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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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doch lieber einer der wenigen Menschen auf der
     Welt, die in die berufliche Entwicklung zweier Rottweiler investieren. Es gibt größeren Schwachsinn.
     
    Zum Abendessen erscheine ich diesmal im Anzug, im Gegensatz zu den anderen Herren allerdings ohne Krawatte und mit offenem
     Hemd. Damit genüge ich halbwegs der Kleiderordnung, trage aber den sommerlichen Temperaturen Rechnung. Trotzdem wird mir
     schon nach ein paar Minuten derart warm, dass ich mein Sakko ausziehen muss. Wie Timothy, Karl und Konstantin in ihren Maßanzügen
     überleben können, ist mir schleierhaft. Vielleicht tragen die drei statt Unterwäsche eine Art Drainage.
    |71| Der kleine Alphons ist heute nicht dabei. Er hat am Nachmittag Hennings Bio-Honig gefunden und das Glas leergelöffelt. Jetzt
     liegt Alphons mit heftigem Bauchweh im Bett. Mir kommt das nicht ungelegen, denn ich habe nur diesen einen Anzug dabei,
     und es wäre mir lieb, wenn Alphons ihn erst am letzten Tag meines Aufenthaltes versehentlich bekleckern, zerreißen oder
     anzünden könnte.
    Wir plaudern über Gott und die Welt. Melissa lässt kaum eine Gelegenheit aus, sich als charmante, witzige und intelligente
     Gesprächspartnerin in Szene zu setzen. Iris wirkt an der Seite von Timothy merkwürdig still. Ihr Mann beteiligt sich immer
     dann gern am Gespräch, wenn er eine Anekdote zum Besten geben kann, die seinen Status und seine finanzielle Potenz unterstreicht.
     Gerade erzählt er, dass er vor ein paar Jahren zwei Rennpferde gekauft hat. Eines hat sich beim «Ladies’ day» in Ascot leider
     die Knochen gebrochen, weshalb Timothy das andere noch am selben Tag an einen Araber verkauft hat, um den wirtschaftlichen
     Schaden in Grenzen zu halten. Als Timothy dies einer Dame aus dem englischen Königshaus erzählte, sagte die: «Mr.   Huntington, Sie wissen doch, nur wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd. Das kann ja auf einen Immobilienhändler
     unmöglich zutreffen.»
    Allgemeine Heiterkeit am Tisch, nur Iris’ Lächeln wirkt bemüht. Vermutlich kennt sie die Geschichte bereits, denke ich,
     derweil Timothy das Wort an mich richtet: «Mögen Sie eigentlich Pferderennen, Paul?»
    «Ja, durchaus», antworte ich. «Aber mein Vermieter hat mir verboten, Rennpferde in der Wohnung zu halten, deshalb habe
     ich mir einen Hund zugelegt.» Ich bemerke, dass Iris leicht amüsiert in meine Richtung schaut.
    «Interessant. Was für eine Rasse?», fragt Elisabeth.
    |72| «Ein Mischling. Überhaupt nicht vergleichbar mit Ihrem reinrassigen Saluki», erwidere ich freundlich.
    Meiner ist nämlich ein Hund und kein potthässlicher Pinsel mit Silberblick.
    «Ach, Sie kennen sich aus?», sagt Elisabeth und scheint erstmals seit meiner Ankunft an einem Gespräch interessiert zu sein.
    «Ein bisschen.»
    Elisabeth legt das Besteck beiseite. «Es freut mich, dass Sie die Qualitäten meines Hundes erkennen, Herr Dr.   Schuberth. Sie müssen wissen, ich bin sehr stolz auf Maja von Aschaffenburg   …»
    Sogar der Köter ist ein Aristokrat. Das war zu erwarten.
    «…   sie hat sämtliche Preise gewonnen. Wir können uns gar nicht retten vor Angeboten von Züchtern, aber ich möchte in dieser
     Hinsicht nichts überstürzen.»
    Sie blickt zu ihrem Hund, der auf einem Flokati in der Ecke liegt. Hund und Teppich sind farblich fast identisch, weshalb
     man schlecht erkennen kann, wo der Saluki aufhört und der Flokati anfängt.
    Auch die Köpfe der anderen Anwesenden drehen sich nun in Richtung der hochdekorierten Schönheit. Maja von Aschaffenburg öffnet
     die Augen, hebt ihren Kopf und blickt interessiert in die Runde, wobei ihre Pinselohren umherflattern. Dann erhebt sie sich,
     streckt sich ein wenig und beginnt zu posieren, als würden gleich ein paar Wettkampfrichter hereinkommen.
    «Sie ist ein Showtalent», sagt Elisabeth nicht ohne Stolz.
    Mich erinnert sie an eine Bordsteinschwalbe, die auf Kundschaft wartet, denke ich, erwidere aber mit einem wohlwollenden
     Lächeln: «Ja, das sieht man.»
    |73| Elisabeth wendet sich wieder ihrem Essen zu, wie auf Kommando tun das auch die übrigen von Beutens.
    «Wie schmecken Ihnen eigentlich die Gambas, Herr Dr.   Schuberth?»
    «Ausgezeichnet, vielen Dank, Frau von Beuten.»
    «Dann greifen Sie zu», bittet Elisabeth. «Es ist genug da.»
    «Das mache ich gern», erwidere ich. Während ich mir aus Höflichkeit noch zwei Garnelen auftue, spüre ich, dass sich die
     Atmosphäre merklich entkrampft hat. Niemandem am Tisch ist

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