Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Da legte sich Balduin Pfiff auf den Bauch

Da legte sich Balduin Pfiff auf den Bauch

Titel: Da legte sich Balduin Pfiff auf den Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
bereiste ein französischer Edelmann Polen. Überall, wo er hinkam, verlangten seine Bediensteten das Beste aus Küche und Keller. Das kam auch Kasimir Kwentakowsky zu Ohren, dem Wirt vom „Silbernen Becher” in Kattowitz. Und dieser, er war auf alle Franzosen nicht gut zu sprechen, beschloß, dem französischen Grafen ein primitives Kartoffelgericht vorzusetzen. Offiziell nannte er es „gemilchte Kartoffeln”, insgeheim bezeichnete er es als „Rache eines Polen”.
    Doch der rachsüchtige Kasimir wurde bitter enttäuscht: Nachdem sich der Graf die letzte Buttermilch vom Spitzbart gewischt hatte, ließ er den Wirt rufen und teilte diesem mit, daß er sich glücklich schätze, den Umweg über Kattowitz gemacht zu haben. So habe ihn noch nie eine Mahlzeit überrascht. Und er bezahlte drei Goldstücke. Das Zehnfache von dem, was der Kasimir verlangt hatte. Man erzählt sich, hehehe, der Kasimir habe so lange mit offenem Mund dagestanden, daß er sich den Blinddarm verkühlt habe.
     
    Hier nun die Zubereitung. Die Menge sollte für zwei sehr hungrige Esser ausreichen.
    Man schält die Kartoffeln, schneidet sie in grobe Stücke und kocht sie in Salzwasser weich. Während dies geschieht, schneidet man den durchwachsenen Schweinebauch in kleine Würfel und läßt diese in einer Pfanne aus, bis sie braun und knusprig sind.
    Wenn die Kartoffeln weichgekocht sind, gießt man das Wasser ab, tut den ausgelassenen Schweinebauch, ein Eigelb und eine Messerspitze Butter dazu, stampft das Ganze zu Brei und schmeckt es mit der richtigen Menge Salz ab.
    Dann beginnt die besondere Art des Essens:
    Die zerstampften Kartoffeln kommen in eine Schüssel, die in die Mitte des Tisches gestellt wird. Jeder Esser erhält einen tiefen Teller, der mit eisgekühlter Buttermilch gefüllt ist.
    Man nimmt einen Löffel voll Kartoffeln, zieht ihn durch die Buttermilch und ißt... Löffel voll, durch die Buttermilch und schwups...
    Ich schwöre euch, Topfgucker, das ist ein umwerfendes Essen... Löffel voll, durch die Buttermilch, hamm I!
    Ich wünsche euch allen dazu ein fröhliches „Gut Schmatz!”
     

Das Familientreffen
     
    Fast alle meine Aufträge beginnen mit einem Klingeln. Entweder klingelt es an der Tür, oder aber es klingelt das Telefon. Und, beim dreimal gepuderten Streuselkuchen, meist klingelt es natürlich dann, wenn ich etwas vorhabe. So auch diesmal. Dabei hatte ich gerade die bequemste Lage auf meinem Sofa gefunden, während Pinsel bereits schnarchend meine Kniescheiben wärmte.
    „Störenfriederichü” schimpfte ich und rührte mich nicht vom Sofa.
    Nach dem dritten Klingeln sagte ich zu mir: „Baldi, klingelt es noch ein viertes Mal, dann stehst du auf!” Heiliges Kanonenröhrchen, ich mußte aufstehen.
    Pinsel stakste auf müden Beinen in die Ofenecke und ließ sich nach einem lauten Gähnen umfallen.
    Ich öffnete die Tür, und da brach es auch schon über mich herein.
    „Der liebe Gott hat mein Flehen erhört, als ich ihn bat, er möge Herrn Pfiff zu Hause sein lassen. Mein Name ist Sussica. Boris Sussica. Furchtbares ist geschehen, großer Meister, Furchtbares. Der Herr Baron von Brossel war so liebenswürdig, mir Ihre Adresse zu verraten. Ich hoffe, Sie können mir helfen, ohne daß es einen Skandal gibt. .
    Ich schwöre, der Sussica hat nicht ein einziges Mal Luft geholt. Dabei sah er mich an, als hinge sein Leben an meinen Hosenträgern.
    Trotz des Furchtbaren, was geschehen war, mußte ich gähnen. Aber das war ja kein Wunder, er hatte mich ja vom Sofa geholt.
    „Gehen wir in die gute Stube, dort gibt’s was zum Sitzen!” sagte ich. „Danke, danke, danke!!” sagte Herr Sussica und schoß an mir vorbei. „Links oder rechts?” fragte er.
    „Geradeaus!” seufzte ich, denn rechts ging’s in die Küche und links ins Bad.
    Was ich befürchtete, trat ein: Ohne Zögern steuerten die 190 Zentimeter Länge meines Besuchers auf das Sofa zu, fegten die zusätzlichen Weichmacher, ich meine die Kissen, beiseite, ließen sich in meine Lieblingsecke fallen und taten, als gehörten sie dahinein.
    Und dann legte Herr Sussica los. Es wurde eine Geschichte mit 77 Nebensätzen, und ich hatte alle Ohren voll zu tun, um nichts zu überhören. Endlich breitete er die Arme aus und wunderte sich erschöpft: „Aber Sie sagen ja gar nichts, Herr Pfiff!?”
    Ich strahlte ihn an und erwiderte wahrheitsgetreu: „Wissen Sie, Herr Sussica, ich kann gleichzeitig essen und denken, schlafen und träumen, auch marschieren und

Weitere Kostenlose Bücher