Cujo
trat ins Freie, die Hände in den Taschen seiner Jeans, und lächelte. Die Frau lächelte sofort zurück. »Hallo, kann ich etwas für Sie tun?« fragte er und nahm sich vor, den Brief abzuschicken, sobald er diese Leute los war.
Rot und rund und heiß versank die Sonne im Westen. Vic, das Hemd an den Ärmeln um die Hüfte gebunden, stand vor dem kleinen Wagen seiner Frau und sah in den Motorraum. Donna stand neben ihm, und in ihren weißen Shorts und der rotgemusterten ärmellosen Bluse wirkte sie frisch und jugendlich. Sie war barfuß. Tad hatte nur einen Badeanzug an und fuhr wie wild mit dem Dreirad in der Auffahrt hin und her.
»Trink deinen-Eistee, bevor er warm wird«, sagte sie zu Vic.
»Hmm.« Das Glas stand auf der Seitenleiste im Motorraum. Vic nahm einen Schluck, und ohne hinzusehen, stellte er das Glas ab. Es glitt weg - in die Hände seiner Frau.
»Heh«, sagte er. »Gut gefangen.«
Sie lächelte. »Ich weiß es einfach, wenn du an etwas anderes denkst. Schau her. Kein Tropfen verschüttet.«
Sie lächelten sich einen Augenblick an - ein guter Augenblick, dachte Vic. Vielleicht war es nur Einbildung oder Wunschdenken, aber diese guten Augenblicke schien es in letzter Zeit häufiger zu geben. Weniger scharfe Worte. Wenigeroft dieses kalte Schweigen oder - und das war vielleicht schlimmer - diese Gleichgültigkeit. Er kannte den Grund nicht, aber er war froh.
»Provinzniveau«, sagte er. »In die Erste Mannschaft kommst du noch lange nicht.«
»Und was ist nun mit meinem Wagen los, Trainer?«
Er hatte den Luftfilter abgeschraubt und auf den Boden gestellt. Jetzt stocherte er mit dem Schraubenzieher am Vergaser herum.
»Es liegt am Vergaser. Ich glaube, das Nadelventil klemmt.«
»Ist das schlimm?«
»Nicht unbedingt«, sagte er, »aber wenn es sich überhaupt nicht mehr bewegt, kannst du nicht weiterfahren. Das Nadelventil steuert die Benzinzufuhr, und ohne Benzin kannst du nicht fahren. Das ist wie ein Naturgesetz, Baby.«
»Daddy, schiebst du mich beim Schaukeln?«
»Ja, sofort.«
»Gut, ich bin hinten!«
Tad fuhr um das Haus herum zu der Schaukel, die Vic im vergangenen Sommer selbst gebaut hatte, nicht ohne dabei reichlich Gin und Tonic zu schlucken. Er hatte nach Feierabend und an Wochenenden gearbeitet und dazu die Baseball-Reportagen im Transistorradio gehört. Tad hatte, das Kinn in die Hände gestützt, auf der Hintertreppe gesessen und zugeschaut. Es war ein guter Sommer gewesen, nicht so entsetzlich heiß wie dieser. Donna hatte sich endlich ein wenig eingelebt und begriffen, daß Maine und Castle Rock und Ad Worx für sie alle gar nicht schlecht waren.
Dann folgte eine böse Zeit, und das schlimmste war-die ewige Nörgelei und das Gefühl, daß die Dinge viel schlechter standen, als er fürchtete. Verschiedene Sachen im Haus standen plötzlich nicht mehr genau da, wo sie gestanden hatten, als ob eine fremde Hand sie bewegt hätte. Dann hatte er die verrückte Idee - war sie wirklich so verrückt? -, daß Donna zu oft das Bettzeug wechselte. Es war immer sauber, und eines Abends hatte er sich die alte Märchenfrage gestellt: Wer hat in meinem Bett geschlafen?, und er hatte sich dabei überhaupt nicht wohl gefühlt.
Inzwischen hatte sich die Lage anscheinend entspannt. Wenn diese verrückte Sache mit den Himbeerflakes nicht passiert wäre und er diese verdammte Reise nicht vor sich hätte, könnte auch dieser Sommer schön werden. Vielleicht wurde er es tatsächlich noch. Manchmal gewann man. Nicht jede Hoffnung war vergebens. Das glaubte er, aber dieser Glaube war noch nie ernsthaft geprüft worden.
»Tad!« schrie Donna, und Tad hielt sofort an. »Stell dein Dreirad in die Garage.«
»Nein, Mommy!«
»Bitte, Monsieur.«
»Mmsöh«, sagte Tad und lachte. »Du hast dein Auto auch nicht weggestellt, Mommy.«
»Daddy arbeitet noch daran.«
»Ja, aber …«
»Tu, was deine Mommy sagt, Tadder«, sagte Vic und hob den Luftfilter auf.
»Ich komme gleich nach hinten.«
Tad stieg wieder auf sein Dreirad und fuhr es in die Garage, wobei er heulte wie eine Polizeisirene.
»Warum willst du ihn wieder einbauen?« fragte Donna. »Willst du den Vergaser nicht reparieren?«
»Das ist Präzisionsarbeit«, sagte Vic. »Dafür habe ich das Werkzeug nicht. Aber selbst wenn ich es hätte, ich würde wahrscheinlich alles nur schlimmer machen.«
»Verdammt«, sagte sie ärgerlich und trat gegen den Reifen. »So etwas passiert immer erst, wenn die Garantiezeit abgelaufen ist.« Der Wagen
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