Crystall (German Edition)
lange nicht, dass ich ein guter Mensch bin. Es ist mir doch egal, wenn andere leiden. Und genauso ist es egal, dass Don tot ist. Außerdem“, fügte er nach einer längeren Pause hinzu. „Wer sagt dir, dass ich Nirrka nicht auch schon nackt unter mir hatte? Sie ist ein junges, hübsches Ding.“
Mandy blieb gelassen. „Mag sein, dass du doch ein Mörder bist, aber ich glaube dir einfach nicht, dass du eine Frau gegen ihren Willen nehmen würdest.“
„Ach nein?“
Sie schüttelte überzeugt den Kopf. „Die spielst gern mit dem Schwert, aber du bist ein Mann von Ehre und respektierst Frauen.“
Sator sah ihr direkt in die Augen. Er schien zu überlegen, ob er über diese Worte erzürnt sein sollte, oder sich geschmeichelt fühlen. Dann seufzte er. „Du scheinst jedenfalls keine Angst zu haben, hier bei mir alleine.“
„Ich fürchte mich viel mehr vor deinen Kriegern, Sator. Trotzdem habe ich großen Respekt vor dir. Gerade deswegen, weil ich nicht weiß, was nun mit mir geschieht. Du hast mich garantiert nicht zu dir gerufen, um mir zu erzählen, dass du mir alles vergibst.“
„Warum eigentlich nicht?“, fragte Sator dagegen. „Ich habe überhaupt keinen Anlass, dich zu töten. Nicht einmal Spaß wäre ein Grund.“
„Was dann? Weil ich euch gerettet habe?“
Er schüttelte abgebrüht mit dem Kopf, als hätte ihre Aussage überhaupt keinen Wert. „Das nicht. Die Ausrede habe ich nur gegenüber meinen Männern benutzt, um sie nicht misstrauisch zu stimmen. Es spielt nämlich im Grunde gar keine Rolle. Um es mal mit den Worten der anderen auszudrücken, du hast uns in den Schlamassel gebracht und warst auch noch so dumm, uns da wieder herauszuhelfen. Es war eine nette Geste, mehr nicht.“
„Und was ist dann der Grund?“, fragte Mandy fast gereizt. Sie begriff nicht, wie er so leichtfertig mit Leben und Tod umgehen konnte. Ohne ihre Hilfe wäre sein ganzes Volk vernichtet. Bedeutete ihm das nichts? Außerdem, hatte er nicht noch vor wenigen Minuten behauptet, dass die Verfolgung allein auf sein Gewissen ging? Sie verstand diesen Mann überhaupt nicht.
Sator drehte sich vollends zu Mandy herum und stützte sich auf den linken Arm. „Du willst es wirklich wissen. Gut. Ich interessiere mich für dich.“
„Wie?“ Mandy schrak förmlich zusammen und vergessen waren alle ihre zurechtgelegten Worte.
Sators Lächeln kehrte zurück. „Weil dich etwas Geheimnisvolles umgibt. Ich wäre ein Narr, dich töten zu wollen. Ich weiß nämlich, was du vor hast.“
„Ach ja?“ Sie verfluchte seine Art, immer zweideutig zu sprechen.
Diesmal schwieg der Heerführer längere Zeit und sah sogar für Augenblicke von ihr weg. „Du jagst nach den heiligen, fünf Kristallen.“
Er sprach das so gleichgültig aus. Auch Mandy reagierte anders, als sie erwartet hatte. Statt überrascht zu sein oder aufzufahren, schwieg sie nur und sah über das Feuer hinweg in die Dunkelheit. Alles lag ruhig, niemand belauschte oder beobachtete sie. Selbst die Wachen schienen großes Vertrauen zu setzen.
„Du weißt es also.“
„Hm“, brummte Sator nur gedankenverloren. Er tat beinahe so, als wäre das die sicherste Sache der Welt.
Mandy beschloss in diesem Moment, sehr auf ihre Worte aufzupassen und denen Sators gut zu lauschen. Der Mann tat so, als wäre er dumm und von kindlicher Naivität, geradewegs, als ginge ihn alles gar nichts an. Dabei war Sator ein Mann von ungemeiner Intelligenz, die er nicht allzu deutlich zum Vorschein brachte. Insgeheim aber wusste er sehr genau, was zu tun war. Eine gefährliche Mischung. „Du bist gut, das hätte ich kaum gedacht. Wie?“
Diesmal war sein Lächeln nicht frei von Stolz. „Die Truhe im Zelt, du hast vergessen, sie wieder zu schließen. Außerdem war es nicht sonderlich schwer zu erraten, mit was du den Sandriesen besiegt hast. Der dritte Kristall, nicht wahr?“
„Du forderst ihn nicht?“, wollte Mandy wissen, gleich die üblichen Fragen überspringend.
„Warum sollte ich?“, fragte Sator dagegen, antwortete sich jedoch gleich selbst. „Der dritte Kristall liegt in deinen Händen, in meinen wäre er nutzlos.“
Auf den ersten Blick stufte sie ihn wieder für dumm ein. Doch im Nachhinein zügelte sie sich etwas, denn bei ihm war es nicht von der Hand zu weisen, dass er nicht wieder etwas Zweideutiges im Hintergrund verbarg. „Nutzlos? Er ist dennoch einer der fünf Relikte.“ Mandy war selbst erstaunt, wie offen sie mit Sator sprach. Dabei wusste sie nicht
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