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Cujo

Cujo

Titel: Cujo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wieder auf -, bis die Tatsachen selbst und seine Betrachtung der Tatsachen so übereinstimmten, daß er mit dem Resultat leben konnte.
    Als er die Route 495 erreichte, bog er nach Westen in Richtung New York ab und fuhr immer weiter, bis er die stille Landschaft Idahos durchfuhr, wo Papa Hemingway seine Zuflucht gesucht hatte, alt und vom Leben tödlich angewidert. Er spürte den vertrauten Aufschwung seiner Gefühle, den er immer erlebte, wenn er die B(rücken hinter sich abriß und einen neuen Aufbruch wagte. Bei solchen Gelegenheiten fühlte er sich wie neugeboren und hatte das intensive Empfinden, im Besitz der größten alter Freiheiten zu sein, der Freiheit, sich selbst neu zu erschaffen. Er hätte die Bedeutung nicht begriffen, wenn jemand ihn auf die Tatsache hingewiesen hätte, daß er, ob in Maine oder in Idaho, nach einem verlorenen Tennismatch auch in Zukunft den Schläger wütend fortschleudern würde. Daß er sich in einem solchen Fall auch in Zukunft weigern würde, dem Gegner über das Netz die Hand zu reichen. Er reichte dem Gegner immer nur die Hand, wenn er gewonnen hatte.
    Er übernachtete in einer kleinen Stadt namens Twickenham. Sein Schlaf blieb unbehelligt. Er war zu der Überzeugung gelangt, daß er das Haus der Trentons nicht aus halb wahnsinniger eifersüchtiger Wut verwüstet hatte. Es war ein Akt revolutionärer Anarchie gewesen - gerichtet gegen ein paar fette Mittelklassenschweine von der Sorte, die es ihren faschistischen Herren leicht machen, an der Macht zu bleiben, indem sie blind ihre Steuern und Telefonrechnungen zahlen. Es war eine mutige Tat gewesen, zu der ihn heiliger und gerechter Zorn getrieben hatte. Es war eine Art, »Alle Macht dem Volk« zu rufen, ein Gedanke, den er in allen seinen Gedichten auszudrücken versuchte.
    Dennoch war er nachdenklich, als er sich in dem schmalen Motelbett zum Schlafen umdrehte. Was Donna wohl gedacht hatte, als sie und der Junge nach Hause kamen? Als er einschlief, lag ein Lächeln auf seinem Gesicht.

    An jenem Dienstagnachmittag um fünfzehn Uhr dreißig hatte Donna die Hoffnung auf den Briefträger aufgegeben.
    Sie hatte einen Arm leicht um Tad gelegt, der im Halbschlaf neben ihr saß. Seine Lippen waren von der Hitze aufgeschwollen, und im Gesicht hatte er hektische Flecken. Ein winziger Schluck Milch war noch übrig, und den wollte sie ihm bald geben. Während der letzten dreieinhalb Stunden - zu Hause wären es dreieinhalb Stunden nach dem Mittagessen gewesen - hatte die Sonne erbarmungslos gebrannt. Obwohl sie beide Fenster ein Stück geöffnet hatte, betrug die Temperatur im Wagen weit über dreißig Grad. So heiß, wie es in einem Wagen eben wurde, wenn man ihn in der Sonne stehenließ. Nur, daß man unter normalen Umständen sämtliche Fenster öffnete, die Lüftung anstellte und losrollte.
    Laßt uns rollen - was für einen wunderbaren Klang hatten diese Worte!
    Sie leckte sich die Lippen.
    Zeitweise hatte sie die Fenster ganz heruntergedreht, so daß es einen leisen Luftzug gab, aber sie wagte es nicht, sie so zu lassen. Sie könnte einschlafen. Die Hitze versetzte sie in Paniksie dachte dabei nicht so sehr an sich selbst wie an Tad -, aber noch weit mehr Angst als vor der Hitze hatte sie vor dem Gesicht des Hundes, seinem schaumtriefenden Maul und dem starren Blick seiner roten trüben Augen.
    Zuletzt hatte sie die Fenster ganz heruntergedreht, als Cujo im Schatten der Werkstatt verschwunden war, aber jetzt war Cujo wieder da.
    Mit gesenktem Kopf saß er im Schatten der großen Scheune, der immer länger wurde, und starrte unverwandt den blauen Wagen an. Der Boden zwischen seinen Pfoten war naß von seinem Geifer. Hin und wieder knurrte er und schnappte in die Luft, als hätte er Halluzinationen.
    Wie lange noch. Wie lange dauert es, bis er stirbt?
    Sie war eine vernünftige Frau. Sie glaubte nicht an Ungeheuer in Kleiderschränken; sie glaubte an Dinge, die sie sehen und anfassen konnte. Es war nichts Übernatürliches an diesem geifernden Wrack eines Bernhardiners im Scharten der Scheune; er war nur ein krankes Tier, das von einem tollwütigen Fuchs oder Skunk gebissen worden war. Er war nicht hinter ihr persönlich her. Er war kein vierbeiniges Schicksal.
    Aber … sie hatte sich schon fast dazu entschlossen, zur hinteren Verandatür des Hauses zu rennen, als Cujo taumelnd und schwankend aus dem Schatten der Werkstatt herauskam.
    Tad. Tad war das Problem. Er mußte hier raus. Er antwortete nicht einmal mehr zusammenhängend.

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