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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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entgegengesetzte Meinung zu äußern, um sie in die richtige Richtung zu treiben.
    Wurde sie langsam paranoid?
    Nachdem sie die Lambertianer fünf Tage lang studiert hatte, der Geschichte ihrer zunehmend erfolgreicheren Versuche zur Erklärung der Welt gefolgt war – und fünf Nächte lang versucht hatte, sich selbst davon zu überzeugen, daß sie, die Lambertianer, bald aufgeben und sich als Produkte künstlichen Lebens erkennen würden –, konnte sie die Widersprüche nicht mehr länger für sich behalten.
    Sie rief Durham an.
    Es war drei Uhr morgens, aber er war scheinbar außerhalb der Stadt – die Standardzeit war nur ein Maß für die Geschwindigkeit, keine absolute Tageszeit –, und im Hintergrund war ein sonnendurchflutetes Zimmer sichtbar.
    Unverblümt sagte sie: »Ich denke, ich würde jetzt gerne die Wahrheit hören. Warum haben Sie mich erweckt?«
    Ihre Frage schien ihn nicht zu überraschen, aber er blieb vorsichtig. »Was denken Sie?«
    »Sie benötigen meine Unterstützung für eine frühzeitige Expedition zum Planeten. Sie wollen, daß ich – mit all meiner zweifelhaften Kompetenz als ›Mutter‹ der Lambertianer  – erkläre, daß es keinen Sinn hat, wenn wir darauf warten, bis sie die Idee unserer Existenz von alleine haben. Weil wir beide wissen, daß sie niemals auf diese Idee kommen werden. Nicht, bevor sie uns mit ihren eigenen Augen vor sich sehen.«
    Durham erwiderte: »Mit den Lambertianern liegen Sie richtig – aber vergessen Sie die Politik. Ich habe Sie geweckt, weil Ihr Territorium an die Region angrenzt, in der das Autoversum betrieben wird. Ich möchte, daß sie mich von dort aus nach Lambert durchbrechen lassen.« Er blickte sie an wie ein Kind, das feierlich ein Vergehen bekannte. »Der Zugang über den Zentralknoten wird streng bewacht und ist für jedermann sichtbar. In der sechsten öffentlichen Pyramide gibt es zwar genügend ungenutzten Raum, und ich könnte es von dort aus versuchen – aber auch das könnte man möglicherweise bemerken. Ihr Territorium hingegen ist privat.«
    Maria fühlte Wut in sich hochsteigen. Sie konnte kaum glauben, daß sie jemals seine Worte geschluckt hatte, von wegen »den glorreichen Augenblick des ersten Kontaktes mitzuerleben«. Von Durham benutzt zu werden, war kein großer Schock; es war wie früher. Was sie ärgerte war, nicht wegen ihres Ansehens oder ihres Fachwissens geweckt zu werden – sondern nur, damit er einen Tunnel durch ihren Hinterhof graben konnte …
    Bitterkeit stieg in ihr hoch. »Wieso müssen Sie zum Autoversum durchbrechen? Gibt es ein Rennen, von dem mir niemand etwas erzählt hat? Gelangweilte Scheiß-Unsterbliche, die darum wetteifern, den ersten unerlaubten Kontakt mit den Lambertianern herzustellen? Haben Sie die Xenobiologie zu einer olympischen Disziplin erhoben?«
    »Nichts von allem.«
    »Nein? Und was denn sonst, bitte schön? Ich sterbe vor Neugier.« Maria versuchte, in seinem Gesichtsausdruck einen Hinweis darauf zu erkennen, was seine Antwort wert sein würde. Er gestattete sich, beschämt zu wirken – aber er trug auch eine grimmige Entschlossenheit zur Schau, als wäre er wirklich davon überzeugt, keine andere Wahl gehabt zu haben.
    Plötzlich durchfuhr es sie. »Sie … Sie glauben, daß eine Gefahr für Elysium besteht? Daß sie aus dem Autoversum kommt?«
    »Ja.«
    »Ich verstehe. Und Sie haben mich geweckt, damit ich rechtzeitig die Gefahr mit Ihnen teilen kann? Wie rücksichtsvoll.«
    »Maria, es tut mir leid. Wenn es eine andere Möglichkeit gegeben hätte … ich würde Sie bis in alle Ewigkeit in Ruhe gelassen haben …«
    Sie begann gleichzeitig zu lachen und zu zittern. Durham legte seine Hand flach auf den Schirm; sie war zwar immer noch wütend auf ihn, aber sie ließ es zu, daß seine Hand aus dem taghellen Terminal hervorkam und sich auf die ihre legte.
    Sie sagte: »Warum müssen Sie ein Geheimnis daraus machen? Können Sie die anderen nicht davon überzeugen, daß man das Autoversum anhalten muß? Sie müßten doch erkennen, daß es den Lambertianern keinen Schaden zufügt; sie würden genauso STARTEN, wie Elysium damals GESTARTET ist. Es gibt keine Frage des Genozids. Gut, es würde einen Verlust für die Autoversum-Gelehrten bedeuten – aber wie viele davon gibt es? Was bedeutet Lambert dem durchschnittlichen Elysianer? Nur eine weitere Unterhaltung.«
    »Ich habe bereits versucht, es anzuhalten. Ich habe sogar die Befugnis dazu. Ich darf seine relative Geschwindigkeit bis auf

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