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Cugel der Schlaue

Cugel der Schlaue

Titel: Cugel der Schlaue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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sechs Glieder müßte das Gatter dem größten Burschen die Mütze genau abstreifen. Wenn die Burschen die gleiche Reihenfolge einhielten, dürfte der größte als dritter wieder erscheinen. Cugel wartete, bis der nächste, ein Junge mittlerer Größe, vorbei war, dann senkte er die Kette um ganze fünf Glieder.
    Bunderwal sog laut den Atem ein, dann jubelte er auf. »Sehr schlau gefolgert, Cugel! Doch nun lasse ich das Gatter um zwei weitere Glieder hinunter. Dadurch verfehle ich den kleinsten Burschen, der gerade die Treppe hochsteigt.«
    Der Kleine kam unter dem Gatter hindurch. Es fehlten noch etwa zwei Glieder bis zu seiner Mütze. Cugel mußte nun seinen Zug machen oder aufgeben. Düster senkte er das Gatter um ein Glied. Schon kam der größte Bursche die Stufen hoch. Doch das Glück war Cugel hold. Der Bursche duckte den Kopf, umsich die Nase am Ärmel abzuwischen, so gelangte er unter dem Gatter hindurch, ohne daß dies die Mütze auch nur berührte. Jetzt war Cugel es, der triumphierte. »Ihr seid dran, Bunderwal. Tut etwas, wenn Ihr Euch nicht gleich so geschlagen geben wollt.«
    Verzweifelt ließ Bunderwal ein Glied hinunter. »Nun kann ich nur noch um ein Wunder beten.«
    Da stieg Krasnark, der Wirt, die Treppe hoch. Er war ein Mann mit grobgeschnittenem Gesicht, größer als der größte Schankbursche, und hatte muskulöse Arme und buschige schwarze Brauen. Er trug ein Tablett mit einer Schüssel Suppe, zwei Brathähnchen und einem großen gestürzten Wackelpudding. Heftig schloß sein Kopf Bekanntschaft mit dem Gatter. Er stürzte rückwärts die Stufen hinunter und verschwand außer Sicht. Klirren und Krachen von zerbrechendem Geschirr und ein gewaltiger Aufschrei drangen von unten herauf.
    Hastig zogen Bunderwal und Cugel das Gatter in seine ursprüngliche Stellung zurück und setzten sich auf entferntere Stühle. »Nun dürfte ich wohl als Sieger erklärt werden«, sagte Cugel, »da Ihr der letzte wart, der die Kette berührt hat.«
    »Keineswegs!« widersprach Bunderwal. »Bei der Wette ging es darum, einem von drei Schankburschen die Mütze vom Kopf zu streifen. Dazu kam es jedoch nicht, da Krasnark sich dazwischendrängen mußte und so das Spiel unterbrach.«
    »Da ist er!« Cugel deutete mit einem Kopfnicken. »Er mustert das Fallgatter sichtlich verwirrt.«
    »Es dürfte nicht ratsam sein, das Spiel fortzusetzen«, meinte Bunderwal. »Soweit es mich betrifft, ist es zu Ende.«
    »Nur der Sieger muß noch bestätigt werden«, beharrte Cugel. »Und der bin ich – aus so gut wie jeder Sicht.«
    Davon war Bunderwal nicht zu überzeugen. »Krasnark trug keine Mütze, und so kam es zu keiner Entscheidung! Gestattet, daß ich noch etwas anderes vorschlage, bei dem das Glück eine ausschlaggebende Rolle spielt.«
    »Ah, hier ist endlich unser Bier. Du hast aber lange damit gebraucht, Bursche!«
    »Tut mir leid, Herr. Krasnark stürzte die Treppe hinunter und schlug gewaltigen Krach.«
    »Nun gut, dann sei dir verziehen. Bunderwal, erklärt Euer neues Spiel.«
    »Es ist so einfach, daß es mich fast verlegen macht. Die Tür dort führt zum Pissoir. Seht Euch in der Gaststube um und sucht einen Mann aus. Ich werde es auch tun. Wessen Erwählter als letzter seiner Notdurft nachgeht, gewinnt.«
    »Nicht schlecht«, lobte Cugel. »Habt Ihr Eure Wahl schon getroffen?«
    »Ja. Und Ihr?«
    »Ich wählte meinen sofort. Ich halte ihn für unschlagbar in einem Wettbewerb dieser Art. Es ist der schon etwas ältliche Herr mit der spitzen Nase und dem verkniffenen Mund, unmittelbar links von mir. Er ist nicht groß, aber die Sparsamkeit, die er bei seinen Schlucken walten läßt, verleiht mir Zuversicht.«
    »Hm, keine schlechte Wahl«, gab Bunderwal zu. »Zufällig fiel meine Wahl auf seinen Begleiter, den Herrn im grauen Umhang, der mißmutig an seinem Bier nippt.«
    Cugel winkte einen Schankburschen herbei und fragte hinter vorgehaltener Hand, so daß Bunderwal es nicht hören konnte: »Weshalb lassen die beiden Herren links von mir sich soviel Zeit beim Trinken?«
    Der Bursche zuckte die Schulter. »Wenn Ihr die Wahrheit wissen wollt: Sie trennen sich nicht gern von ihrem Geld, obgleich beide mehr als wohlhabend sind. So sitzen sie den ganzen Abend bei einem einzigen Krug unseres billigsten Gebräus.«
    »In diesem Fall«, meinte Cugel, »bring dem Herrn im grauen Umhang einen großen Krug eures besten Bieres auf meine Rechnung, doch sagt nicht, daß ich es bestellte.«
    »Wie Ihr wünscht, Herr.«
    Auf einen

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