CSI: Miami - Der Preis der Freiheit
Sektenanführer wäre, macht ihn das noch nicht zwangsläufig zum Mörder. Du bist doch derjenige, der immer sagt, man muss die Beweise für sich sprechen lassen.«
»Und das werde ich auch tun.« Als sich die Aufzugtüren öffneten und sie einstiegen, fuhr Horatio fort: »Ich bin sicher, dass er ein ziemlich gutes Alibi für die Tatzeit hat. Aber man hält doch den Boss einer Gangsterbande nicht für unschuldig, nur weil er irgendwo anders war, als der Schuss fiel. Ich habe mit diesem Mann gesprochen, Yelina. Ich habe ihm in die Augen gesehen!«
»Ja und? Kommt er wie ein Psychopath rüber?«
»Ganz im Gegenteil. Herzlich, sympathisch, lässig. Unglaublich charismatisch.«
»Tja«, bemerkte Yelina trocken, »dann müssen wir ihn wirklich unbedingt einsperren!«
Horatio musste grinsen. »Ich bin gar nicht richtig an ihn herangekommen. Erinnerst du dich noch an Seth Lockland?« Lockland war ein Serienkiller und Vergewaltiger, an dessen Überführung Horatio fünf Jahre zuvor beteiligt gewesen war. Er und Yelina waren beide bei der Vollstreckung des Todesurteils dabei gewesen, und als man ihm die Todesspritze gab, war das Letzte, was sie in seinem Gesicht sahen, ein Grinsen und ein Augenzwinkern.
»Oh ja, ich erinnere mich«, sagte Yelina. »Der Mistkerl hat in seiner sehr eigenen Welt gelebt.«
»Genau. Und diese Art von entspannter Arroganz hat auch Sinhurma, Yelina. Seine ganze Art sagte nicht ›Ihr habt den Falschen‹, sondern ›Das werdet ihr sowieso nie verstehen.‹ Im Grunde hat er behauptet, Gott habe Mulrooney mit dem Tod bestraft, weil er einen Fehler beging … und er achtete darauf, dass sein Assistent dies auch hörte, damit es sich unter den Anhängern herumspricht. Er hält sich für unantastbar.«
Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und die beiden stiegen aus. »Ich nehme an, du wirst ihm das Gegenteil beweisen«, sagte Yelina.
»Ich werde das tun, was ich immer tue«, antwortete Horatio entschlossen. »Die Wahrheit beweisen.«
Die Firma Atmosphere Research Technologies befand sich im Süden der Stadt, ein Stück außerhalb von Homestead. Sie erforschte die Auswirkungen von Blitzen und galt als eine der weltweit besten Einrichtungen dieser Art. Es war äußerst sinnvoll, dass sie sich in Florida angesiedelt hatte, denn dort und in Texas wurden alljährlich die meisten Verletzungen als Folge von Blitzschlägen registriert.
Horatio öffnete die massive Glastür und betrat das Gebäude. Eine verglaste Wand, die nach Süden zeigte, ließ viel Licht in die geräumige Empfangshalle eindringen, in deren hinterem Teil ein großer halbrunder Holzschreibtisch stand. Vom Eingangsbereich ging links ein Korridor ab. Ein stark vergrößertes Foto von einem Blitz über Miami hing an der Wand hinter der Empfangstheke, wo eine etwa fünfzigjährige Frau mit rundem Gesicht und kurzem grauem Haar am Computer arbeitete. Sie trug ein weißes Sweatshirt mit der Aufschrift »All charged up! Zapcon 92« und sah lächelnd auf, als Horatio hereinkam. »Hallo?« In ihrer Stimme schwang etwas Osteuropäisches mit, aber aus welchem Land sie stammte, konnte Horatio nicht einschätzen.
»Hallo. Ich bin mit Dr. Wendall verabredet. Horatio Caine.«
»Ich sage ihm, dass Sie da sind.« Tschechien? Polen? Vielleicht Kroatien, überlegte Horatio.
Der Mann, der einen Augenblick später in die Empfangshalle kam, war Ende vierzig, völlig kahl und trug einen blauen Laborkittel, ein Miami-Dolphins-T-Shirt, Jeans und weiße Sneakers. Er hatte ein breites verschmitztes Grinsen im Gesicht und Augenbrauen, die so dick und schwarz waren, als hätte er sie mit einem Edding nachgezogen. »Hi! Sie müssen Lieutenant Caine sein!« Er schüttelte Horatio die Hand.
»Bitte nennen Sie mich Horatio.«
»Kommen Sie mit ins Labor – ich arbeite da gerade an etwas.« Er führte Horatio den Korridor hinunter, vorbei an vielen Türen, bis er schließlich eine öffnete, auf der »LAB 4« stand. Es gab mehrere Arbeitsplätze in dem Raum und einen langen Tisch, auf dem eine Menge elektronischer Geräte herumlagen. Daneben stand eine Art Aquarium mit einer trüben, weißlichen Flüssigkeit.
Dr. Wendall zog einen Plastikstuhl unter einem der Arbeitstische hervor und bot ihn Horatio an. Dann nahm er selbst Platz. »Ich bin gerade dabei, Daten auszuwerten«, sagte er aufgeräumt und zeigte auf einen Bildschirm, über den in einem Irrsinnstempo endlos lange Zahlenreihen tickerten. »Aber ich helfe Ihnen gern, wenn ich kann. Sie haben am Telefon
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