Da muss man durch
gibt es
interessantere Themen.
Unser Gast nickt erleichtert.
Beim Essen erzählt uns Henning, dass er sich momentan nicht so intensiv um sein Unternehmen kümmern kann, wie er gerne würde.
Es gebe da ein paar persönliche Probleme, erklärt er. Ich vermute, Hennings Frau macht Schwierigkeiten, frage aber nicht
weiter nach, zumal mich das auch nichts angeht. Jedenfalls müsste Henning einerseits seine Kunden in Deutschland besuchen,
sich andererseits um die laufende Produktion kümmern und außerdem seinen |206| Bio-Honig auf dem Wochenmarkt feilbieten. Aber er kann sich nun mal nicht dreiteilen.
«Das Geschäft mit den Touristen ist mein zweites Standbein», erklärt Henning. «Früher hat meine Frau sich darum gekümmert,
aber aufgrund der momentanen Situation bin ich gezwungen, meinen Marktstand an einen Kollegen zu vermieten.»
«Und da kommen wir ins Spiel», grätscht Günther rein und überrascht uns mit einem ebenso cleveren wie erfolgversprechenden
Plan. Günther schlägt vor, dass ich den Verkauf des Honigs übernehme und den Stand gleichzeitig nutze, um Bronkos Bilder
anzubieten.
Bronko schaut erstaunt hoch. «Das ist eine gute Idee», sagt er. Sein Blick flattert in meine Richtung, weil er wissen möchte,
was ich darüber denke.
Spontan kann ich mir ein freies und wildromantisches Leben als fliegender Händler ganz gut vorstellen. Bio-Honig und selbstgemalte
Bilder sind nur der Anfang, später werde ich noch Haartinkturen, Tigerkrallen und Zimmerspringbrunnen ins Sortiment aufnehmen.
«Was hältst du davon?», fragt Bronko.
«Warum nicht?», erwidere ich.
«Prima», resümiert Günther zufrieden. «Und ich programmiere einen Internetshop, um die Aufträge zu automatisieren.»
Henning sieht ihn ratlos an.
«Dann musst du nicht mehr so oft nach Deutschland», erklärt Günther. «Vielleicht bald überhaupt nicht mehr. Die Kunden werden
regelmäßig benachrichtigt und können im Netz bestellen. Versand und Rechnungsstellung vereinfachen wir auch gleich.»
Henning denkt angestrengt nach. Die Aussicht darauf, |207| gleich ein ganzes Bündel von Problemen loszuwerden, ist verlockend.
«Wär natürlich toll», überlegt er laut. «Aber ich befürchte, das kann ich mir nicht leisten.»
Günther winkt ab. «Wir können das doch verrechnen. Mit der Standmiete zum Beispiel. Oder du beteiligst uns an den Transaktionen
im Netz.»
Ich bin bass erstaunt. Früher hatte Günther Mühe, seine Kontoauszüge zu lesen, heute benimmt er sich wie ein ausgebuffter
Kaufmann.
«Hast du nebenbei in Kansas Ökonomie studiert?», frage ich.
Günther schüttelt den Kopf. «Iggy ist ziemlich gut in solchen Sachen. Das kommt durch ihren Job. Im Grunde muss man nur verstehen,
wie eine Kneipe funktioniert, dann begreift man auch die Weltwirtschaft.»
Das halte ich zwar für eine gewagte These, aber es muss was dran sein, wenn es Iggy gelungen ist, einen ökonomischen Legastheniker
wie Günther zum Wochenmarkt-Tycoon auszubilden.
Als es kühler wird, ziehen wir uns ins Haus zurück, und unser Gast nutzt die Gelegenheit, sich in Bronkos Atelier umzusehen.
Henning ist begeistert von den Bildern und sicher, dass sie sich wie warme Semmeln verkaufen werden. Ideal wäre es, wenn
Bronko künftig kleinere Formate malen würde, damit die Bilder ins Handgepäck passen. Bronko findet den Vorschlag künstlerisch
äußerst problematisch, Günther hält professionell dagegen, dass man seine Zielgruppe immer im Auge behalten muss.
Ein paar Weinflaschen später sind wir nur noch zu dritt. Bronko hat sich schon mal hingelegt, weil er morgen einen handgepäcktauglichen
Sonnenaufgang malen möchte. Da |208| auch ich langsam müde werde, kündige ich an, mich ebenfalls bald zurückzuziehen. Henning soll später einfach alles stehen
und liegen lassen und sich aufs Sofa hauen.
Er ist erstaunt über mein Angebot. «Danke, aber ich will euch keine …»
«Henning, es ist spät», unterbreche ich. «Du bist außerdem angeschickert und sicher nicht mehr in der Lage, noch über die
halbe Insel zu kurven.»
Henning nippt an seinem Wein und denkt über meinen Vorschlag nach.
Dann bricht er plötzlich in Tränen aus.
«Was ist denn jetzt passiert?», fragt Günther ratlos.
«’tschuldigung», nuschelt Henning. «Es ist nur …» Von einem Weinkrampf geschüttelt, zieht er ein Taschentuch hervor und schnäuzt sich umständlich. «Es ist nur alles so
schrecklich traurig.»
Ich ahne, dass Henning
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