierte sie an, als kümmere sie die Feindschaft gar nicht. Ihr Ziel war eine Stelle unter dem Schulterblatt. Sie drückte den Abzug und der Pfeil pfiff durch die Luft und traf sein Ziel perfekt. Der schwarze Krieger brüllte auf und kippte nach hinten um. Nawarhon dagegen nutzte die Chance und entledigte sich mühelos seines zweiten Gegners.
Mandy starrte die Armbrust blinzelnd an. Sie war erstaunt, mit welcher Leichtfertigkeit sie geschossen hatte. Zwar brachte sie noch niemanden um, aber abzudrücken musste eigentlich auch Überwindung kosten.
„Was tust du hier?“
Mandy sah erschrocken auf und erkannte den Jungen vor sich stehen. Rasch sammelte sie sich. „Ich musste hierher, um dir etwas zu sagen.“
„Ich bin beschäftigt.“ Nachdrücklich parierte der
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