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CyberCrime

CyberCrime

Titel: CyberCrime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Glenny
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gering war.
    War es wieder das berühmte Leck?
    Kai Laufen wusste nicht, dass der Polizeipräsident in Stuttgart zum zweiten Mal die Suspendierung von Dietmar Lingel angeordnet hatte. Dieses Mal bestand der Verdacht, dass der Beamte dem Staatsanwalt absichtlich Mularskis Namen und Alias genannt hatte, damit sie in der Anklageschrift auftauchten. Damit, so die Behauptung, wollte Lingel Mularskis Identität öffentlich machen und so das FBI diskreditieren. Das Motiv, so die Behauptung der Ermittler, sei Lingels Unzufriedenheit mit einigen polizeilichen Methoden, die man in den Ermittlungen gegen Hartmann angewandt hatte.
    Die Anschuldigungen gegen Lingel werfen ein Schlaglicht auf einige Unterschiede in den Grundsätzen der Polizeiarbeit in Europa und den Vereinigten Staaten. Europäer lehnen verdeckte Ermittlungen häufig ab, weil sie einerseits riskant, andererseits aber auch moralisch und juristisch fragwürdig sind. In Amerika dagegen werden sie häufig angewandt. In den Vereinigten Staaten gibt es hitzige Debatten um die Frage, wo eine verdeckte Ermittlung endet und das Provozieren strafbarer Handlungen beginnt. Die Operation gegen DarkMarket bewegte sich nach Ansicht mancher europäischer Polizeibeamter an der Grenze zur Provokation, insbesondere als der Secret Service anscheinend Mitglieder im Rahmen der Ermittlungen zu kriminellen Taten (im Falle Dron) ermutigte. Das FBI und Keith Mularski verteidigten ihre Vorgehensweise energisch und wiesen darauf hin, dass die Präsenz von Mularski und seinen Mitarbeitern auf DarkMarket das Sammeln geheimdienstlicher Informationen ermöglicht habe, insbesondere über die beabsichtigte Expansion des US -Geschäfts von Cha 0 ; dies, so behauptete Mularski, habe mögliche Verluste in Höhe von 70 Millionen Dollar verhindert.
    Gerade als Kai Laufen seinem Radiofeature über diese seltsame, aber wichtige Geschichte den letzten Schliff geben wollte, erlitt er einen Bandscheibenvorfall. Der Journalist konnte sich nahezu überhaupt nicht bewegen und war gezwungen, zwei Wochen das Bett zu hüten. Dabei gelangte er zu dem Schluss, in Deutschland werde es niemanden interessieren, dass das FBI einen deutschen Carder dingfest gemacht hatte und dass er, Kai Laufen, die Identität des Agenten enthüllt hatte. Andererseits hatte die Geschichte von DarkMarket aber in der US -Fachpresse bereits beträchtliche Aufmerksamkeit erregt. Angeführt von dem Magazin Wired aus San Francisco, war bereits eine ganze Menge zu dem Thema veröffentlicht worden, insbesondere nach der dramatischen Entführung von Mert Ortaç im April des gleichen Jahres und derFestnahme von Cha 0 im September.
    Laufen glaubte, er solle unbedingt den Beweis verbreiten, dass DarkMarket zum Teil eine verdeckte Operation des FBI war. Aber beiderseits des Atlantiks herrschen nicht nur in der Polizeiarbeit unterschiedliche Gepflogenheiten, sondern auch in den ethischen Standards der Journalisten. (Die britische Polizei ähnelt der europäischen stärker als der amerikanischen, britische Nachrichtenjäger haben aber noch weniger Skrupel als amerikanische.)
    In Deutschland ist es verpönt, die vollständigen Namen mutmaßlicher Verbrecher zu veröffentlichen, solange das Verfahren noch läuft; in vielen Fällen sehen die deutschen Medien davon sogar dann ab, wenn die Kriminellen später schuldig gesprochen werden. Das Gleiche gilt für verdeckte Polizeiermittler. Für jeden, der mit der angelsächsischen Presse vertraut ist, sind solche Vorstellungen natürlich sehr fremd.
    Als Kai Laufen Anfang Oktober 2008 mit Kevin Poulsen telefonierte, dem Redakteur für Sicherheitsfragen bei Wired , versprach er Poulsen, Unterlagen zu schicken und damit zu beweisen, dass die Polizei DarkMarket unterwandert hatte. Er übermittelte auch Keith Mularskis Geständnis, dass er Master Splyntr war, aber nur unter der strikten Bedingung, dass Poulsen Mularskis Namen nicht veröffentlichte. Um dies noch einmal zu unterstreichen, schloss Laufen seine E-Mail, die auch gescannte Dokumente enthielt, mit der Ermahnung: »Nach dem Lesen verbrennen!«
    Poulsen hat die Angelegenheit anders in Erinnerung: Er habe nur zugesagt, den Namen von Matrix in dem Artikel wegzulassen. Er und seine Mitarbeiter hatten in den vorangegangenen Jahren zu zahlreichen Themen der Cyberkriminalität einschließlich DarkMarket beeindruckende Recherchen angestellt. Poulsen brachte in seinem Beruf den gleichen erbarmungslosen Eifer mit wie in seiner früheren Tätigkeit als Hacker –

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