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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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Sportsmann.»
    «Danke», sage ich tonlos und will mich abwenden.
    «Kommen Sie nicht mit zum Essen?»
    «Nein, ich möchte einen kleinen Spaziergang machen.»
    Sein Gesicht hellt sich auf. «Die Idee hatte meine Frau auch. Sie hätten sich ihr anschließen sollen. Vielleicht erwischen
     Sie sie ja noch. Sie wollte den kleinen Weg in die nächste Bucht nehmen.» Timothy zeigt in die entsprechende Richtung. Ich
     hätte nicht gedacht, dass er mich je dazu auffordern würde, seiner Frau hinterherzulaufen.
    «Danke für den Tipp», erwidere ich und mache mich auf die Socken, denn eine so günstige Gelegenheit, mit Iris unverfänglich
     ein Gespräch zu führen, bekomme ich sicher nicht jeden Tag.
    Sie sitzt allein auf einem Felsen und betrachtet gedankenversunken das Meer. Das Rauschen übertönt meine Schritte, weshalb
     sie mich nicht kommen hört und zusammenzuckt, als ich mich neben sie setze. Sie sieht sich um und stellt fest, dass ich
     allein bin. Ihre Begeisterung, mich zu sehen, hält sich in Grenzen, aber das war zu erwarten.
    «Was machst du hier?», fragt sie.
    «Dein Mann schickt mich», erwidere ich mit ernster Miene und sehe, dass sie ein Lächeln unterdrückt. Immerhin ein Anfang.
    Eine Weile sitzen wir nur da und schauen aufs Meer.
    «Ich bin nicht sicher, ob es mich mehr ärgert, dass du mit Audrey geschlafen hast oder dass du es mir verschweigen wolltest.»
    |89| Es klingt sachlich, fast so, als hätte sie nur eine nebensächliche Bemerkung über das Wetter gemacht. Immerhin, ich bin
     ihr nicht völlig gleichgültig. Das ist doch was. Oder aber ich war ihr zuvor gleichgültig, bin es immer noch, und jetzt
     hasst sie mich obendrein. Egal, ich sollte mich auf den eigentlichen Grund dieses Gesprächs konzentrieren und nicht über
     Wahrscheinlichkeiten philosophieren. Das habe ich schon viel zu lange gemacht.
    «Ich liebe dich», sage ich. Im gleichen Moment denke ich, dass es klüger gewesen wäre, mir diesen Satz für später aufzusparen,
     wenn er irgendwie besser in den Kontext passt.
    Iris sieht mich an. In ihrem Blick liegt ein leichtes Erstaunen, aber auch ein Hauch von Wohlwollen. Sie hat nicht damit
     gerechnet, dass ich mit der Tür ins Haus falle. Das lässt hoffen.
    «Als wir uns damals bei deiner Hochzeit getroffen haben, war ich nicht zufällig da», fahre ich fort. «Ich wollte   …»
    «Ich weiß, was du wolltest», unterbricht sie und wirkt nun fast beleidigt. «Ich bin ja nicht doof.»
    Erstaunt schaue ich sie an. «Du wusstest, dass ich eigentlich den Plan hatte, deine Hochzeit zu sprengen?»
    «Sagen wir, ich habe es geahnt, als ich dich gesehen habe.»
    Hätte ich auch allein drauf kommen können. Die Geschichte, dass ich zufällig an ihrem Hochzeitstag in einem Kaff am Arsch
     der Welt auftauche, weil ich eine Autopanne habe, hab ich mir ja selbst nicht geglaubt. «Warum hast du dann nichts gesagt?»
    «Wieso hätte ich was sagen sollen?» Sie klingt verärgert. «Es war deine Idee, und es war dein Plan. Offenbar hast du deine
     Meinung geändert, also habe ich mitgespielt.»
    |90| Nun bin ich verwirrt. «Heißt das, du hättest dir kurz nach deiner Trauung und deinem Hochzeitstanz eine Liebeserklärung von
     mir angehört?»
    Sie blickt schweigend aufs Meer. «Vielleicht», sagt sie dann.
    Verstehe einer die Frauen.
    «Hätte ich denn auch eine Chance gehabt, dich umzustimmen, obwohl du gerade geheiratet hattest?»
    Wieder schweigt sie eine Weile. «Nein», sagt sie dann nachdenklich. «Ich glaube, es hätte nichts geändert.»
    «Dann war es also richtig, dass ich dir keine Liebeserklärung gemacht habe, oder?», schlussfolgere ich und merke, dass
     ich mich mit einer gewissen Verzweiflung an die Regeln der Logik klammere.
    «Ich habe gesagt, ich glaube, es hätte nichts geändert. Aber ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn du es wirklich getan
     hättest.»
    Vielleicht haben Frauen häufiger Kopfschmerzen als Männer, weil sie so merkwürdige Dinge denken.
    «Hättest du dir das mit der Hochzeit überlegt, wenn ich am Tag zuvor darum gebeten hätte?»
    «Wer weiß?» Es klingt nicht kokett, eher grüblerisch.
    So kommen wir nicht weiter. Ich erwäge einen Frontalangriff, und während ich mir noch über die Details Klarheit zu verschaffen
     versuche, höre ich mich sagen: «Dann trenn dich von Timothy und heirate mich.»
    Iris erhebt sich, sie ist nun aufgebracht. «Paul, ich versuche dir gerade zu sagen, dass aus uns vielleicht was hätte werden
     können. Aber jetzt ist

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