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Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)

Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)

Titel: Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Krain
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Aufgeben, als ihre Hände blutig sind und der Lebenssaft schon bis auf die Knie gelaufen ist. Es ist sinnlos. Sie schlägt mit dem Kopf auf den Boden. Einmal ... zweimal... dreimal. Aber er will nicht brechen. Nicht wie sie, für die das Leben vorüber ist. Vorüber sein muss.
    Dann hört sie es. Das Schwert. Es ruft nach ihr. Es wird sie nie verlassen.
    Ihr Beschützer gibt ihr die Kraft, die sie braucht, um die Tränen zu besiegen und ihren geschundenen Körper zum Aufstehen zu zwingen. Sie macht einen Schritt auf die Tür zu, dann dringt ihr Verstand zu ihr durch. Der Riegel liegt vor der Tür; sie kann nicht hinaus! Aber das Schwert ...
    Ihr Blick schwenkt langsam von der Tür über die rötlich getünchte Wand bis zu dem hohen Fenster zum Hof des Tempels. Ohne darüber nachzudenken, geht sie hinüber und schaut hinaus. Es ist tief. Drei Stockwerke geht es hinunter und unten wartet hartes Kopfsteinpflaster. Doch sie hat keine Angst vor Steinen. Die Leute sind es, vor denen man sich in Acht nehmen muss.
    Wie in Trance öffnet sie das sündhaft teure Fenster. Die Sonne bricht sich glitzernd in dem hochreinen Glas und verleiht dem Boden unter ihr einen weichen Glanz. Doch ihre Augen haben keine Muße für die Schönheit des Lichts.
    Sie klettert auf den Fensterrahmen und lässt sich fallen. Sie denkt nicht. Ihr Körper reagiert, als hätte er dies schon tausend Mal gemacht. Mühelos fängt er ihren tiefen Sturz ab. Wie eine drahtige Feder zieht er sich zusammen, als sie den Boden erreicht; schluckt den mörderischen Sturz mit der Leichtigkeit von Samt. Cvon beachtet das kleine Wunder nicht. Sie hört auf die Stimme ihres Beschützers, ihres einzigen Ankers in dieser Welt des Wahnsinns.
     

     
    Cvon erwachte aus tiefem Schlaf. Die Bilder des Traums waren noch lebendig, als sie die Augen aufschlug, wurden jedoch von ihrer letzten Erinnerung aus der Realität überlagert: Ein brutaler Schlag hatte ihre Schulter getroffen ... und gleich darauf hatte unsägliche Schwäche wie ein ganzes Gebirge auf ihr gelegen und sie in die Knie gezwungen.
    Unwillkürlich fand ihre Hand das Schwert, das ruhig und kalt wie immer neben ihr lag. Sie wusste nicht, was geschehen war, doch so lange sich das Schwert an ihrer Seite befand, konnte sie alles bewältigen.
    Ihr Körper hatte sich erholt; genoss die Wärme eines großen Feuers und beherbergte einen gewaltigen Hunger, der sich rücksichtslos einen Weg in ihr Bewusstsein bahnte. Leise Fetzen einer sehr ernsten Unterhaltung drangen an ihr Ohr. Sie erkannte Naginars Stimme, die die gutturalen Laute seiner Muttersprache auf sehr merkwürdige Weise zu einem Zischen zusammenflüsterte.
    Die letzten Reste des Traums verdrängend richtete sich Cvon auf und verursachte damit eine spürbare Anspannung beim Rest der Gruppe. Trotz des fleißig prasselnden Feuers war es augenblicklich einige Grade kühler geworden. Naginar und Duice fuhren regelrecht zusammen und senkten dann scheu den Blick. Loric schaute sie ruhig, aber nachdenklich an und in Phalils Augen erkannte sie ein merkwürdiges Feuer, das sie nicht einzuordnen wusste. Nur Hroki schien ausgeglichen und fröhlich wie immer zu sein.
    „Na? Ausgeschlafen?“ Sie strahlte die Kriegerin an und reichte ihr eine kleine Schale mit heißem Kräutertee. Wortlos drückte Loric ihr einen Spieß mit duftendem Fleisch in die Hand. Cvon nahm beides mit einem Nicken entgegen und versuchte, die Situation einzuschätzen. Die Orks hatten offenbar über sie gesprochen. Aber warum? Und die Etherna trug ihren Tarnzauber nicht mehr, sondern saß mit größter Selbstverständlichkeit in ihrer natürlichen Gestalt am Feuer. Was war überhaupt passiert?
    Nachdenklich biss sie in das fettige Fleisch, dessen Herkunft sie lieber nicht genauer eruieren wollte. Dass sie nichts sagte, schien die merkwürdige Kluft zwischen ihr und den Anderen noch zu vertiefen, doch sie hatte sich schon lange abgewöhnt, über jede Kluft zu springen oder sich allzu viele Gedanken über ihre Beziehungen zu Anderen zu machen. Früher oder später würde man ihr schon sagen, was eigentlich los war.  
    „Ich hätte nicht geglaubt, dass du sowas essen würdest“, brach Hroki das lastende Schweigen. Sie war offenbar ehrlich fasziniert und brachte Cvon damit dazu, ihr Fleisch einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Das Tier auf ihrem Spieß war feinsäuberlich gehäutet und ausgenommen worden, hatte wohl einmal vier Beine gehabt und war etwas kleiner als ein Kaninchen. Das Fleisch

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