Culpa Mosel
Rucksack an den Griff des Messers stieß.
Die siebte Tür war nicht abgeschlossen. Sie knarrte leise. Er schlüpfte in die Zelle. Beim Schließen gab er ihr mehr Schwung und bremste sie erst im letzten Moment ab. Die Scharniere gaben keinen Laut von sich.
Mit angehaltenem Atem blieb er stehen. Durch die Vorhänge an den Fenstern zum Park fiel kaum Licht. Edelbergas Bett schien noch an derselben Stelle zu stehen wie damals. Beim Annähern bückte er sich und hörte ihren leisen Atem. Sie lag auf der Seite und hatte sich das Federbett bis zur Stirn gezogen.
Als er die Decke vorsichtig anhob, regte sich die Gestalt darunter.
»Was ist los?« Die verschlafene Stimme gehörte eindeutig einem Mann.
»Entschuldigung.« Huck wich zurück. »Ich hab’ die Tür verwechselt.«
Beim Hinausgehen zog er den innen steckenden Schlüssel ab und sperrte von außen zu.
Erst als er bereits das offene Flurfenster erreicht hatte, folgten dem Gepolter an der verriegelten Tür die ersten Hilferufe. Während er, an der Dachrinne hängend, mit den Füßen nach Halt im Rankgitter tastete, wurde über ihm das Flurlicht angeschaltet.
Dienstag
Als Walde erwachte, hatte die Morgendämmerung bereits eingesetzt. Nebenan im Bett waren Mathildas leise Schmatzgeräusche zu hören. Doris hatte sich das Baby im Halbschlaf an die Brust gelegt. Walde hatte vorgehabt, wieder aufzustehen, um Wache zu halten, sobald Doris ins Bett kommen würde. Nachdem keine Polizei aufgetaucht war, hätte der Eindringling – was immer er auch im Schilde führte – es wieder versuchen können.
In der Küche räumte er vor dem Frühstück die Gläser vom Tisch. Doris und Andrea schienen heute Nacht noch längere Zeit zusammengesessen zu haben.
Die Zeitung blieb im Briefkasten und auf die Kaffeemaschine verzichtete er ebenfalls. Bevor er die Wohnung verließ, überlegte er, ob er Andrea Pawelka, die wahrscheinlich im Wohnzimmer schlief, wecken sollte. Oder hatte Doris sie in seinem Musikzimmer untergebracht? Als er vorsichtig die Tür öffnete, stellte er sich ihre über das Kissen quellenden Locken vor, aber die Couch war leer. Er nahm den Karton, den er am Abend aus dem Büro mitgebracht hatte, vom Schreibtisch und verließ leise die Wohnung.
Auf dem Flur vor Gabis und Grabbes Büro stand ein hoch mit Kartons bepackter Rollwagen. An den Zahlen erkannte Walde, dass es sich um die frühen Jahrgänge der Akten aus dem Kinderheim handelte. Walde wuchtete seinen obenauf, bevor er kurz anklopfte und mit der Tür an eine Kiste stieß, die gleich dahinter stand.
»Morgen«, Walde nickte Grabbe zu.
»Morgen.« Gabi ließ den Zeigefinger an der Stelle, wo sie gerade beim Lesen war. »Als Schwangere ist so was eigentlich gar nicht zu ertragen, wenn man liest, was diesen Kindern angetan wurde.«
»Von wem?«, fragte Walde. Er wunderte sich, dass nur noch zwei Kartons zwischen den Schreibtischen der Kollegen standen.
»Von der Familie, soweit man diese Leute überhaupt so bezeichnen kann, und vielleicht auch vom Heim.«
»Wo ist der Rest?«
»Draußen.«
»Das sind doch nicht alle.«
»Meyer hat noch ein paar und du müsstest auch noch …«
»Schon was gefunden?«, fragte er.
»Nein.« Gabi schüttelte den Kopf.
»Aber dafür habe ich was.« Grabbe schob seinen Stuhl zurück und hob beide Zeigefinger in die Höhe. Sein Telefon läutete. Einen Moment verharrte er in der Geste und ging dann ran.
»Grabbe.«
»…«
»Ja, der ist auch hier, möchtest du ihn sprechen?«
»Wir kommen runter.« Er legte auf. »Im Katharinen-Kloster wurde eingebrochen …«
Walde seufzte. »Auch das noch!«
Auf der Treppe kam ihnen ein Mann entgegen, der mit federnden Schritten immer zwei Stufen auf einmal nahm.
»Hallo, Burkhard, wohin des Wegs?«, sprach Walde den Koblenzer Kollegen an.
»Zu dir.«
»Du kannst oben in meinem …«, Walde überlegte, sein Büro war noch verschlossen. »Am besten kommst du mit.«
An dem ovalen Tisch im Konferenzraum unterhielt sich Monika, die Pressesprecherin, mit dem Polizeipräsidenten, der am Tischende Platz genommen hatte. Neben ihr saßen Meyer und Sattler. Walde nahm gegenüber dem Techniker Platz, wies den Stuhl neben sich dem Koblenzer Kollegen zu und überließ Gabi und Grabbe die beiden Plätze zwischen sich und dem Chef.
»Darf ich vorstellen, Burkhard Decker von der Kripo Koblenz.« Walde war dessen Dienstgrad entfallen. Er schaute zum Polizeipräsidenten. »Oder ist es ein Problem, dass er an der Besprechung
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