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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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aufsetzte. Volfs Haus war keine Ausnahme. Parfümierte Fackeln brannten duftend, Filigranlampen glommen.
    Volf begrüßte Cyrion wie einen lange verlorenen Bruder, den er seit zehn Jahren nicht gesehen hatte, nach dessen Anwesenheit er sich aber ständig verzehrte. In dem Satin von Askandris und dem Silber aus Daskirion, nicht zu vergessen seinen ureigensten, unvergleichlichen Glanz, überstrahlte Cyrion mühelos alle Lichter.
    Als sie das Speisezimmer betraten, hob Volf seine linke Hand. Die Bernsteingemme lag wie ein Honigtropfen auf seinem kleinen Finger.
    »Schaut her, mein Cyrion. Er und ich sind noch zusammen, und es geht mir gut. Es sind nur noch zwei Stunden bis Mitternacht.«
    »Meinen Glückwunsch«, sagte Cyrion. »So weit.«
    »Vergebt mir«, meinte Volf. »Nach Eurem Auftreten vermute ich, daß es Euch nie an Geld gefehlt hat. Ich besitze nur, was meine Frau mitgebracht hat. Und der Wunsch, ihr etwas zu geben, das mir gehört, macht mich ganz krank.«
    In diesem Augenblick trugen zwei Diener den reich verzierten Stuhl herein, auf dem Volfs Frau saß, und stellten ihn neben dem geöffneten Fenster ab. Sie war hübsch (wenn auch übertrieben) gekleidet. Ein Kleid, das mit Glückszeichen bestickt war, dazu Goldmünzen - mit eigenartiger Prägung - am Hals, Armbänder mit kleinen Anhängern aus Jade und Malachit, Saphirohrringe in der Form von Amuletten, ein Gürtel aus gestreifter Seide, der von einer glücksverheißenden goldenen
    Schlange gehalten wurde, eine Rose im Haar, die mit einer ebensolchen Schlange festgesteckt war, und ein paar seidene, ziemlich steife Handschuhe.
    »Hier ist das Licht meines Herzens, Berdice, meine geliebte Frau«, verkündete Volf überschwänglich.
    »Madame«, sagte Cyrion und verneigte sich. »Ihr scheint Euch vor etwas zu fürchten. Ich hoffe, nicht vor mir.«
    Berdice, die auffallend blaß gewesen war, schoß das Blut ins Gesicht. Ihre Augen wurden groß und ängstlich.
    »Mein Täubchen braucht sich nicht zu fürchten«, sagte Volf. »Um Mitternacht werde ich ihr diesen Bernsteinring geben, der sie künftig vor allem Bösen bewahren wird. Ihr seht, Cyrion, ich glaube an Fortunas Lächeln, wenn auch nicht an ihr Stirnrunzeln.«
    Berdice betrachtete den Ring und wurde wieder blaß.
    »Daf ift der Ring, den fie den Abfiedsring nennen. O Volf - er wird dich töten!«
    Volf lachte herzlich und erklärte seinen Plan.
    Berdice rang die Hände.
    »Gott errette mich!« jammerte sie.
    Volf lachte noch lauter.
    »Hab Vertrauen zu mir, Herzliebste«, säuselte er. »Wir wollen der Welt beweisen, daß Aberglaube dumm ist und alle Dämonen tot sind. Außerdem ist Cyrion hier, um uns zu beschützen. Cyrion ist ein Held von unübertrefflichem Verstand und Mut.«
    »Ihr bringt mich in Verlegenheit«, wehrte Cyrion ab.
    Berdice betrachtete ihn mit verwirrtem Mißtrauen.
    Das Essen wurde aufgetragen.
    Sie aßen von den verschiedenen Gängen, Berdice wenig, Volf reichlich. Durch das offenen Fenster leuchteten die Sterne, vom Garten wehte der Duft der Blumen herein und das Trillern einer schmollenden Nachtigall. In einer Ecke des Zimmers tropfte die Zeit aus einer vergoldeten Wasseruhr, Minuten, Viertelstunden, eine halbe Stunde, eine Stunde. Und eine neue Stunde verrann, Minute um Minute.
    Es war beinahe Mitternacht.
    Plötzlich begann Berdice hastig zu lispeln.
    »Heute Nachmittag, Volf, ift etwaf eigenartigef paffiert. Eine grofe, kräftige Frau, fie war eine Wahrfagerin und Fterndeuterin, fagte fie. Fie kam in mein Zimmer und behauptete, ich müffe fterben -«
    Volf zuckte zusammen und ließ seinen Becher fallen. Der Wein rann über die Servietten auf den Mosaiktisch und versickerte in den Fugen.
    »Aber daf komifte daran ift«, lispelte Berdice durchdringend und mit einem verstörten Blick auf Cyrion, »diefe Frau war -«
    »Vergebt mir, Madame«, nutzte Cyrion eine Atempause, »aber ich glaube fast, Eure Wasseruhr geht nach. Ist das nicht die Mitternachtsglocke von der Zitadelle?«
    Volf und seine Frau erstarrten. Ohne Zweifel, die Glocke wurde geläutet.
    Als der letzte Schlag verklungen war, sprang Volf auf und umfaßte Berdices rechte Hand.
    »Mein Liebling, ich trage den Ring und lebe. Und jetzt -«, er zog den Bernstein von seinem Finger, »trage ich den Ring nicht mehr. Die Dämonen sind besiegt. Diese Dämonen, die es niemals gab. Hier, mein Engel. Der Ring barg keine Gefahr. Nimm ihn, mit meinem Herzen.« Und mit diesen Worten schob Volf den Ring auf ihren Zeigefinger. Dann

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