Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)
verlesen worden wären.
„So könnte man meinen“, gab Hsul ihr mit listig schräg gelegtem Kopf Recht. „Erfreulich, wie schnell Ihr den Punkt meiner Ausführungen gefunden habt.“
„Und warum führt Ihr dann noch Krieg?“ Cvon konnte den Wahnsinn einfach nicht fassen.
„Nun, bei meinen Gegnern kann ich leider nur spekulieren. Ich denke, sie gehen davon aus, sich ausreichend zur Wehr setzen zu können, wenn ihre Widersacher erst geschlagen sind.“
Die Kriegerin konnte es nicht glauben. Ihr Kopf schien mit einem kalten Schwamm gefüllt zu sein. Rechnete wirklich irgendjemand ernsthaft damit, dass Vuna es mit dem mächtigen Terzian aufnehmen konnte? Lächerlich!
Bevor sie eine Entgegnung hervorbrachte, redete Hsul bereits weiter: „Ich habe mich hingegen bereits darauf vorbereitet.“ Und mit beinahe so etwas wie einem Lächeln fügte er hinzu: „Ich arbeite mit den Terzianern zusammen.“
Cvon sprang wütend auf und sorgte damit erneut für verkrampfte Körperhaltungen bei den anwesenden Wachen. „Was?“
Terzian, das bedeutete zwar geordnete Verhältnisse und Frieden in der eigenen Stadt, aber auch Sklavenhandel, Kriegsdienstpflicht und Leibeigenschaft. Niemals würde sie unter einem solchen Joch leben wollen.
Doch Hsul sah sie nur ruhig an. „Ihr seid noch jung. Aber Ihr solltet bald lernen, Euer Herz frühestens dann Euer Handeln bestimmen zu lassen, wenn Euer Kopf die Fakten verarbeiten konnte.“ Er ließ die wie vom Donner gerührte Kriegerin einfach stehen und fuhr ungerührt fort, ihr die Details auseinanderzusetzen.
„Vuna ist für Terzian absolut unbedeutend. Es gibt weder Bodenschätze, noch andere Ressourcen, die von besonderem Wert für die Areol-Krone wären. Vuna würde nur der Vollständigkeit halber besetzt werden, weil man sich keine Unordnung im eigenen Hinterland erlauben kann ... ganz besonders nicht, wenn dieses Hinterland an die Wasserwälder grenzt.“
Die kaltschnäuzige Ruhe des kleinen Wesens ließ Cvons Empörung merkwürdig aufgesetzt erscheinen. Als wären Gefühle nur schmückendes Beiwerk des Lebens, für das im Moment einfach keine Zeit war. Ihr eigener Verstand schien von ihrem unsachlichen Aufbegehren peinlich berührt zu sein und ließ den Zorn irgendwo im kalten Nichts ihres Herzens versickern.
„Ihr sagtet ‚würde‘“, warf Cvon ein. „Ihr wollt also Vuna nicht an die Terzianer geben?“ Kurz glaubte Cvon einen violetten Funken in Hrokis Augen gesehen zu haben, doch als sie den Kopf wandte, um die kleine Etherna anzuschauen, konnte sie nichts Ungewöhnliches entdecken.
„Selbstverständlich nicht“, zog Hsul die Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Ich werde eine Weile hier leben und keinen terzianischen Pöbel auf meinen Straßen dulden.“ Er schüttelte den Kopf, als sei die Vorstellung das Absurdeste, was er seit Langem gehört hatte.
Es folgte eine Pause, bei der Cvon nicht sicher war, ob die kalten intelligenten Augen des Etherna sie nur einzuschätzen oder zu provozieren versuchten. In der zerbrechlichen Hülle steckte ein Geist, der um vieles gefährlicher als jedes beliebige Raubtier der großen Ebenen sein mochte. Doch langsam fand sie zu ihrer gewohnten Ruhe zurück. Gelassen stützte sie sich auf ihren Beschützer, der sie augenblicklich mit wohltuender Ruhe und Stärke erfüllte.
„Was ist es, das Ihr wollt?“ Sie sprach nicht besonders laut, doch in der gespannten Stille klangen ihre Worte überlaut nach.
„Ich will den Nexus“, kam es mit feinem Spott zurück.
Cvon ließ durch keine Geste erkennen, eine Antwort erhalten zu haben. Und da ihr Gegenüber genau wissen musste, dass sie mit dieser Bezeichnung nichts anfangen konnte, entsprach dies auch den Tatsachen. Er wollte irgendetwas von ihr, also lag es in seinem Interesse, sich zu erklären.
Irgendetwas funkelte kurz in seinen Augen auf. „Der Nexus ist ein Knotenpunkt des arcanen Netzes; Ihr würdet ihn vielleicht einen Ort der Macht nennen.“ In einer seltsam nichtmenschlichen Geste kniff sich Hsul in die Schulter. „Es ist ein Nexus der Zeit, ein unwiederbringlicher Ort des Wissens und der Forschung. Er liegt im Fundament von Uvia’lys, der ‚alten Elfenfeste’, wie ihr Menschen sie nennt.“
Misstrauisch zog Cvon die Stirn kraus. Die alte Elfenfeste war die Basis von Vontares, dem „Menschenfresser“, wie ihn die Bevölkerung nannte. Angeblich war Vontares ein Elf mit einem krankhaften Hass auf alles Nichtelfische, der sich niemals außerhalb der Mauern seiner
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