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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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aus den Beinen und der des Toreros nicht aus dem Herzen komme. Nein, der duende komme geradewegs aus den Fußsohlen, sobald sie den nackten Boden berührten.
    Monsignore Guzman zog seine Sandalen aus, stand auf und atmete tief ein. Die Hitze des Sandes stieg ihm in die Beine und verbreitete sich in seinem ganzen Körper. Es sei die Erde, die uns das Geheimnis und den Magnetismus des duende vermittelte, hatte der Gitarrist gesagt und von den »dunklen Tönen« Lorcas gesprochen, die sich in den Eingeweiden der Erde verbargen. »Woher nimmt die Erde diese Töne?«, hatte Guzman ihn gefragt. Aus dem Geist unserer Ahnen, hatte der Gitarrist geantwortet. Es sei ein Geist, der bis zu den Ursprüngen der Schöpfung zurückgehe, wo er sich mit dem Licht Gottes auflade. Guzmans Telefon klingelte.
    »Wir sind so weit, Monsignore«, sagte Pater Donovan. »Haben Sie etwas zum Schreiben?«
    »Diktieren Sie.« Der Monsignore schrieb die Daten auf die Rückseite eines Heiligenbildchens.
    »Sie müssen nicht mehr tun, als die Zahlen in die Tastatur des Theodolits einzugeben, dann findet er die Position allein.« Donovan erklärte ihm, wie der Metland bedient wurde.
    Guzman sah auf die Uhr. In einer Viertelstunde würde die Truppe des Antikendienstes zum Essen in den Zelten der Feldküche verschwinden. Er trank einen Schluck aus der Wasserflasche.
    Schon war die Ebene um das Massiv menschenleer. Aus der Mensa kam der Geruch nach Hammelfleisch. Der Monsignore nahm die Theodolite einen nach dem anderen in den Blick. Der beim Durchbohrten Felsen. Dort würde ihn niemand sehen, nicht einmal von der Feldküche aus. Betont gleichgültig schlenderte er auf den Felsen zu und blieb neben dem Instrument stehen. Er sah sich um, verlängerte die Beine des Ständers, beugte sich über das Okular und richtete das Objektiv auf die erste Stufe des Massivs, wo Morgensterns Männer ein Loch gesprengt hatten.
    Dann stellte er den Theodolit an und tippte die Daten nach Donovans Anweisungen ein. Fertig. Er drückte den Startknopf. Eine rote Anzeige blinkte, und das Objektiv vollführte eine kleine Drehung. Er beugte sich über das Okular. Das Fadenkreuz lag auf zwei anthrazitgrauen Zinnen auf dem Gipfel eines Hügels. Es schien ein Vulkankrater zu sein. Was für eine seltsame Atmosphäre teilte sich von dort mit. Dieser Hügel hatte den duende .
    Es gab Orte auf der Welt, die mit magischer Kraft aufgeladen waren, einer Kraft, die das Blut erhitzte und einen bis zu den Sternen brachte. Nietzsche hatte diese Kraft auf der Rialtobrücke in Venedig gefunden, Hemingway in den Stierkampfarenen von Pamplona, und er selbst hatte sie erlebt, als er in einer Taverne in Cádiz das Gitarrenspiel von Paco de Lucía hörte. Echnatons Seele hatte sie dort oben zwischen diesen Zinnen gefunden.
    Der Archäologe und Kassamatis waren dort oben. Sollte er sofort hinaufgehen? Nein, das hätte alles kaputt gemacht. Er musste den Silberfuchs allein treffen. Aber wie? Natürlich, der Amerikaner.
    Er wusste alles. Darum diese häufigen Besuche im Vatikan und die großzügigen Schenkungen an das Opus Dei in letzter Zeit. Die Wahl des Inquisitors war nicht einfach nur das Ergebnis einer Seelenverwandtschaft zweier Männer, die schon immer dieselben Ansichten gehabt hatten. Der wahre Grund war ein do ut des zwischen der Bilderberg-Gruppe und dem dritten Stock des Apostolischen Palastes.
    Aber Fitzwilliam hatte sich verrechnet. Vicente Guzman gab sich für niemanden als Treibriemen her. Er suchte die Nummer des Amerikaners im Adressbuch seines Handys.

    Der Sonnenuntergang färbte die Felsen rot und warf die Schatten der Zinnen, die den Hügel krönten, auf die Hochebene.
    Mit Schaufeln und Spitzhacken entfernten zwei Beduinen unter den Blicken von Théo und den anderen das Erdreich, das die Stufe bedeckte.
    Théo kniete nieder und schaufelte ein paar Handvoll Erde beiseite. Der Auftritt einer zweiten Stufe kam ans Licht, und ein Vasenbruchstück ragte aus dem Sand. Mit den Händen entfernte Théo den Sand um die Scherbe und zog sie heraus. Khalid beugte sich zu ihm herunter. Es war die Scherbe einer Alabastervase mit aufgemalten Ornamenten. Théo kratzte die Kruste aus Sand fort und säuberte die Scherbe eifrig mit dem Hemdzipfel. Drei Enten, die über einen Papyrussumpf flogen. Der Stil war unverwechselbar.
    »Wir haben es geschafft.« Théo reichte Khalid die Scherbe.
    »Sieht aus wie das Geschirr aus Tell el-Amarna.«
    »Es dürften nicht mehr als fünfzehn Stufen sein«, sagte

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