Cyrion
warf er die Arme in die Höhe und rief: »Der Himmel sei gepriesen!«
Irgendwo in dem dunklen Hof draußen ertönte ein unterdrückter Fluch und ein Rascheln.
Etwas flog durch das Fenster.
Es zappelte und tobte und trat und spuckte und jaulte.
Zappelnd, tobend, tretend, spuckend und jaulend landete es in Berdices Schoß, und zu dem Lärm gesellte sich das Geräusch fetzender Krallen und ein einzelner, furchtbarer Schrei.
»Eine - Katfe!« schrie Berdice in wahnsinnigem Entsetzen. »Eine - Katfe - eine - Katfe! Oh - Gott errette mich!«
»Berdice!« rief Volf, dessen Freude sich in Schrecken verwandelt hatte. Er stürzte sich auf sie und nahm ihren schlaffen Körper in die Arme. Er weinte hemmungslos. »Cyrion, selbst Ihr konntet sie nicht retten. Ich war ein Narr. Der Fluch ist wirksam. Der Dämon des Rings hat sie getötet, und es ist mein Fehler. Ich bin schuld, in meiner grenzenlosen Dummheit. Ihr habt mich gewarnt. Es gibt Dämonen. Jetzt habe ich nichts mehr.«
»Nicht ganz«, meinte Cyrion sanft. »Nach ihrem Tod fällt ihr Vermögen an Euch.«
Volf durchbohrte ihn mit einem aschgrauen, tränennassen Blick.
»Was nützt mir Reichtum, wenn meine Liebe tot ist? Ich bin ein gebrochener Mann.«
Cyrion streichelte die Katze. Anfänglich voller Zorn darüber, durch das Fenster geworfen zu werden, hatte sie sich jetzt in ein schnurrendes Pelzbündel verwandelt. Nachdenklich bemerkte Cyrion: »Euer Trauer ist verfrüht, Volf. Eure Frau ist nicht tot.«
»Spottet nicht meiner. Sie ist tot.«
»Nein. Sie ist ohnmächtig und wird bald wieder aufwachen. Sehr zu Eurem Mißvergnügen, lieber Volf.«
Erschüttert blickte Volf in Berdices Gesicht und ächzte.
»Ihr habt recht - sie lebt. Aber -«
Die Katze küßte Cyrion auf den Mund.
»Euer merkwürdiger Bekannter übrigens«, sagte Cyrion, »der Mann, den Ihr dafür bezahlt habt, Eurer Frau eine Katze in den Schoß zu werfen, ist wahrscheinlich schon in sicherem Gewahrsam. Bevor ich zu Euch kam, ließ ich der Nachtwache eine Warnung zukommen.«
Volf ließ Berdice in den Stuhl sinken und richtete sich auf. Sein Blick drückte wachsame Ungläubigkeit aus.
»Was sagt Ihr da?«
»Was sage ich da?« fragte Cyrion die Katze.
»Ihr behauptet, daß ich einen Mann bezahlt habe, meine Frau zu Tode zu erschrecken.«
»Um ganz offen zu sein, mein Lieber«, meinte Cyrion mit leichtem Tadel, »da Ihr schlau genug wart, um das Rätsel der Gemme zu lösen, hättet Ihr in der Lage sein sollen, Euch etwas Besseres auszudenken.«
»Erklärt mir, was Ihr meint.«
»Soll ich? Warum nicht. Es wird uns die Zeit vertreiben, bis die Wache an Eure Tür klopft.
Trotz Eurer Beteuerungen war Berdice eine Last, die Ihr nicht vorhattet, lange zu tragen. Ihr wolltet sie heiraten und dann möglichst bald loswerden, um ihr Vermögen zu erben, ganz zu schweigen von dem ihres Vaters, nach seinem Hinscheiden. Euer einziges Problem war ein Plan, ein Werkzeug, das keinen Verdacht auf Euch werfen würde. Es war leicht. Sarmur und seine Tochter sind beide äußerst abergläubisch, während Ihr Euch mit viel Mühe als Zweifler an allen unstofflichen Dingen dargestellt habt. Daher die Bernsteingemme, von der Ihr wußtet, daß sie jeden unter den entsprechenden Umständen töten würde.
Die Sage des Rings hat ihre Richtigkeit, denn sie war in der Grabstätte der Frau aufgeschrieben, die Eure Familie geplündert hat, oder etwa nicht? Auch die Todesfälle unter Euren Vorfahren sind schriftlich niedergelegt. Obwohl es kein sichtbares Muster gab, trat der Tod unfehlbar ein. Wie lange habt Ihr gebraucht, um das Rätsel zu lösen? Laßt mich wiederholen. Ein König auf dem Ritt in die Schlacht. Ein Eroberer auf einem stolpernden Pferd. Ein Magier in einem Erdbeben. Ein Räuber auf dem Weg zum Galgen. Eine Frau im Kindbett. Und in Eurer eigenen Familie starb ein Mann bei einem Sturz von einer Mauer, während eines Unwetters auf See, bei einem epileptischen Anfall bei einer Sonnenfinsternis. Und was ist der gemeinsame Nenner? Wie lange, sagtet Ihr, habt Ihr gebraucht, um das Rätsel zu lösen?«
Volf knirschte: »Zwei Jahre.«
Cyrion unterdrückte ein Lächeln. Er hatte etwas weniger als zwei Minuten dazu gebraucht.
»Gefahr ist der Schlüssel«, sagte er. »Gefahr und ihre Schwester, die Angst. Und noch etwas, das mit Gefahr und Angst zusammenhängt.«
Cyrion schwieg.
»Sprecht weiter.«
»Muß ich?«
»Ich möchte es hören... ob Ihr es tatsächlich herausgefunden habt. So viel schuldet Ihr
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