Curia
und fahren zur Oase zurück.«
Al Kaddafi saß am Steuer, als der Range Rover dem Toyota in einigem Abstand über die Piste des Wadi Hurab folgte. Monsignore Guzman wählte eine Nummer auf seinem Handy.
»Nun, Pater, hat der Brief die erhoffte Wirkung gehabt? Hat Pater Anselmo Ihnen das erste Bulletin geliefert?«
»Ich habe es soeben gelesen und eine erste Auszählung der Stimmen vorgenommen«, sagte Pater Pinkus. »Monsignore, das Geld haben wir gut angelegt. Ha-ha-tschi! … Ich muss Ihnen allerdings sagen, dass wir jetzt zwar die Schachzüge aller Kardinäle, aber nicht die des Jesuiten kennen.«
»Was soll denn das heißen? Ottolenghi war Teil der Vereinbarung. Wenn Fra Anselmo, dieser Pharisäer, nicht …«
»Nein, Monsignore, es ist nicht seine Schuld. Der Jesuit bestellt sich das Essen immer ins Refektorium. Abschließend trinkt er mit den anderen einen Kaffee, und sie reden über dieses und jenes. Dann gehen sie in den Garten, und dort schmieden sie dann zwischen den Blumenbeeten ihre Komplotte … Das Tablett mit dem Erzengel Gabriel bleibt leider im Refektorium.«
»Glauben Sie, der Inquisitor hat einen Verdacht?«
»Nein, ich glaube nicht. Allem und jedem zu misstrauen gehört zu seinem Wesen.«
»Und in seiner Suite? Habt ihr etwas aufzeichnen können?«
»Absolute Stille. Ottolenghi geht nur zum Schlafen auf sein Zimmer. Das Einzige, was wir rausfinden konnten, ist, dass er schnarcht wie ein Sägewerk. Aber gestern Nachmittag hat er einen Besuch empfangen, der mir verdächtig erscheint.«
»Einen Besuch? Von wem?«
»Der Besucher ist zwei Stunden geblieben. Es war jemand, den wir nur allzu gut kennen. Der Kater.«
Roy Fitzwilliam. Jetzt war alles klar. Die Gruppe spielte auf zwei Schachbrettern gleichzeitig, und der Inquisitor hatte sich den richtigen Verbündeten ausgesucht.
»Und das ist nicht alles, Monsignore. Kaum war er aus der Casa Santa Marta heraus, ist Fitzwilliam schnurstracks in den ersten Stock des Päpstlichen Palastes hinaufgegangen. Dort ist er über eine Stunde im Büro des Sekretärs des Papstes geblieben.«
Caramba , welche Ränke spann Fitzwilliam? Und der Sekretär des Papstes? Leute, die ein doppeltes Spiel spielten, was für üble Typen …
»Monsignore …?«
»Berichten Sie von den anderen Kardinälen.«
Im Mikrofon ertönte Papierrascheln. »Der anonyme Brief steht im Mittelpunkt aller Gespräche.«
Obwohl viele Kardinäle ein Ablenkungsmanöver eines Gegners von Ottolenghi vermuteten, habe der Brief doch eine gewisse Verwirrung gestiftet.
Die Aufzeichnungen vom Vortag zeigten wachsende Zustimmung für drei Rivalen Ottolenghis: Delgado aus Buenos Aires, Tonelli aus Mailand und Annibaldi aus Ravenna – den Kandidaten des Opus Dei. Zählte man ihre Stimmen zu denen der sechs weniger aussichtsreichen Kandidaten hinzu, würden diese ersten neun Kandidaten 56 Stimmen auf sich vereinen, eine mehr als ausreichende Anzahl, um zu verhindern, dass Ottolenghi auf die für seine Wahl erforderlichen 77 Stimmen kam.
»Was sagen die anderen Kardinäle über Ottolenghi?«
»Der Jesuit ist leider immer noch sehr populär. Nach meinen Berechnungen wird Ottolenghi morgen beim ersten Wahlgang mindestens 58 Stimmen erzielen.«
»Pater, wenn es bis morgen dabei bleibt, ist das schon ein Erfolg. Wenn die Kardinäle des Opus Dei unsere Anweisungen befolgen, werden die Stimmen der Minderheitskandidaten, je öfter der schwarze Rauch aufsteigt, nach und nach alle auf Annibali gelenkt.«
»Monsignore, ich fürchte stark, dass wir aufs falsche Pferd gesetzt haben. Ha-ha-hatschi! Mit Annibali wissen die meisten wenig anzufangen.«
»Ach ja? Wer wäre denn, dem Bulletin zufolge, der aussichtsreichere Kandidat? Delgado?«
»Nein, Monsignore. Auf Delgado würde ich nicht setzen. Das Bulletin ist außerdem nicht die einzige Informationsquelle.«
»Noch eine Quelle? Welche? Was kostet sie uns?«
»Nichts. Es ist ein ›Bonus‹, wie Fra Anselmo es nennt.« Pinkus Stimme wurde zu einem Flüstern. »Die Schwestern der Barmherzigkeit.«
Acht Schwestern der Barmherzigkeit servierten im Refektorium und schnappten natürlich hier und da etwas auf. Zu seinem Erstaunen habe er erfahren, dass sie Fra Anselmo alles hinterbrachten, der ihm wiederum beim morgendlichen Treffen um 07:45 Uhr in der Kühlkammer einen vollständigen Bericht erstattete.
»Hören Sie, Pater, was sagen die von den Schwestern aufgeschnappten Gerüchte? Welcher Rivale ist der Favorit?«
»Kardinal Soares, der
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