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Cyberspace

Cyberspace

Titel: Cyberspace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Olga lächelt uns von den Wänden entgegen; du kannst sie fühlen.
    Die vielen Bilder vom gleichen Schnappschuß, herausgetrennt und an die Wände der Nacht
    geheftet. Ihr weißes Lächeln; immerfort.
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    Korolew, der vom Winter und von der Schwerkraft träumte, drehte sich langsam in seinem
    Gurtzeug. Wieder jung und Kadett, jagte er sein Pferd über die spät-novemberliche Steppe von Kasachstan ins trockene Mars-Abendrot.
    'D VWLPPW ZDV QLFKW dachte er ...
    Und erwachte - im Museum des sowjetischen Triumphs im Weltraum - von den Lauten von
    Romanenko und der Frau des KGB-Manns. Hinter der Trennwand im hintern Ende der Saljut
    legten sie wieder los, daß es nur so ächzte in den Gurten und rhythmisch gegen die gepolsterte Hülle klatschte. Hufe im Schnee.
    Nachdem er das Gurtwerk gelöst hatte, stieß sich Korolew gekonnt ab und landete mit einem Überschlag in der Naßzelle. Er schlüpfte aus dem abgetragenen Overall, klappte sich den
    Toilettenschrank um die Lenden und wischte den beschlagenen Spiegel blank. Seine arthritische Hand war beim Schlafen wieder angeschwollen; das Handgelenk war spindeldürr durch
    Kalziumverlust; er war alt geworden im Orbit.
    Er ging mit einem Rasierer mit Absaugung über den Bart. Ein Mosaik geplatzter Äderchen
    überzog linke Wange und Schläfe: noch so'n Erbe des Platzers, der ihn zum Krüppel gemacht hatte.
    Als er herauskam, waren die Ehebrecher fertig. Romanenko ordnete seine Kleidung. Valentina, die Frau des politischen Offiziers, hatte die Ärmel ihres braunen Overalls abgetrennt; auf ihren blassen Armen glänzte der Schweiß von der kraft-raubenden Übung. Ihr aschblondes Haar wehte im Luftzug eines Ventilators. Ihre Augen, die ein wenig zu eng beiein-ander saßen, strahlten kornblumenblau und wirkten teils verlegen, teils konspirativ. »Guck doch mal, was wir dir mitgebracht haben.«
    Sie gab ihm ein Probefläschchen Cognac.
    Verdutzt betrachtete Korolew das Air France-Emblem auf dem Plastikverschluß.
    »Kam mit der letzten Sojus. In einer Gurke, wie mein Mann sagt.« Sie kicherte. »Hat's mir geschenkt.«
    »Wir finden, daß du sie kriegen sollst«, meinte Romanenko und grinste übers ganze Gesicht.
    »Schließlich können wir jederzeit Urlaub nehmen.« Korolew ignorierte den betroffenen
    Seitenblick auf seine verkümmerten Beine und blassen, baumelnden Füße.
    Er öffnete das Fläschchen, und der aromatische Duft ließ ihm kribbelnd das Blut in die Wangen steigen. Er setzte das Fläschchen sorgsam an und saugte ein paar Millimeter Schnaps heraus. Er brannte wie Säure. »Huuuuh«, keuchte er, »ist schon Jahre her. Da werd ich blau von!« sagte er lachend. Tränen verschleierten seinen Blick.
    »Mein Vater sagt, du hast getrunken wie ein Weltmeister seinerzeit.«
    »Ja«, sagte Korolew und kostete noch mal, »hab ich.« Der Cognac durchströmte ihn wie flüssiges Gold. Er mochte Romanenko nicht. Auch seinen Vater hatte er nie gemocht, diesen leichtlebigen Parteigänger, der sich längst auf Vortragsreisen eingerichtet hatte, eine Datscha am Schwarzen Meer besaß, amerikanischen Schnaps hatte, französische Anzüge, italienische Schuhe ... Der Junge hatte die gleiche Visage wie der Vater, die gleichen grauen Augen, die immer strahlten und nie von Zweifel getrübt waren.
    Der Alkohol ging Korolew rasch ins dünne Blut. »Ihr seid zu großzügig«, sagte er. Er stieß sich sachte ab, genau ein Mal, und landete an seiner Console. »Ihr müßt euch 6DPLVGDWD mitnehmen, amerikanisches Programm, eben abgefangen. Tolles Zeug! Direkt verschwendet bei 'nem Greis wie mir.« Er steckte eine schwarze Kassette in den Schlitz und holte das Material heraus.
    »Ich geb's den Schützen«, sagte Romanenko grinsend. »Die können's auf den Sucher-Consolen im Kanonenboot ab-spielen.« Die Partikelstrahl-Station hieß seit jeher Kanonenboot. Die Soldaten, die dort Dienst taten, waren besonders gierig auf solches Zeug. Korolew machte eine zweite Kopie für Valentina.
    »Schweinkram?« Sie machte ein entsetztes und zugleich neugieriges Gesicht. »Dürfen wir wieder kommen? Donnerstag um 24 Uhr?«
    Korolew lächelte sie an. Sie war Fabrikarbeiterin gewesen, bevor man sie für den Weltraum auswählte. Ihre Schönheit ließ sich für Propagandazwecke ausschlachten, ihre Rolle hatte
    Modellcharakter fürs Proletariat. Sie tat ihm nun leid; mit dem Schnaps im

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