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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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einen perfekten Tee für mich bereithielt und nie damit
     hinterm Berg hielt, wenn sie mich gerade mal wieder nicht leiden konnte.
    Ich habe für den späten Vormittag eine Vorstandssitzung anberaumt. Unter der Führung von Görges waren |152| diese Runden durch sachlichen Dialog und gepflegte Langeweile geprägt. Ich möchte das gern ändern und mehr Dynamik in die
     Diskussion bringen, wozu meine momentane Krawallstimmung beitragen könnte. Mein Tatendrang wird jedoch schon zu Beginn gebremst.
     Nach einer langatmigen Begrüßungszeremonie braucht Frau Preez geschlagene zehn Minuten, um die Teilnehmer der Sitzung ordnungsgemäß
     zu notieren, da sie großen Wert auf die korrekte Nennung aller akademischen Titel legt. Dabei stellt sich heraus, dass unser
     Marketingvorstand nicht nur in Sozialwissenschaften, sondern auch in Pädagogik promoviert hat. Dr.   Dr.   Burger ist angenehm überrascht, dass seine akademischen Leistungen auf diese Weise gewürdigt werden. Er versichert zwar,
     das sei doch alles nicht der Rede wert, erzählt uns aber dennoch ausführlich, dass er sogar damit geliebäugelt habe, eine
     Laufbahn als Professor einzuschlagen. Burger ist ein sehr kleiner Mann mit einer sehr großen Brille, als Professor also eine
     Idealbesetzung. Vielleicht werde ich ihn eines Tages an eine Universität verschenken. Jedenfalls kostet uns seine Geschichte
     weitere zehn Minuten, und langsam werde ich ungeduldig.
    Burger nutzt den Umstand, dass ihm gerade alle zuhören, um sein Lieblingsthema anzusprechen. Er möchte, dass der Verlag
     eine eigene Firma für den Vertrieb von Werbemitteln gründet. Bis auf Timothy kennen alle anwesenden Vorstandsmitglieder den
     Plan. Noch unter der Führung von Görges hat Burger erreicht, dass er zumindest mit der Erstellung eines detaillierten Konzepts
     beauftragt wurde. Ein wichtiger Etappensieg für das Projekt. Damals habe ich Burger unterstützt, allerdings nicht aus Überzeugung,
     sondern weil ich meinem Nachfolger Engelkes eins |153| auswischen wollte. Burger glaubt offenbar, dass das Projekt unter meiner Führung beschlossene Sache ist, denn er zieht nun
     Kopien einer umfangreichen Präsentation aus der Tasche und beginnt damit, sie an die Anwesenden zu verteilen.
    Das ist der Punkt, an dem ich einen Schlussstrich unter unser Kaffeekränzchen ziehe. «Das Projekt ist aus Kostengründen gestrichen»,
     sage ich knapp. Um nicht völlig gefühllos zu wirken, füge ich noch rasch hinzu: «Tut mir sehr leid, Herr Dr.   Burger.»
    Stille. Ich blicke in die Runde. Schamski zeigt keine Reaktion, ihm ist die Sache entweder völlig gleichgültig, oder er
     hat einen Kater. Wahrscheinlich beides. Engelkes blickt kurz erstaunt hoch, hält es dann aber für besser, sich mit der Zubereitung
     einer Tasse Tee zu beschäftigen. Timothy sucht in dem mit der Familie von Beuten abgesprochenen Konzeptpapier nach dem betreffenden
     Punkt und hakt ihn kurzerhand ab. Ich schaue zu Burger. Er sieht mich an, als hätte ich ihm beide Doktortitel aberkannt.
    «Ich dachte, gerade Sie würden das Projekt unterstützen», sagt er mit trauriger Stimme.
    «Natürlich unterstütze ich das Projekt», lüge ich schamlos. «Ich möchte auf jeden Fall, dass wir es zu einem späteren Zeitpunkt
     realisieren, aber aktuell gibt es andere Prioritäten. Das entspricht den Wünschen der Eigentümer.»
    Und meinen nebenbei auch, weil mir das Thema auf den Senkel geht.
    Ich sehe, dass Timothy sachte nickt, und nehme das zum Anlass, ihm den Ball zuzuspielen. «Unser neuer Finanzvorstand hat
     vielleicht die Freundlichkeit, uns über die künftige Strategie zu informieren.»
    «Gerne», erwidert Timothy und benötigt erfreulicherweise |154| kaum fünf Minuten, um in groben Zügen zu erläutern, was wir vorhaben.
    Wesentlich geht es um die Übernahme einiger konkurrierender Internetunternehmen. Die größten Probleme macht uns ein regionaler
     Automarkt, der von ein paar cleveren Pkw-Händlern ursprünglich als Plattform für Brancheninsider gegründet wurde. Inzwischen
     nutzen immer mehr Privatleute den Service, weshalb unsere gewerblichen Kunden ihre Etats mehr und mehr zur Konkurrenz verlagern.
     Besonders Schamski hat diese Entwicklung schon früh bemerkt und auch darauf hingewiesen, aber Görges dachte wohl, der Kelch
     würde an uns vorübergehen.
    «Ich schlage vor, die Ankäufe über eine Fremdfirma abzuwickeln», sagt Schamski. «Wenn unsere Pläne auf dem hiesigen Markt
     publik werden, wird das den

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