Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)

Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)

Titel: Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Krain
Vom Netzwerk:
unversehrt.
    „Nichts“, keucht Lecune „ist wie die Reinigung des Feuers.“ Der Schweiß rinnt ihre Wirbelsäule hinab und tropft von ihrer Stirn auf den Boden. Glänzende Augen erforschen Cvons Gesicht. „Heute zeige ich dir die Erhabenheit des Schmerzes.“ Cvon mag diesen Blick nicht. Und sie will den Schmerz nicht kennen lernen. Sie kennt ihn bereits. Das Schwert ist weit weg. Ihre Fußsohlen berühren es noch, aber sie kann es kaum hören. Cvon fühlt den heißen Zorn des Stahls.
    Doch Lecune beugt sich zu ihr. Cvon riecht ihren Schweiß. Ihr Geruch ist so vertraut und doch irgendwie anders. Eine vor Erregung zitternde Hand streicht über ihre Wange. Cvon hat Angst. Furchtbare kalte Angst, die ihr die Glieder zusammenzieht. Aber sie ist tapfer, denn es sind Lecunes Hände, die den Talar über ihre Schultern streifen. Es ist Verrat, sie vor der Statue zu entblößen, aber es sind die Arme, in denen sie Trost findet, wenn die Schatten der Erinnerung länger werden. Sie nimmt den Verrat tapfer hin.
    Lecune lächelt. In ihren Augen lodert etwas Furchtbares. Cvon ahnt, was sie tun wird. Ihre Angst wird grenzenlos, aber sie will eher sterben, als Enttäuschung in diesen Augen zu sehen. Lecune greift einen roten Stein aus der Schale. Er ist tropfenförmig und beinahe durchsichtig. Lecune scheint keine Schmerzen zu haben. Mit Tränen in den Augen sagt sie: „So erfahre denn von meiner Hand die Reinigung des Feuers! Lasse die Kindheit hinter dir und reife zur Frau heran. Loy Hsguun Matok!“
    Cvon weiß was kommen wird. Sie weiß, dass Lecune ihr etwas Furchtbares antut. Aber sie will alles tun.
    Lecune presst den glühend heißen Stein kurz unter dem Schlüsselbein zwischen Cvons noch nicht voll entwickelte Brüste. Der Schmerz übersteigt spielend jedes Maß, das sie jemals für möglich gehalten hätte. Und es ist so viel mehr als körperlicher Schmerz. Es ist Lecune, die ihr dies antut. Es sind Lecunes geliebte Hände, die ihr den Stein ins Fleisch drücken. Irgendwo hört sie ihre Stimme schreien. Dann sind Lecunes zarte Lippen auf ihrem Mund. Eine Zunge ertastet ihre Zähne. Dann schlägt die Schwärze wie ein ganzes Gebirge über ihr zusammen. Sie nimmt nichts mit auf ihre Reise in den Abgrund. Nur den hilflosen Zorn des Schwertes. Das Schwert will Blut. Lecunes Blut.
     

     
    „Das ist total irrsinnig. Ich muss komplett gaga sein“, stieß Naginar immer wieder halblaut aus. Seit dem Aufstehen fluchte er vor sich hin und verwünschte alles, was ihm gerade in den Sinn kam, einschließlich sich selbst. Da ihm schon lange niemand mehr zuhörte – außer Loric und Duice verstand sowieso niemand, was er sagte – diente ihm derzeit ein an einen Pfosten festgebundenes Maultier als Zuhörer. Dies war schon ein Aufstieg, hatte er seine Verwünschungen doch schon einer Kaffeekanne, einer Lampe und fünf Türen vorgetragen. 
    „Ist der immer so?“ Cvon hatte das Lamentieren des Orks zwar erst, seit sie den Metgesang verlassen hatten, zu ertragen gehabt, aber auch diese fünfzehn Minuten waren bereits mehr als genug für sie. Überhaupt war sie sich nicht sicher, ob sie die Orks dabeihaben wollte. Natürlich waren sie wegen ihres wuchtigen Äußeren eine recht brauchbare Abschreckung für die vielen Gefahren, die auf der Reise lauern mochten. Und wenn Lorics Geschichte stimmte, waren sie darüber hinaus ein paar Verrückte, die für diesen Dienst weder eine Gegenleistung erwarten, noch sie für eventuelle Tote verantwortlich machen konnten. Cvon sollte sich einfach freuen und sich keine weiteren Gedanken um die armen Irren machen.
    Doch das konnte sie nicht. Sie konnte nicht leugnen, dass die drei sie mit ihrer Haltung beeindruckt hatten – und dabei hatte sie sich wirklich bemüht. Sie selbst – ja. Sie selbst hatte seit Mynoras Tod nicht wirklich etwas zu verlieren und setzte nun ihr Leben ein, um den von ihrer toten Freundin so geliebten Waisenkindern ein lebenswertes Dasein zu ermöglichen. Was spielte es schon für eine Rolle, ob sie beim Versuch, dieses Ziel zu erreichen, starb? Das wäre immer noch besser, als den Rest ihrer Tage damit zu verschwenden, die Kinder durch den Krieg zu bringen und dann später mit anzusehen, wenn sie wie Mynora endeten.
    Es spielte für Cvon nicht wirklich eine Rolle, ob sie lebte. Aber die Orks hatten Familien, Geschwister, Träume ... sie konnte den Lebenshunger in ihren Augen glitzern sehen. Trotzdem folgten sie ihr auf dieses Selbstmordkommando. Wie selbstverständlich

Weitere Kostenlose Bücher