Cujo
Pervier zurückkam, voll Wodka und in seinem männlichen Stolz gekränkt.
Charity setzte sich ihm gegenüber und sagte: »Ich habe in der Lotterie gewonnen.«
Er hörte einen Augenblick auf zu kauen. Dann schaufelte er sich mehr Heisch in den Mund. »Ach nein«, sagte er. »Und morgen fängt der alte Cujo da draußen an, Goldstücke zu scheißen.«
Er zeigte mit der Gabel auf den Hund, der auf der Veranda unruhig auf und ab lief. Brett nahm ihn nicht gern zu den Bergerons mit, denn sie hatten einen Stall voll Kaninchen, und die machten Cujo verrückt.
Charity griff in die Schürzentasche und holte ihre Kopie der Gewinnbestätigung heraus, die ihr der Angestellte gegeben hatte. Sie reichte sie über den Tisch.
Joe glättete das Papier mit seinen groben Fingern und betrachtete es aufmerksam. Dann las er den Betrag. »Fünf -« fing er an und klappte hörbar den Mund zu.
Charity beobachtete ihn, sagte aber nichts. Er lächelte nicht. Er kam nicht um den Tisch herum, um ihr einen Kuß zu geben. Für einen Mann seiner Gemütsart, dachte sie bitter, bedeutete ein solcher Glücksfall nur doppelte Wachsamkeit.
Endlich sah er sie an. »Du hast fünftausend Dollar gewonnen?«
»Abzüglich Steuern, ja.«
»Wie lange spielst du schon in der Lotterie?«
»Ich kaufe jede Woche ein Los zu fünfzig Cents … und wage es nicht, mir Vorwürfe “zu machen, Joe Camber, bei all dem Bier, das du kaufst.«
»Paß auf, was du sagst, Charity«, sagte er. Seine blauen Augen zeigten keine Regung. »Halt den Mund, sonst könnte es sein, daß er dir gleich anschwillt.« Er fing wieder an zu essen, und hinter ihrer aufgesetzten Maske beruhigte sie sich ein wenig. Zum ersten Mal hatte sie dem Tiger den Stuhl ins Gesicht geworfen, und jer hatte sie nicht gebissen. Wenigstens noch nicht. »Dieses Geld. Wann kriegen wir es?«
»Der Scheck kommt in spätestens zwei Wochen. Ich habe den Drehkran von dem Geld gekauft, das wir auf unserem Sparkonto hatten. Diese Gewinnbestätigung ist so gut wie Gold. Das sagte der Agent.«
»Und da bist du hingegangen und hast das Ding gekauft?«
»Ich habe Brett gefragt, was du am dringendsten brauchst. Es ist ein Geschenk.«
»Danke.« Er aß weiter.
»Ich habe dir ein Geschenk gemacht«, sagte sie. »Nun machst du mir auch eins, Joe. Okay?«
Er aß weiter und sah sie immer noch an. Er sagte nichts. Seine Augen waren völlig ausdruckslos. Er hatte den Hut beim Essen aufbehalten. Er saß ihm immer noch im Genick.
Sie sprach langsam und überlegt. Es wäre ein Fehler, die Dinge zu überstürzen. »Ich möchte für eine Woche verreisen. Mit Brett. Ich will Holly und Jim in Connecticut besuchen.«
»Nein«, sagte er und aß weiter.
»Wir könnten mit dem Bus fahren. Wir würden bei ihnen wohnen. Es würde nicht ein Drittel von dem kosten, was ich für den Drehkran bezahlt habe. Ich habe mich am Busbahnhof nach einer Rückfahrkarte erkundigt.«
»Nein. Brett wird hier gebraucht. Er muß mir helfen.«
Unter dem Tisch preßte sie wütend die Hände zusammen, aber ihr Gesicht blieb ganz ruhig. »Wenn er Schule hat, kommst du ja,auch gut ohne ihn aus.«
»Ich sagte, nein, Charity«, sagte er, und sie erkannte voll Bitterkeit, daß es ihm sogar Spaß machte, ihr den Wunsch abzuschlagen. Er sah, wie sehr sie es sich wünschte, wie sie schon alles geplant hatte. Er weidete sich an ihrem Kummer.
Sie stand auf und ging an die Spüle, nicht, weil sie dort etwas zu tun gehabt hätte, sondern weil sie Zeit brauchte, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. In weiter Ferne sah sie hoch am
Himmel den Abendstern. Sie ließ das Wasser laufen. Das Porzellan des Beckens hatte sich häßlich gelb verfärbt. Wie Joe war auch ihr Leitungswasser hart.
Camber, vielleicht enttäuscht, weil sie so schnell aufgab, ging in die Einzelheiten. »Der Junge muß Verantwortung lernen. Es wird ihm nicht schaden, wenn er mir in diesem Sommer hilft, anstatt dauernd zu diesem David Bergeron rüberzulaufen.«
Sie drehte das Wasser ab. »Ich habe ihn hingeschickt.«
»Du? Warum?«
»Weil ich schon ahnte, daß es so ausgehen würde«, sagte sie und wandte sich ihm wieder zu. »Aber ich .habe ihm gesagt, daß du ja sagen würdest, einmal, weil wir Geld haben, und außerdem wegen des Deckenkrans.«
»Dann hast du dich gegen den Jungen versündigt«, sagte Joe. »Das nächste Mal wirst du hoffentlich nachdenken, bevor du deine Zunge in Bewegung setzt.« Er lächelte sie mit vollem Mund an und griff nach dem Brot.
»Du kannst ja
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