Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cujo

Cujo

Titel: Cujo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Tasche von sich. Sie prallte von der hinteren Wand ab und landete auf einer Kommode. Er ging hinüber und fegte sie beiseite. Dann fing er sie mit dem Fuß auf und schoß sie gegen die Decke. Sie fiel herab und blieb auf der Seite liegen wie ein totes Murmeltier. Dann blieb er schweratmend stehen, inhalierte den schweren Geruch und sah zu den drei Stühlen hinüber, an denen er bis zum Wochenende das Flechtwerk erneuern wollte. Das hatte er einem Kunden versprochen. Er hatte die Daumen in den Gürtel gesteckt und die Finger zu Fäusten geballt. Mit seiner vorgeschobenen Unterlippe sah er aus wie ein schmollendes Kind.
    »Verdammte Scheißel« sagte er und ging zur Tasche. Er wollte nach ihr treten, überlegte es sich anders und hob sie auf. Er ging durch die Werkstatt in das Dreizimmerhaus, das sich daran anschloß. Hier war es womöglich noch heißer. Verdammte Julihitze. Sie stieg einem zu Kopf. Die Küche stand voll von schmutzigem Geschirr. Fliegen summten um eine grüne Plastiktüte mit leeren Konservendosen. Im Wohnzimmer stand ein Schwarzweißfernsehgerät, das er im Sperrmüll gefunden hatte. Darauf lag sein großer, bunter, kastrierter Kater namens Bernie Carbo. Er schlief wie tot.
    Seine Schreibarbeiten erledigte Steve im Schlafzimmer. Das zusammenklappbare Bett stand auf Rollen, und das Laken war steif von Sperma. Ganz gleich, ob er Frauen hatte (und das war in den letzten zwei Wochen kaum der Fall gewesen), er onanierte ständig. Er hielt Masturbation für ein Zeichen von Kreativität. Dem Bett gegenüber stand sein Schreibtisch. An beiden Seiten lagen Stapel von Manuskripten. Weitere Manuskripte hatte er in Pappkartons verstaut. Er schrieb viel und reiste viel in der Gegend umher, und sein Gepäck bestand hauptsächlich aus dem, was er geschrieben hatte - sehr viele Gedichte, einige Kurzgeschichten, ein.surrealistisches Theaterstück, in dem die Charaktere insgesamt neun Worte sprachen, und ein Roman, den er unter den verschiedensten Blickwinkeln erfolglos bearbeitet hatte. Es war fünf Jahre her, daß er lange genug irgendwo gewohnt hatte, um seine Sachen auszupacken.
    Im vergangenen Dezember hatte er eines Tages beim Rasieren die ersten grauen Fäden in seinem Bart entdeckt. Diese Entdeckung hatte ihn in eine tiefe Depression gestürzt, von der er sich wochenlang nicht erholte. Seitdem hatte er keinen Rasierapparat mehr angefaßt, so als hätte der Akt des Rasierens das Grau zum Vorschein gebracht. Er war achtunddreißig. Er wollte es nicht wahrhaben, daß er schon so alt war, aber manchmal überfiel ihn diese Erkenntnis ganz gegen seinen Willen. So alt zu sein - kaum siebenhundert Tage von vierzig entfernt - erfüllte ihn mit Entsetzen. Er hatte ernsthaft geglaubt, daß vierzig nur für andere Leute galt.
    Dieses Miststück, dachte er immer wieder. Dieses Miststück.
    Er hatte Dutzende von Frauen sitzenlassen, seit er als Schüler von einer hübschen französischen Aushilfslehrerin verführt worden war, aber er selbst war nur zwei oder dreimal zum Teufel gejagt worden. Er hatte ein Talent, es vorher zu merken und zuerst auszusteigen. Es war eine Art Schutzmechanismus. Man mußte es tun, solange man die Weiber noch im Griff hatte, sonst wurde man angeschissen. Man sicherte sich ab. So ähnlich, wie man es vermied, an sein Alter zu denken. Er hatte zwar bemerkt, daß Donna ihm gegenüber zurückhaltender wurde, aber er hatte sie für eine Frau gehalten, die man psychologisch und sexuell manipulieren konnte, wenigstens eine Zeitlang. Die man zur Not durch Einschüchterung bei der Stange halten konnte. Daß es so nicht funktioniert hatte, kränkte ihn und machte ihn so wütend, als sei er ausgepeitscht worden.
    Er warf Brieftasche und Kleingeld auf den Tisch, zog sich aus, ging ins Bad und duschte. Als er fertig war, fühlte er sich ein wenig besser. Er nahm seine Jeans und ein gemustertes Baumwollhemd aus der Tasche und zog sich an. Er steckte das Kleingeld wieder ein und betrachtete nachdenklich die Brieftasche. Einige Geschäftskarten waren herausgeglitten. Das taten sie immer/denn er hatte so viele davon.
    Steve Kemps Brieftasche war prall gefüllt. Geschäftskarten gehörten zu den Dingen, die er immer gern nahm und einsteckte. Man konnte sie gut als Lesezeichen verwenden, und auf der leeren Rückseite konnte man Adressen oder Telefonnummern notieren. Wenn er etwa bei einem Klempner war oder wenn ein Versicherungsvertreter ihn besuchte, nahm er manchmal zwei oder drei.
    Als zwischen Donna und ihm

Weitere Kostenlose Bücher