CSI: Miami - Der Preis der Freiheit
Mordermittlungen betraf, ging er nicht ins Detail, aber er erklärte Sun-Li, dass Sinhurma und seine Leute die Hauptverdächtigen waren.
»Ich verstehe«, sagte sie nachdenklich. »Und Sie haben keine Ahnung, wohin sie verschwunden sind?«
»Meine Leute arbeiten daran. Von Ihnen wüsste ich gern, was wir zu erwarten haben, wenn wir sie finden.«
»Schwer zu sagen. Paranoia ist typisch für die Anführer von Sekten, aber das bedeutet nicht, dass er auch tatsächlich eine Selbstmordaktion plant. Nachdem Sie ihn unter Druck gesetzt haben, war mit einer Reaktion zu rechnen, aber die haben Sie sich vermutlich anders vorgestellt.«
»Allerdings.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Andererseits muss man jemandem manchmal richtig zusetzen, wenn man zu ihm durchdringen will. Bevor man den Dialog mit ihm beginnen kann, muss man ihn wachrütteln, und das haben Sie anscheinend getan.«
»Aber es ist schwer, einen Dialog zu führen, wenn der Gesprächspartner einfach so verschwindet«, merkte Horatio an.
»Wissen Sie, was mir das sagt? Er ist beunruhigt. Sie liegen richtig, was die Größe seines Egos angeht, und wenn er so gute Beziehungen hat, wie Sie sagen, hätte er eigentlich in die Offensive gehen müssen: ein paar Gefälligkeiten einfordern müssen, und sich über Verfolgung aus religiösen Gründen empören können. Die Tatsache, dass er sich verdrückt hat, kann dreierlei bedeuten.«
»Und zwar?«
Sie hob einen Finger. »Erstens, dass er nur mit Ihnen spielt. Das ist möglich – andere täuschen ist schließlich sein Geschäft –, aber unwahrscheinlich. Um eine ganze Gruppe verschwinden zu lassen, braucht man eine gewisse Vorbereitungszeit, so etwas macht man nicht aus einer spontanen Reaktion heraus.«
Sun-Li hob den zweiten Finger. »Zweitens, dass sie ihn wirklich nervös gemacht haben und er auf der Flucht ist. Aber wenn er die ganze Gruppe dabeihat, hält ihn das auf und erschwert ihm sein Vorhaben. Wenn er wirklich hätte verschwinden wollen, wäre er vermutlich einfach in ein Flugzeug gestiegen und hätte einen ausgedehnten Urlaub in einem Land ohne Auslieferungsabkommen gemacht.«
Sie hob den dritten Finger. »Und drittens, dass er irgendwo in der Pampa untergetaucht ist. Sekten haben oft Grundbesitz an entlegenen Orten, wo sie sich leicht vor ungebetenem Besuch schützen können.«
»Also ist er nur umgesiedelt?«
Sie schüttelte den Kopf. »So einfach ist das nicht. Die Art, wie er verschwunden ist, weist darauf hin, dass er einen fertigen Fluchtplan hatte, der vielleicht sogar schon mehrmals trainiert wurde. Und das könnte gefährlich werden.«
»Inwiefern?«
»Jim Jones ließ seine Leute die Selbstmordaktion auch mehrere Male üben, bevor es ernst wurde. Zuerst tranken alle nur Fruchtsaft …«
»Und dann«, vollendete Horatio den Satz, »zogen sie den Schlussstrich.«
»Dazu kann es auch in diesem Fall kommen, ja.«
»Da ist noch etwas«, sagte Horatio. »Ich habe Grund zu der Annahme, dass eines der Mitglieder erst kürzlich angeworben wurde – im Grunde nur für die Beteiligung an einem Verbrechen. Können Sie mir irgendeinen Rat geben, wie ich an den jungen Mann herankommen kann? Was soll ich tun? Oder besser: Was sollte ich vermeiden?«
»Nun, manche Leute halten die Intervention bei einem neuen Sektenmitglied für gefährlich, weil es sich sozusagen noch in den Flitterwochen befindet und völlig euphorisch ist. Ich teile diese Meinung nicht. Je länger jemand bei einer Sekte ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er langfristige Beziehungen aufbaut, von der Sekte abhängig wird und sich von seinem früheren Leben distanziert. Wenn Sie die Möglichkeit haben, mit diesem Mann zu sprechen, dann ist Ehrlichkeit die beste Taktik. Versuchen Sie nicht, ihn zu täuschen, und halten Sie nichts vor ihm zurück – sagen Sie ihm einfach die Wahrheit. Selbst wenn er sich zunächst weigert, die Tatsachen zu akzeptieren, wird er sie in seinem tiefsten Innern erkennen.«
»Wie schmerzhaft die Wahrheit auch ist?«
Murayaki trank einen Schluck Wasser. »Ja. Die Menschen brauchen die Wahrheit. Manchmal denke ich, das ist der einzige Grund, aus dem sich jemand entschließt, mir zuzuhören – als sehnten sich die Leute nach all den süßen Lügen, die ihnen aufgetischt wurden, nach einem Salzkorn.«
Sie sah auf ihre Uhr. »Hören Sie, ich muss wieder rein. Aber … warten Sie mal kurz. Ich komme gleich wieder.«
Horatio erhob sich ebenfalls. Sun-Li verschwand im Haus und kehrte einen
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