Cupido #1
in der Kabine sah langsam von seiner Zeitschrift hoch. Komm schon, komm schon. Mach auf. Ihre Knie schlotterten jetzt, und sie konnte kaum noch atmen. Luft, sie brauchte Luft. Die Tür summte.
Bantling schrie immer noch und versuchte, sich von dem Tisch loszureißen. C. J. fragte sich, ob es je einer geschafft hatte, den Tisch aus der Verankerung zu hebeln. Wäre er bei ihr, bevor der Wachmann sein Magazin hingelegt hatte und aus der Kabine kam?
«Zwölf Jahre und immer noch auf der Flucht, Beany! Ich hab dir doch gesagt, dass ich dich überall finden werde! Jetzt bin ich wieder da – und ich hole dich –»
Der Schrei wurde abgeschnitten, als sich das Metalltor hinter ihr schloss. Sie erreichte den Fahrstuhl und drückte den Knopf mit zitternder Hand. Es schien Stunden zu dauern, bis er kam und sie einsteigen konnte. Endlich war sie allein. Doch sie wusste, dass die Videokameras auch hier alles aufzeichneten. Ihre Knie waren weich wie Pudding, und sie lehnte sich gegen die Wand des Aufzugs. Unten angekommen, lief sie schnell zum Empfangstisch und trug sich aus. Ihre Hand zitterte so heftig, dass sie sie mit der anderen festhalten musste.
«Alles in Ordnung, Ms. Townsend?» Der Mann am Empfang war Sal Tisker. Er hatte früher als Sicherheitsmann im Gericht gearbeitet und die Häftlinge hinübergebracht.
«Ja, Sal, alles o. k. Das ist wohl heute nicht mein Tag.» Selbst ihre Stimme zitterte. Sie räusperte sich und nahm ihre Handtasche von Sal entgegen. Dann holte sie ihre Sonnenbrille heraus und setzte sie auf.
«Einen schönen Tag noch, Ms. Townsend.» Sal ließ die letzte Sicherheitstür aufgleiten, und sie trat hinaus in den grellen Sonnenschein.
Sie wollte so schnell wie möglich über die Straße zu ihrem Büro; vorbei an denselben drei Prostituierten auf den dreckigen Stufen des Gebäudes, die sie schon auf dem Hinweg gesehen hatte. Anscheinend warteten sie darauf, dass ihr Gönner auf Kaution freikam. Der wäre bestimmt nicht begeistert, wenn er herausfand, dass sich seine besten Ladys den Tag freigenommen hatten, um vor dem Knast herumzuhängen. Im Sonnenlicht wirkte alles so surreal. C. J. widerstand dem Drang, in ihr Büro zu rennen. Verhalte dich normal, nur noch ein bisschen. Du hast es ja fast geschafft. Dann kannst du zusammenbrechen.
Plötzlich hörte sie hinter sich eine Stimme auf der Treppe der Haftanstalt. Es war Lourdes Rubio. Sie klang völlig aufgelöst.
«Ms. Townsend! Um Gottes willen, Ms. Townsend! C. J.! Warten Sie, bitte!»
51.
«Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen.»
«Bitte, bitte, geben Sie mir nur eine Chance. Es tut mir Leid. Ich wusste nicht, dass er sich so verhalten würde, dass er solche Dinge sagen würde.» Lourdes hastete neben C. J. her, versuchte ihr in die Augen zu sehen. «C. J. Bitte, hören Sie mich an.»
«Lassen Sie mich raten – Sie haben Ihre Beziehungen spielen lassen und ihm den Polizeibericht aus New York besorgt. Sie haben einem Irren die Pistole geladen, und jetzt wundern Sie sich, dass er schießt? Verschonen Sie mich, Lourdes.» C. J. verlangsamte ihr Tempo nicht.
«Er kannte die Fakten schon vorher, C. J. Ich habe ihm den Bericht erst später gegeben.»
«Ich bin vor über zwölf Jahren überfallen worden, Lourdes. Er hatte zwölf Jahre Zeit, den Bericht zu lesen, bevor Sie so nett waren und ihm seine persönliche Kopie besorgten. Seien Sie doch nicht so naiv.»
«C. J., es tut mir wirklich Leid, wie das Ganze gelaufen ist. Ich weiß, wie schmerzhaft es für Sie sein muss –»
Jetzt blieb C.J. stehen und drehte sich mit einem Blick zu Lourdes um, der Wasser hätte zu Eis gefrieren lassen. Ihre Stimme zitterte. «Sie haben keine Ahnung. Sie können es sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie es ist, mitten in der Nacht aufzuwachen, an Händen und Füßen gefesselt, und ein Verrückter mit einer Maske steht über Ihnen und schneidet Sie mit einem Sägemesser in Stücke.»
Lourdes zuckte zusammen, sie schloss die Augen und drehte den Kopf zur Seite.
«Haben Sie ein Problem damit, sich das anzuhören, Lourdes?» Leise, hasserfüllt spuckte sie die Worte aus. «Wissen Sie, Vergewaltigung klingt so sauber, so ordentlich. So einfach. Gut, man wurde vergewaltigt. Genau wie eine von vier Collegestudentinnen in diesem Land. Man muss eben darüber wegkommen. Aber manchmal ist das nicht ganz so einfach. Zum Beispiel wenn man vier Stunden lang gefoltert worden ist, immer wieder vergewaltigt wurde, mit einem Penis, einer Flasche,
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