CSI: Miami - Der Preis der Freiheit
dürfen.
Am Himmel waren dunkle Wolken aufgezogen, und es blitzte wie an dem Abend, als Phillip Mulrooney ermordet worden war. Als Horatio zurück zum Kriminallabor fuhr, rechnete er jeden Augenblick mit einem heftigen Regenguss. In den Gewitterwolken rumpelte und grollte es, aber bislang hatten sie noch keinen Tropfen ausgespuckt.
Hatte er Sinhurma zu sehr unter Druck gesetzt?
In den Schlafräumen war Platz für zwei Dutzend Menschen, das waren fünfundzwanzig Personen einschließlich Sinhurma. Waren sie bereits tot? Hatten sie Fruchtsaft mit einem Schuss Zyanid getrunken wie die Opfer des Jonestown-Massakers, oder stand noch etwas viel Schrecklicheres auf dem Programm? Die japanische Aum-Sekte hatte in der U-Bahn Sarin-Gas verbreitet und damit zwölf Menschen getötet und tausende verletzt. Hatten Sinhurma und seine Leute etwas Ähnliches vor? Der Doktor hatte Zugang zu allen möglichen Medikamenten, und die Vorstellung, was für eine Katastrophe er und seine Anhänger damit anrichten konnten, war ein entsetzlicher Gedanke.
Hatte er Sinhurma zu sehr unter Druck gesetzt?
Der Himmel beantwortete diese Frage mit lautem Getöse. Was es genau bedeutete, wusste Horatio nicht, aber es klang nicht sehr wohlwollend.
12
Das Telefon klingelte zehnmal, bevor jemand abnahm. »Ms Murayaki bitte!«, sagte Horatio rasch, »Sagen Sie ihr, hier ist Lieutenant Caine.«
»Hallo, Horatio«, antwortete Sun-Li. »Mein Assistent ist nicht da, und ich bin unterwegs, die Anrufe werden auf mein Handy umgeleitet. Ich würde Ihnen gerne helfen, aber ich bin gerade sehr beschäftigt.«
»Zu beschäftigt, um einen neuen Massenselbstmord à la Heaven’s Gate zu verhindern?«
Nach einer ganz kurzen Pause sagte Murayaki: »Okay, ich bin ganz Ohr. Was ist los?«
»Mir ist eine Sekte abhanden gekommen. Zwei Dutzend Leute sind verschwunden. Ihr Anführer steht unter Mordverdacht, und ich muss ihn finden, bevor er beschließt, etwas Furchtbares anzurichten.«
Die Verbindung war schlecht, und Horatio hörte nicht, was Sun-Li sagte. » … dammt! Horatio? Sind Sie noch dran?«
»Bin ich, aber ich habe Sie nicht verstanden.«
»Hören Sie, wir sollten uns unterhalten. Können Sie zu mir kommen?«
»Natürlich. Wo sind Sie?«
»Außerhalb der Stadt. Ich erkläre Ihnen den Weg.«
Horatio nahm Stift und Notizbuch zur Hand und schrieb mit. »Wir sehen uns in ungefähr einer halben Stunde«, sagte er und beendete das Gespräch.
Der Ort lag hinter Florida City. Es war eine Zitrusfruchtplantage, und Horatio nahm den angenehmen Grapefruitduft schon aus einiger Entfernung wahr. Es war gerade dunkel geworden, und die Grillen zirpten so laut, dass man den Eindruck haben konnte, eine neue Plage stünde bevor.
Horatio hielt vor einem kleinen Bauernhaus an. Murayaki wartete bereits auf ihn. Sie saß auf einer mit Fliegengittern geschützten Veranda auf einer altmodischen Hollywoodschaukel und trank aus einer Wasserflasche. Horatio fiel auf, dass sie viel legerer gekleidet war als bei ihrem letzten Treffen. Sie trug eine weite Jeans und ein weißes Kapuzensweatshirt mit dem Aufdruck »UNIVERSITY OF CHICAGO«. Ihr langes Haar hatte sie zum Pferdeschwanz zusammengebunden.
Horatio stieg aus, ging die Stufen zur Veranda hoch und öffnete die quietschende Fliegengittertür. »Ms Murayaki«, sagte er. »Danke, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben. Störe ich Sie bei irgendetwas?«
»Sie meinen, ob ich im Haus ein durchgedrehtes Sektenmitglied an einen Stuhl gefesselt habe?«, entgegnete sie. »Und Sie damit rechtlich gesehen in eine extrem unangenehme Lage bringe?«
Er lächelte und stemmte die Hände in die Hüften. »Nun, wo Sie das gerade erwähnen …«
Sie erwiderte sein Lächeln. »Keine Sorge – so etwas tun wir kaum noch, außer in Fällen von gerichtlich angeordneter Intervention, oder wenn sich die Erziehungsberechtigten von Minderjährigen dafür aussprechen.«
»Warum sind Sie dann an so einem entlegenen Ort?«
»Hier leben die Eltern meines Klienten«, erklärte sie. »Nicht jeder kann sich eine Eigentumswohnung in Miami Beach leisten.« Sie deutete Horatio an, sich neben sie zu setzen, und er ließ sich auf der Hollywoodschaukel nieder.
»Ich wäre in die Stadt gekommen, um Sie zu treffen, aber wir befinden uns gerade in einer kritischen Phase«, fuhr sie fort. »Es ist wichtig, ein solides Vertrauensverhältnis zu entwickeln, und deshalb muss ich bei der Intervention immer in der Nähe bleiben.«
»Wie lange?«
»Im
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