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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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perspektivisch wieder um seine eigenen Geschäfte kümmern muss.
     Und Sie können einen Finanzchef Ihrer Wahl einstellen.» Sie nickt aufmunternd. |191| «Ich habe da dann sicher auch noch ein kleines Wörtchen mitzureden, aber ich verspreche Ihnen, ich werde mich zurückhalten.»
    Der Kellner bringt meinen Tee. Ich überlege. Elisabeths Vorschläge klingen vernünftig. Außerdem bin ich überrascht, dass
     sie mich lobt, statt mir für mein vermeintliches Versagen die Pest an Hals zu wünschen. Mit ihrer unerwartet zuvorkommenden
     Art hat sie mir jedenfalls den Wind aus den Segeln genommen.
    «Haben Sie schon einmal über einen Verkauf nachgedacht?», frage ich, um diese Option wenigstens mal bei ihr zur Sprache
     gebracht zu haben.
    Sie schüttelt den Kopf. «Ich werde nicht verkaufen. Dieser Verlag ist mein Lebenswerk. Ich werde ihn retten oder mit ihm untergehen.»
    Klingt irgendwie nicht danach, als würde sie in dieser Sache mit sich reden lassen. Damit ist dieses Thema auch vom Tisch.
     «Gut», sage ich. «Ich möchte Ihren Vorschlag mit Herrn Schamski besprechen.»
    «Selbstverständlich», antwortet sie. «Wollen wir uns denn später hier zum Mittagessen treffen?»
    Ich bin erstaunt. Wieso denkt Elisabeth, dass Schamski nicht wenigstens eine Nacht darüber schlafen möchte, ob er freiwillig
     seinen Posten räumt?
    Elisabeth errät meine Frage und lächelt milde. «Da Herr Schamski ja jetzt fast zur Familie gehört, wird er sicher nichts
     tun, was den Interessen von mir und speziell meiner Tochter im Weg stehen könnte. Ich gehe also fest davon aus, er wird
     sich sehr schnell entscheiden.»
    Auf dem Weg zum Ausgang merke ich, dass ich verärgert bin. Schamski weiß längst über alles Bescheid. Das hätte er mir ja
     auch mal stecken können, statt durch die Blume zu |192| sagen, dass er allein schon wegen Melissa zu sämtlichen Zugeständnissen bereit ist.
    «Entschuldigung, Herr Dr.   Schuberth!», ruft der Portier, den ich eben nach dem Weg zum Frühstücksraum gefragt habe, und wedelt mit einem Zettel.
    Ich trete an die Rezeption.
    «Sie möchten bitte noch kurz in Zimmer 458 vorbeischauen. Vierte Etage. Die Aufzüge sind dort hinten.»
    Auf dem Zettel steht die Zimmernummer, mehr nicht. «Wer will mich denn sprechen?», frage ich.
    «Mrs.   Huntington.»
    Ich spüre mein Blut pulsieren. «Iris Huntington?»
    «Ja», erwidert der Portier distinguiert. «Mrs.   Huntington erwartet Sie.»

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    |193| Es ist noch nicht zu spät
    Die Tür öffnet sich, und Iris erscheint. Obwohl wir uns monatelang nicht gesehen haben, ist sie mir sofort vertraut. Unter
     ihrem Kleid wölbt sich ein kleiner Babybauch, sonst hat sich ihre Figur nicht verändert. Für einen Moment frage ich mich,
     ob sie vielleicht sogar ein bisschen abgenommen hat. Wahrscheinlich täuscht der Eindruck.
    «Hallo, Paul», sagt sie und versucht ein Lächeln. Schlagartig fällt mir auf, dass das Leuchten in ihren Augen nachgelassen
     hat. Sie wirken müde, traurig und auf erschreckende Weise stumpf.
    «Hallo, Iris», erwidere ich und versuche, meine Betroffenheit zu überspielen.
    Ich betrete das Zimmer.
    «Wusstest du von dieser Sache mit Timothy?», fragt sie, als wir nach einer kurzen, flüchtigen Umarmung Platz genommen haben.
    Keine Ahnung, was sie meint. Ich zucke mit den Schultern und mache ein ratloses Gesicht. «Welche Sache?»
    «Paul, wenn du davon wusstest, dann sag es mir bitte.» Sie sieht mich mit ihren traurigen Augen durchdringend an. Ich wünschte,
     ich könnte ihr helfen. Kann ich aber beim besten Willen nicht.
    Iris atmet durch. «Timothy hatte ein Verhältnis. Mit eurer neuen Sekretärin.»
    |194| Sie sieht mein bestürztes Gesicht und ist nun überzeugt, dass ich keine Ahnung hatte. «Tut mir wirklich leid», bringe ich
     mühsam hervor.
    «Ja, mir auch», sagt sie und schluckt ein paar Tränen hinunter.
    Mein Gott, Timothy! Wie kann man nur eine Frau wie Iris mit der grauen Vorzimmermaus betrügen? Wie kommt man überhaupt auf
     die Idee, Sex mit Frau Preez auch nur in Erwägung zu ziehen?
    «Es ist nicht allein seine Schuld», erklärt Iris. «Er hat in den letzten Monaten viel Pech gehabt. Und ich hab ihn damit
     alleingelassen.»
    Alles Pech der Welt ist zwar immer noch kein Grund, mit Frau Preez zu schlafen, denke ich, schweige aber und höre weiter
     zu.
    «Wir werden alles verlieren. Timothy hat sich verspekuliert. Der Kauf unseres Hauses ist schon rückabgewickelt worden. Die
     Banken sind dabei,

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