Curia
das Grab enthielt dreitausendfünfhundert Stücke, die katalogisiert, restauriert und verpackt werden mussten. Carnarvon war im April 1923 gestorben … Almina interessierte sich nicht im Geringsten für Archäologie … Carter war völlig mittellos … Théos Hand hielt inne. Wer hatte Carter während dieser zehn Jahre finanziert?
»Gaston, der Papyrus ist nicht alles. Wir brauchen noch mehr: die Beziehungen zwischen Carnarvon und seiner Frau, ihre finanzielle Situation und was aus der Ausgrabungsgenehmigung geworden ist.«
»Ihre finanzielle Situation?«
»Wenn Allenby das tat, was ich glaube, war alles eine Frage des Geldes.«
»Und das soll uns helfen herauszufinden, wo der Papyrus hingekommen ist?«
»Ich habe schon so eine Ahnung.«
»Weißt du was? Wenn du so redest, möchte ich dir am liebsten eins auf die Nase geben.«
»Was hältst du von einer Quiche Lorraine im Le Royal? Ich zahle.«
Während sie den Cour Napoléon überquerten, dachte Théo an einen Satz im Brief von Bisson de La Roque: »… dass Lord Carnarvon … zwei Freunden in England geschrieben und die Existenz des Papyrus bestätigt hat.«
Ihm fiel eine Biografie Carnarvons ein, die er vor einer Woche gelesen hatte. Dort war von Freunden des Lords unter englischen Ägyptologen die Rede. Wie hießen diese Freunde noch gleich? Wem konnte Carnarvon von dem Papyrus geschrieben haben?
Kaum waren Théo und Gaston am Ende des Korridors verschwunden, betrat Michaela Rosenberg die Bibliothek. Sie ging auf den Tisch zu, an dem Théo und Gaston vor wenigen Minuten gesessen hatten, und beugte sich über die auf der Tischfläche verstreuten Papiere.
Ihr Blick fiel auf einen handgeschriebenen Brief. Sie überflog ihn, ihre Miene verdüsterte sich. Nachdem sie sich umgesehen hatte, ging sie zum Fotokopierer, legte den Brief auf die Glasfläche und drückte den Startknopf, immer wieder zur Tür spähend.
Das erleuchtete Zifferblatt von Big Ben zeigte ein Uhr fünfzehn. Auf der Themse spiegelten sich die Lichter der Straßenlaternen.
Ein roter Kranwagen mit der Aufschrift »Westminster Borough Public Works« auf einer Tür fuhr langsam an den St. Katherine Docks entlang. Er bremste vor der zweiten Sphinx, fuhr im Rückwärtsgang auf den Bürgersteig und hielt direkt vor dem Sockel des Obelisken.
Zwei Männer sprangen aus dem Fahrerhaus. Ihre Westen mit gelben und orangefarbenen Leuchtstreifen trugen die Aufschrift »Public Works« auf Brust und Rücken.
Sie holten zwei Gestelle mit Warnblinkleuchten aus dem Wagen und postierten sie vor und hinter dem Wagen. Nachdem einer wieder ins Fahrerhaus gestiegen war, hob sich eine Teleskopleiter aus dem Dach des Kranwagens und fuhr auf den Obelisken zu.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, hinter einem Gebüsch der Victoria Embankment Gardens, spiegelte sich das Licht der Straßenlaternen in zwei Brillengläsern.
Der Mann auf dem Bürgersteig lehnte eine rechteckige Tasche gegen den Sockel des Obelisken und öffnete sie. Die verchromte Oberfläche eines Messgeräts blitzte auf. Der Mann zog zwei Antennen heraus und drehte an einem Knopf unterhalb einer grünen Leuchtanzeige.
Er hängte sich die Tasche über die Schulter und kletterte die Leiter hinauf. Inzwischen war der Fahrer ausgestiegen, um die Autos auf der Straße mit einer Stablampe, die er gebieterisch schwang, zum Weiterfahren zu nötigen.
Der andere kletterte langsam höher, den Blick auf die Leuchtanzeige gerichtet. In einer Höhe von etwa zehn Metern schlug die Nadel plötzlich bis zum Ende der Skala aus. Der Mann drückte auf einen Knopf, um die Anzeige im Computer des Geräts zu speichern. Kaum war er ein paar Stufen weitergestiegen, fiel die Nadel auf die Null zurück. Am Ende der Leiter angekommen, zog er die Antennen ein und klappte die Tasche zu.
Hinter dem Gebüsch der Victoria Embankment Gardens kam eine dunkle Silhouette hervor, ein Handy ans Ohr gepresst, und stellte sich hinter das Denkmal der People of Belgium.
Der Mann auf der Leiter öffnete seinen Ledergürtel und befestigte die Enden an den Leitersprossen. Aus einer Hosentasche zog er einen Hammer und ein Stemmeisen mit runder Spitze. Er hielt das Stemmeisen an eine Ecke des Obelisken und klopfte darauf. Ein Stück Granit löste sich, das er in eine Plastiktüte steckte. Dann stieg rasch die Leiter hinunter und sprang auf den Bürgersteig.
Die beiden räumten die Gestelle in den Wagen und stiegen ins Fahrerhaus.
Hinter dem Denkmal kam der dunkle Schatten hervor,
Weitere Kostenlose Bücher