Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)
war ungewöhnlich fettig und Cvon war sicher, noch nie einen Artgenossen dieses Tieres zwischen die Zähne bekommen zu haben. Gleichgültig zuckte sie mit den Schultern. Das Fleisch war einigermaßen schmackhaft; alles andere war für jemanden, der sich auch schon von Mäusen und Ratten ernähren musste, nicht wirklich interessant.
Als sie aufschaute, fing sie im Augenwinkel einen merkwürdigen Blick von Loric auf. Was sollte das Gestarre? Mit ihrer üblichen Kälte in den Augen wandte sie sich dem Ork zu, doch er überraschte sie mit der Andeutung eines nachdenklichen Lächelns.
„Es spielt keine Rolle, was du bist.“ Er sprach den Satz, als hätte er lange gebraucht, die richtigen Worte zu finden. Sie kamen tief aus seinem Innern und das erste Mal seit langer Zeit schafften es die Augen eines Anderen, Cvons Herz zu berühren. Doch noch während die Kriegerin seine Worte verdaute und ihre Gefühle einzuordnen versuchte, stand Naginar mit einem resignierten Schnauben auf und verließ mit einem wie immer stillen Duice den Kreis des Feuers. Loric sah die beiden etwas unglücklich an, nickte Cvon zu und folgte – ohne eine Entgegnung abzuwarten – seinen Freunden in die Dunkelheit.
„Was ich bin ...?“, flüsterte eine aufgewühlte Cvon dem schon in der Dunkelheit verschwundenen Orkrücken hinterher. Mit zusammengezogenen Brauen sah sie Phalil und Hroki an.
„Er liebt dich. Ist das nicht rührend?“, freute sich die Etherna. Der ewig amüsierte Funke in ihren großen Augen war beinahe zu einer Flamme gewachsen.
„WAS?“, rief Cvon aufgebracht und Phalil verzog das Gesicht, sagte aber nichts dazu.
Hroki hob beschwichtigend die kleinen Hände: „Also, wenn man die Fakten ordnet, könnte man auf diese Idee kommen, meine ich.“
„Unsinn“, widersprach Cvon unwirsch.
Die Etherna strahlte sie unverwandt weiter an. „Es ist ja so spannend, mit euch unterwegs zu sein.“
„Was für Fakten?“, kehrte die Kriegerin zum Thema zurück.
„Er hat sich deinetwegen mit einem Chind'arse-Priester in dessen eigenem Tempel angelegt“, meinte Hroki beinahe beiläufig und lauerte sichtlich gespannt auf Cvons Reaktion.
„... und der Tempel hat Euch gegen den Willen des Priesters geheilt“, warf Phalil mit funkelnden Augen ein.
Cvon klappte entgeistert der Unterkiefer herunter. Empört darüber, den Spaß verdorben bekommen zu haben, verfärbten sich Hrokis Pupillen in ein helles Orange.
„Ich werde sehen wie es ist, Wache zu stehen“, meinte sie und verließ schmollend das Feuer. Doch Cvon war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um darauf zu achten. Chind'arse hatte sie geheilt? Die Herrin der Dunkelheit; der Tod selbst war daran interessiert, dass sie lebte?
Ja, sie hatte der Todesgöttin gut gedient. Wie viele hatte sie in ihrem jungen Leben schon abgeschlachtet? Sie hatte Männer erschlagen, weil sie im Suff laut und gewalttätig geworden waren. Sie hatte Diebe zerhackt, weil sie sich an ihrem Eigentum vergreifen wollten.
Nein, das war es nicht. Konnte es nicht sein ... Chind'arse stand nicht für Gewalt und Mord. Sie war die Ewige, in deren Reich früher oder später das Leben jedes Sterblichen endet. Für sie spielte es wohl kaum eine Rolle, ob sie auf dieses Ende zwanzig, hundert oder tausend Jahre warten musste.
Cvon spürte, dass da mehr ... viel mehr war. Es war jene Art von Spüren, die beinahe schon ein Wissen ist. Schon als Kind hatte sie nichts als Tod und Dunkelheit mit sich geführt, wohin sie auch gegangen war. Sie war ein Schatten. Ein Schatten des Unheils, der alle um sich herum in den Abgrund zog. Wieder kamen die Erinnerungen wie eine erstickende Woge über sie.
Die Bilder in ihrem Innern ließen die sonst so kalten Augen vor Trauer groß werden. Weil Mutter sie schützen wollte, hatten die Kerle sie in ihre Finger bekommen. Sie hatte zugesehen, wie sie ihr ... wie sie ihr ...
Die grauenhaften Bilder der Vergangenheit drückten ihr das feuchte Entsetzen aus den Augen. Wieder war sie das kleine Mädchen von damals, hörte die Schreie, sah, wie man ihrer eigenen Mutter ... Und wieder überlagerten sich die Bilder mit den alptraumhaften Eindrücken von Mynoras gebrochenem Blick, ihrer toten Haut und ihres geschändeten Körpers.
Plötzlich wurde sie sich Phalils forschenden Blickes bewusst und eisiger Zorn spülte die Trauer mit sich fort. In Bruchteilen von Sekunden reifte ein kleines Häuflein Elend zur unerbittlichen Kriegerin. Kalt sah sie den Elfen an.
„Ihr
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