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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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das selbst herausgefunden hat. Ich stecke
     also mal wieder mitten in einem von seinen bekloppten Plänen zur Lösung eines wahrscheinlich bekloppten Problems.
    «Klar helfe ich dir», seufze ich. «Was soll ich tun?»
    «Im Moment noch gar nichts», sagt Günther. «Aber ich werde dir eine Botschaft zukommen lassen. Und dann musst du dich bereithalten.»
    «Ausgezeichnet», sage ich. «Soll ich uns denn schon mal Waffen besorgen? Und falsche Pässe?»
    Günther atmet geräuschvoll aus. «Paul, ich hab hier ’n Problem. Da musst du mich nicht auch noch verarschen.»
    «Günther», sage ich freundschaftlich. «Jetzt rück doch mal raus mit der Sprache. Vielleicht ist die Sache gar nicht so kompliziert,
     wie du denkst.»
    «Doch, ist sie», erwidert Günther. «Ich meld mich.» Dann wird das Gespräch beendet.
    Ich lege auf und nehme meinen Kaffee nebst Wasser, um mich ins Freie zu setzen. In diesem Moment tritt eine Frau an die Theke.
     Ich erstarre. Es ist Iris. Fast hätte ich sie nicht erkannt, denn statt ihrer dunklen Locken trägt |65| sie eine blonde Hochsteckfrisur. Überhaupt wirkt sie völlig verändert. Früher habe ich sie fast nur in Jeans und Pulli gesehen,
     jetzt ist sie in ein Haute-Couture-Kleid in sommerlichem Gelb und Rot gehüllt. Nichts erinnert mehr an die Tierärztin im schmutzig
     grauen Kittel, die vor ein paar Monaten meinem Hund das Leben gerettet und mir das Herz gestohlen hat. Aus dem zarten Engel
     ist eine mondäne Frau von Welt geworden.
    Sie bemerkt mich und scheint überrascht, aber auch ein bisschen erfreut. «Paul», sagt sie und versucht, entspannt zu wirken,
     aber das gelingt ihr nicht ganz.
    «Hallo, Iris», erwidere ich und merke, dass meine Stimme weich klingt, fast ein wenig sehnsüchtig.
    Sie lächelt, und ich habe plötzlich das Gefühl, unser letztes Treffen läge nur ein paar Tage zurück und nicht schon Monate.
     Für einen kurzen Moment sehe ich jene Frau vor mir, mit der ich ein gemeinsames Leben gewagt hätte, die sich aber entschieden
     hat, einen anderen zu heiraten.
    Erinnerungen blitzen auf. Ein Abendessen, leidenschaftlicher Sex, eine Hochzeitsgesellschaft. Dann ist Iris aus meinem Leben
     verschwunden. Ich sitze mit einer Flasche Wein in meiner Küche und beschließe, von nun an nicht mehr dem Glück hinterherzulaufen.
    Gut vier Monate ist das her. Bislang habe ich mich an den Entschluss gehalten. Erst im Flugzeug, als ich das Foto von Iris
     sah und mir klar wurde, dass der Zufall uns wieder zusammenführen würde, war ich versucht, meinen Vorsatz über Bord zu
     werfen. Jetzt, wo sie mir gegenübersteht, merke ich, dass ich mich seit diesem Moment innerlich warm laufe, um dem Glück
     doch noch einmal hinterherzusprinten.
    «Magst du dich setzen? Vielleicht was trinken?» Ich sage |66| es in einem möglichst lockeren Tonfall, obwohl ich ein wenig nervös bin.
    Sie lächelt scheu. «Timothy hat mich vom Flughafen abgeholt. Er wollte noch ein paar Besorgungen machen. Sicher ist er gleich
     hier.»
    Verstehe. Sie hat nicht erwähnt, dass wir uns kennen. Weder ihrer Familie noch ihrem Mann gegenüber. Das war zu erwarten.
     Trotzdem bin ich ein bisschen enttäuscht.
    «Sicher», sage ich. «Ich wollte auch nicht   …»
    «Schon okay», erwidert Iris. «Vielleicht tun wir einfach so, als hätten wir uns nicht getroffen.»
    Im gleichen Moment sehe ich in dem großen Spiegel hinter der Bar das Profil von Timothy, der gerade das Café betritt. Ohne
     ein weiteres Wort wende ich mich von Iris ab und tue so, als würde ich meinen Terminkalender studieren.
    «Darling! Da bist du ja», höre ich in der nächsten Sekunde Timothy rufen.
    Er kommt näher: «Hast du schon was bestellt?»
    «Noch nicht», erwidert Iris.
    «Wollen wir dann nicht lieber gleich fahren? Wir sind sowieso schon ein bisschen knapp   …» Er unterbricht sich. «Paul? Sind Sie das?»
    Ich drehe mich um, spiele den Überraschten. «Timothy. Hallo.»
    Die Situation behagt Iris nicht, das lese ich in ihren Augen.
    «Was für ein Zufall», stellt Timothy amüsiert fest. «Darling, darf ich dir unseren Gast Dr.   Paul Schuberth vorstellen? Ich hab dir schon von ihm erzählt. Er ist der kommende Mann im Verlag, muss aber noch ein kleines
     bisschen an seiner Rückhand arbeiten.» Er grinst breit.
    |67| Danke, Sportsmann, dass du Iris gleich mal meine Blamage beim Tennis auf die Nase gebunden hast.
    «Freut mich», sage ich und reiche Iris die Hand.
    «Ganz meinerseits», erwidert sie und lächelt

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